15./16. Juli 2022
Das in der Überschrift sieht schon komisch aus, schreibt sich im Portugiesischen aber nun einmal so. Verständlich ist es ohnehin. Wir verabschieden und von Santa Maria. Zum ersten Mal seit Wochen weht der Wind nicht genau vom Kontinent Richtung Azoren. Man könnte es fast ein Wetterdfenster nennen. Und da am 22. August in Berlin die Schule anfängt, haben wir keine Zeit, auf das nächste zu warten.
Am Vormittag die letzten Vorbereitungen. Dinghy festzurren, Wasser auffüllen, Sitzecke im Salon zur Liegefläche ausweiten, Müll wegbringen… was halt so anfällt. Mit etwas Verspätung werfen wir zum letzten Mal auf den Azoren die Leinen los. Tchau!

Wir halten es mit dem Segeltag so, wie schon beim letzten Mal: Jeweils 24 Stunden nach Abfahrtheißt 9:30 Uhr UTC (also zwei Stunden hinter deutscher Sommerzeit). Da machen wir unsere Posi (s. Spotwalla) und schreiben unseren kurzen(?!) Tagesbericht fertig.
Eigentlich wollten wir um Santa Maria westlich herum. Das ist zwar kürzer, bietet aber auch Gegenwind mit Kapeffekt. Segeln wir also den Umweg um die gerade am Vortag besuchte Südostecke der Insel. Einen Kapeffekt gibt es hier allerdings auch. Gerade noch von hinten, kommt der Wind plötzlich von vorne und dann spontan mal gar nicht mehr. Auf solche Spielchen haben wir keine Lust. Kurzerhand motoren wir rum. Gleich dahinter beginnt endlich der volle Segelspaß.


Die Wettervorhersage hat zumindest für die ersten Tage einen (gleich)mäßigen Halbwind vorhergesagt. Pustekuchen. Mal wieder. Der stärkere Wind kommt grundsätzlich nördlicher und schwankt sowohl in Richtung zwischen 320° und 010° sowie Intensität zwischen 3 und 5(6) Windstärken. Trotzdem kommen wir recht gut voran und die Welle hält sich in Grenzen.

An Bord der Samai verläuft der erste Segeltag recht typisch für den Beginn einer längeren Etappe. La Skipper testet die „Segelmodus-Ecke“ im Salon schon mal an, bevor überhaupt ein Segel gesetzt ist. Die Kinder lassen sich nur zu wenig Schule überzeugen. Nach etwas Deutscher Geschichte sowie Englisch bei Samuel verbringt er den Großteil des Tages mit Podcasts. Wenigsten hört er etwas sinnvolles: „Sag mal Du als Physiker“. Maila schafft dagegen nur etwas Englisch, schnappt sich dann den Kindle, verschwindet im Vorschiff und ward den Rest des Tages kaum noch gesehen. Anscheinend schnubbelt sie sogar kurz ein, leugnet das jedoch vehement.
Leider hat das lange Lesen unter Deck seine Konsequenz. Dieses Mal ist es Maila, die einen kleinen Opfergang hinter sich bzw. seitlich auf das Laufdeck bringt. Zum Abendessen mümmelt sie nur etwas Brot. Für den Rest der Crew gibt es dazu Bouletten (das einzige Gericht, dass ich hin und wieder mal vorkoche bzw. -brate) und TK-Gemüse. Der Skipper brät sich als Extrawurst die restlichen Nudeln von vor keine-Ahnung-mehr-wie-vielen-Tagen… und übersteht es ohne Magenprobleme.
Wir halten unseren Kurs, fressen gut Meilen, reffen für die Nacht noch das Großsegel etwas ein und die Familie verabschiedet sich ins Bett. Im Laufe des späten Abends nimmt der Wind noch mehr zu. Beständige 5 Bft. mit 6‘er Böen. Da gönnt sich der Skipper dann glatt noch ein Reff im Vorsegel. Gute Entscheidung. Die Samai liegt mit weniger Druck aufrechter und segelt dabei kaum merklich langsamer.

Andere Schiffe sind kaum zu sehen. Zweimal die Lichter von Tankern einige Meilen entfernt. Doch um Mitternacht kommt es, wie so oft auf dem Ozean, geballt. Man kann tagelang keinen anderes Schiff sehen und dann kommt eines auf Kollisionskurs. So eng ist es nicht. Trotzdem sonderbar, warum sich mitten auf dem Wasser innerhalb von 3sm gleich drei Segler treffen müssen. Einer geht vor uns durch, wir segeln durch ihre Lücke während der andere uns achtern passiert. Die zwei sind anscheinend auf Kurs plus-minus-Lissabon.
Der Rest der Nacht verläuft verhältnismäßig ruhig. Der Skipper findet sogar etwas Schlaf. Der Morgen empfängt uns grau in grau mit immer noch beständigen 5 Bft. Wind (+Böen), der nun aber etwas seitlicher kommt. Entspannt treffen wir unsren Zielkurs… noch.
Abschließend ein paar Worte zu unserer Planung für die Fahrt zum Kontinent. Eigentlich wollen wir ins französische Brest. La Skipper war noch nie dort und der Skipper möchte testen, ob das Bier im in dieser Eckkneipe immer noch so gut ist. Also falls ich den Laden wiederfinde. ;-)
Allerdings besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der Wind mit dieser Planung nicht einverstanden ist. Dann ist der Plan B, ins spanische A Coruña abzubiegen. Wir kennen die Ecke ja schon von 2019 und wissen, dass sich die Bucht gegenüber vom Hafen als sicherer Ankerstopp anbietet.
Wie auch immer, wir halten euch auf dem Laufenden. Grüße vom Atlantik!

Liebe Familie Gramse,
ich wünsche eine gute Reise und freue mich auf Maila!
Liebe Grüße
Sigrid Plate
Liebe Frau Plate,
vielen Dank, Maila freut sich auch schon sehr. Wir sind heute in Brest angekommen. Wollten Sie nicht auch in die Bretagne?!… ;-)
Liebe Grüße (besonders natürlich von Maila! :-)
Michael Gramse