Auf der Höhe von Peru (5) – Unverhofftes Segeln und Öl

23.-24. Januar 2021 (Pazifik nördlich von Lima)

Sowohl Wetterwelt als auch Saildocs sind sich einig: Schwachwind von hinten. Werden wir wirklich bis zum bitteren Ende durchmotoren müssen? Der windstille Morgen spricht dafür.

Wieder ein sehr ruhiger Morgen…

Doch dann zeigt das Wetter mal wieder, dass es es gar nicht nötig hat, irgendwelchen Auguren nach der Vorhersage zu wehen. Wind kommt auf. Wenn auch nur knapp, so doch konstant über 10kn (also 3-4 Bft.). Perfekt für unseren Parasailor. Für die Nichtsegeler: das ist ein richtig großes Segel aus leichtem Material (vergleichbar mit einem sog. Spi(nnaker) oder Gennaker), das bei eher schwächeren Winden (10-20kn) von hinten gesetzt wird. Gegen Mittag ist das bunte Tuch oben und die große Blase zieht uns bei strahlendem Sonnenschein voran.

Blick aus der Navi-Ecke

An der Angelfront verzeichnen wir derweil zwei Bisse. Beim ersten verlieren wir den kräftig ziehenden Fisch recht schnell wieder. Beim zweiten geht nicht nur der noch kräftiger ziehende Fisch verloren, sondern der Köder gleich mit. Allerdings ist der Wirbel noch dran und geschlossen. Irgendwie hat es also die Metallöse des Köders zerlegt. Na wenn da mal nicht eine kleine Fischfeile im Spiel war… ;-)

Dann kommt Wind auf. Also noch mehr Wind. Plötzlich weht es mit 5 Bft., immer mal wieder haben wir über 20kn. Das ist dann doch nicht mehr so ganz perfekt für den Parasailor. Selbstredend haben wir eine 6er-Windspitze genau zu dem Zeitpunkt, bei dem wir das Segel einholen. Irgendwie und -wann sind die 156qm dann aber doch geborgen. Der Skipper bleibt weitgehend unversehrt.

Große Delfinschule auf der Durchreise

Bis Mitternacht segeln wir mit dem Groß weiter. Leider haben wir inzwischen einen recht kräftigen Gegenstrom. Das erklärt dann wohl auch die unangenehm kurze Welle. Zumindest hat das den Vorteil, dass wir nicht nachts, sondern inzwischen sehr sicher bei Tageslicht in Ecuador ankommen werden.

Vorher passieren wir noch recht dicht unter Land das peruanische Talara. Einerseits ist das die westlichste (größere) Stadt Südamerikas. Andererseits zeugen dutzende Ölbohrtürme von Ihrer Bedeutung für den peruanischen Außenhandel. Nach dem dominierenden Bergbau (59%) sowie Landwirtschaftsprodukten (14%) stehen Erdöl und -gas (8%) an dritter Stelle der exportierten Waren des drittgrößten Landes Südamerikas.

Bohrplattformen vor Talara

Inzwischen sind es nur noch gut 50sm bis in ecuadorianische Gewässer, gut 130sm bis La Libertad. Morgen sollten wir ankommen…

Auf der Höhe von Peru (4) – Flaute und Delfine

22.-23. Januar 2021 (Pazifik nördlich von Lima)

Ferdinand Magellan erreichte im November 1520 einen dato noch namenlosen Ozean. Dankbar über die nun endlich abflauenden Stürme nannte er ihn „Mar Pacifico“ („Friedliche See“). Natürlich ist das ein trügerischer Name. Auch auf dem ach so stillen Ozean gibt es schweres Wetter bis hin zu Wirbelstürmen wahlweise Hurrikan (NE), Taifun (NW) oder Zyklon (S) genannt. Hier, an der nicht zu weit südlich gelegenen Ostseite, dicht vor dem südamerikanischen Kontinent ist es aber in der Tat wohl tendenziell eher ruhig. Aktuell sogar etwas zu ruhig. Ganze zwei Windstärken von hinten lassen keinen Gedanken ans Segeln aufkommen.

So ein Morgen…
… verheißt nicht unbedingt Segelspaß.

Mit dem Motor nach Norden fahrend, herrscht an Bord faktisch (scheinbare) Windstille. In der (Nach-)Mittagssonne ist es nur unter dem Bimini erträglich.

Erstes zartes Windkräuseln.

Am frühen Nachmittag bekommen wir dann endlich mal wieder Besuch von Delfinen. Und was für ein Besuch das ist. Eine riesige Schule, insgesamt bestimmt dreistellige Zahl Großer Tümmler schwimmt, springt und platscht nah wie fern rund ums Boot. Einige begleiten uns über eine halbe Stunde am Bug. Sie sind locker drei Meter lang und diverse Kratzer auf ihren Rücken bezeugen ein bewegtes Leben. Als sehr hohes Fiepen können wir sie sogar „sprechen“ hören. Einer von ihnen ist besonders gut drauf und platscht nach dem Auftauchen immer mal wieder seitlich mit der Schwanzflosse auf das Wasser. Irgendwann ist es geschafft, die am Bugkorb stehenden Kinder haben nasse Füße bekommen.

… spritzen gerne mal rum.

Noch über eine weitere Stunde ist rundherum immer wieder das Spritzen umherspringender Tümmler zu sehen. Unsere Kleine ist natürlich insbesondere von ihrem kleinen Gegenstück im Wasser begeistert. Ein offensichtlich sehr-Jungtier von vielleicht gerade mal ½m traut sich in Begleitung erstaunlich nahe ans Boot. Ja, ganz offensichtlich haben wir hier gerade Paarungszeit bei den Großen Tümmlern.

Große Tümmler spritzen am Bug (Video mit ca. 7MB)

In der Nacht bleibt es ruhig. Nur einmal scheint es vorne am Bug mehr zu platschen, als es der fehlende Wind zulässt. Im Schein der Taschenlampe zeigen sich tatsächlich ein paar kleinere Delfine. Anscheinend haben sie es auch auf die vielen kleinen Fischlein abgesehen, die angeleuchtet-fluoreszierenden überall neben dem Boot umherspringen.

Am frühen Morgen präsentiert sich der Pazifik dann endgültig als Badewanne. Platte See. Hin und wieder sehe ich eine Verwirbelung. Es sind kleine Rochen, die mit einen ihrer Flügel winken und bei Annäherung elegant hinab gleiten. Hier und dort sind die Spritzer kleiner Fischschwärme zu sehen und Vögel gleiten lautlos durch den aufziehenden Morgennebel. Idylle pur!

Auf der Höhe von Peru (3) – Fischer und Nebel

20.-21. Januar 2021 (Pazifik nördlich von Lima)

Natürlich sind wir nicht vor 10 Uhr losgefahren und wie erwartet ist es herzlich egal. Ein unbestreitbarer Nachteil der zeitlich trotzdem recht unflexiblen Weiterreise ist aber ganz klar das Wetter. Für die nächsten Tage ist schwacher Wind aus S-SE angesagt. Also von hinten. Das macht auch nur halbwegs flottes Segeln nicht gerade wahrscheinlich.

Auf den ersten wenigen Meilen unter Segeln treffen wir dann gleich auf eine erste große Fischerflotte bei der Arbeit. Mehr als einmal sehen wir sie von riesigen Vogelschwärmen umgeben beim Einholen der Netze. Einer der Fischer ist anscheinend besonders neugierig. Von schräg hinten hält er auf uns zu und holt schnell auf. In Rufweite überholt er uns winkend an Backbord (also in Fahrtrichtung links), fährt hupend einen Schwenk vor unserem Bug (also vorne) durch und verschwindet vorbei an Steuerbord (also in Fahrtrichtung rechts) wieder achteraus (also nach hinten weg). Sehr speziell.

Einmal rund ums Segelboot…
Fischer bei der Arbeit

Wenig später ist es dann mit dem Segeln schon wieder vorbei. Nur 2-3 Bft. von hinten reichen einfach nicht aus, so dass wir wieder Motorboot spielen. So haben wir zwar kein Stromproblem an Bord, aber schön ist trotzdem anders. Nur gut, dass ich in Callao noch 200l Kanister-Diesel in den Tank gefüllt habe.

Einen echten Schrecken bekommen wir am späten Abend. Bei einem routinemäßigen Rundumblick sehe ich ein weißes Licht voraus. Plötzlich darunter zwei weitere und irgendetwas blinkt da auch noch rot. Oh weh, das sieht echt dicht aus. Ich weiche schnell nach Steuerbord aus und in Reichweite unseres Suchscheinwerfers passiert ein kleiner Fischer selbst soweit ihm möglich blinkend, piepend und „suchscheinwerfend“. Sehen wir die Aktion als kleine Revanche für die Episode am Nachmittag. ;-)

Im Ernst ganz offensichtlich haben hier nur die großen Fischer ein AIS. Diese Situation hatten wir letztmals vor Brasilien. Folgerichtig schalten wir nun dann doch endlich mal das Radar ein und richten vor uns zwei sogenannte „Guard-Zones“ ein. Wenn darin ein Radarecho auftaucht gibt es Alarm. Eine sehr gute Entscheidung, denn mit der Nacht kommt der Nebel.

Die „Guard-Zones“ des Radar schlagen gegebenenfalls Alarm

Der von Süden setzende, kalte Humboldtstrom hat durchaus den Ruf, für Nebel verantwortlich zu sein. Weiter draußen war das bisher kein Thema, dichter vor der Küste, dem stärker erhitzten Land ganz offensichtlich schon. Die Sicht geht gegen null. Am Bug sorgen die Positionslichter für eine grüne bzw. rote Wand. Visueller Blindflug.

Der Radar-Alarm schlägt in der Nacht zweimal an. Zweimal passiert ein entgegenkommender Fischer knapp 2sm an Steuerbord. Zweimal ist rein gar nichts zu sehen. Die Vorwarnzeit ist nicht üppig, so dass der Wecker der Nachtwache mir maximal 15-minütige Phasen der Augenpflege gönnt. Dafür bin ich am immer noch nebligen Morgen dann doch erstaunlich fit.

Der Skipper ist offensichtlich hellwach!

Am späten Nachmittag, der Nebel hat sich endlich der Sommersonne geschlagen geben müssen, betätigen wir uns dann selbst mal wieder als erfolgreiche Fischer. Dreimal schlägt die Angel an. Der erste Fisch kann dicht am Heck gerade noch so entkommen. Die anderen werden erfolgreich eingebracht. Mit 46 bzw. 58 cm und 1 bzw. 1½ kg nicht riesig, aber für die Familie ausreichend. Augenscheinlich sind es erneut Vertreter der „Makrelen und Thunfische“ (Scombridae), die wir genauer aber noch nicht bestimmen können und in dieser Art, zumindest nach unserer Erinnerung, auch noch nicht auf dem Teller hatten. Morgen wird gegrillt!

Das reicht für ein leckeres Abendessen…

Maila feiert Geburtstag

19. Januar 2021 (Callao/Peru)

Ich war die Tage davor sehr aufgeregt auf meinen Geburtstag. Endlich war der Abend vor dem Geburtstag. Ich musste früh ins Bett damit meine Familie schmücken, die Geschenke einpacken und Kuchen backen konnte. Dabei habe ich zwei Filme mit Shaun dem Schaf geguckt.

Ich bin schon um sechs Uhr aufgewacht und habe Samuel, der neben mir gelegen hat, aufgeweckt. Der ist dann aus dem Zimmer gegangen und ich musste warten. Endlich kam meine Familie rein. Sie hatten zwei Kuchen gebacken und haben gesungen. Danach habe ich mich angezogen und bin rausgekommen. Es war schön geschmückt und die Geschenke waren auf dem Tisch. Ich habe mich gleich daran gemacht, die Geschenke auszupacken. Ich habe DVDs (Fünf Freunde) und CDs (Drei Fragezeichen Kids) bekommen. Dazu die acht Planeten unseres Sonnensystems als 3D-Puzzles. Samuel hat mir zum Geburtstag eine schöne Geschichte geschrieben. Ich habe mich über die Geschenke sehr gefreut.

Jetzt bin ich schon neun Jahre alt!
Kartoffelomelett zum Frühstück!

Samuel und ich haben gleich angefangen, die acht Planeten zu puzzeln. Wir hatten dafür genug Zeit, weil wir ausnahmsweise keine Schule machen mussten. Nachmittags haben wir dann noch Karten und Würfelspiele gespielt und abends haben wir gegrillt. Es war ein sehr schöner Tag.

Maila

Alle Planeten sind fertig gepuzzelt

Abbruch in Peru

Callao, 19. Januar 2021

Also nicht, dass wir uns hier falsch verstehen. Nein, wir brechen natürlich nicht unsere kleine Segelreise ab. Wohl aber den Versuch, in Peru einzuklarieren. Dabei ist zunächst einmal der faszinierende Umstand festzuhalten, dass die Einreise trotz angeblich geschlossener Seegrenze technisch kein Problem gewesen wäre. Weder Küstenwache noch der Yacht Club Peruano lassem irgendwelche Zweifel oder Bedenken erkennen. Letzterer besorgt uns dann auch den hier notwendigen „maritimen Agenten“. Am Nachmittag, wir ankern inzwischen direkt vor dem Club-Gebäude am Strand, hält eine der blauen Tender-Barkassen und bringt zwei Männer an Bord. Eine freundliche Begrüßung später holt einer seine kleine Mappe raus und zeigt mir einen Zettel. Die Übersicht der zu unserer Immigration anfallenden Kosten: 2.250 US-Dollar. Und nein, ich habe mich gerade nicht vertippt!

Der größte Posten mit über 1.000$ ist eine gesundheitliche Bootsinspektion und natürlich verlangt auch der Agent ein paar hundert Dollar für seine Dienste. Zwei Wochen Yacht-Club schlagen mit 300$ zu Buche, dann noch die Transporte der offiziellen Stellen zum und vom Boot, der Rest verteilt sich auf diverse Kleinpositionen. Was die Kosten der Immigration angeht, hat sich in Peru nicht viel zum Besseren getan. Das ganze System ist offensichtlich auf die Großschifffahrt ausgelegt.

Wir haben nicht allzu lange nachgedacht. Nein, das ist uns definitiv zu viel. Ganz ehrlich, das ist es uns dann einfach nicht wert. Man zeigt sogar ein gewisses Verständnis. Ja, das sei in Peru schon ziemlich teuer, aber im wesentlichen sind das halt die offiziellen Preise der das Prozedere durchführenden Autoritäten da könne man nichts machen. Dankend schütteln wir den Kopf und kündigen unsere Abfahrt für den nächsten Tag an. Sogleich murmelt der Kollege vom Club etwas von 5-6 Uhr ich erwidere lächelnd etwas von 8 Uhr, wohl wissend, dass es wohl eher 10 Uhr wird. Egal, was soll schon passieren.

Mooringfeld des Yacht Club Peruano in Callao
Die Mooringbojen haben hier Stromanschluss

So ganz sinnlos war der kleine Umweg aber nicht. Einerseits sind wir einige Erfahrungen reicher. Andererseits haben wir unser Minimalziel erreicht. Maila kann ihren Geburtstag ganz entspannt vor Anker feiern. Doch davon berichtet sie das nächste Mal selbst.

Blick zurück auf Callao