Tot ziens Suriname!

8.-10. April 2022

Es wird Zeit, weiter zu ziehen. Ich würde ja gerne schreiben, weiter zu segeln. Aber die nächsten zwei Hüpfer wird das wohl leider noch nichts werden. Der Wind kommt hier konstant aus NE-E. Also so ziemlich aus der Richtung, in die wir eigentlich hin wollen. Und solange ein Segelboot nicht genau gegen den Wind segeln kann, bleiben da nur zwei Alternativen. Der mühsame Weg wäre die sogenannte Kreuz. Man segelt so hoch am Wind wie möglich und kreuzt dabei hin und her, um sich mühsam an das Ziel zu tasten. Das verlängert den eigentlich Weg schon mal gut und gerne um das Doppelte. Dazu kommt hier das Problem, dass nicht weit draußen vor der Küste der Guyana-Strom ziemlich stark nach Westen setzt. Gegen den haben wir im Grunde kaum eine Chance anzusegeln. Es bleibt die Alternative. Wir suchen uns also ein Wetterfenster, bei der der Wind möglichst wenig entgegen bläst und werfen den Motor an. Augen zu und durch. Es sind ja nur gut 100sm.

Abfahrt aus Domburg ist gegen Mittag. Das ablaufende Wasser schiebt uns zusammen mit dem Fluss flott Richtung Atlantik. Das alleine sind ja schon mal ca. 20sm.

Wind gegen Strom = Hackwelle
Fort Nieuw Amsterdam

An der Flussmündung werfen wir noch für eine Nacht den Anker. Wir wollen uns morgens auf den langen Schlag machen, damit wir bei Licht und halbwegs guter Strömung ankommen. Denn auch in Französisch-Guyana werden wir wieder in einen Fluss reinfahren. Selbst die Strecke zum angepeilten Ankerplatz zieht sich einige Meilen.

Die Fahrt selbst verläuft hinreichend unspektakulär. Abgesehen von den Fischern. Wir fahren zwar über 10sm (also knapp 20km) vor der Küste, doch die Wassertiefe kommt auch hier draußen kaum über 10m. Da ist es nur scheinbar verwunderlich, immer mal wieder Fischerboote mitten im Nirgendwo vor Anker liegen zu sehen. Obwohl sie wohl eher an ihrem Netz liegen. Wir beobachten sie bei der Arbeit und erkennen, dass das Netz von ihrem Bug in großem, weitem Bogen bis zu einer einzelnen, im Wind wehenden Fahnenboje reicht. So manches Mal sehen wir dazwischen lauter kleine Bojen. Ziemlich dicht an dicht. Wahrscheinlich könnten wir da auch durchfahren. Doch nachts sind die sicher nicht zu sehen und das letzte, was wir jetzt noch brauchen, ist eine Leine im Propeller.

Anfangs hilf die Fock noch etwas mit…

Nachts sieht das also so aus, dass wir zunächst mal die dauerhaft weiß leuchtenden Fischer sehen. Dann beginnt die spannende Suche nach dem Ende des Netzes. Zum Glück blinken die Fahnenbojen ebenfalls weiß. Die Theorie ist klar: nicht zwischen festem und blinkendem Licht durchfahren. In der Praxis tauchen aber gerne auch mal eine Handvoll dieser Lichter am Horizont auf. Doch wir liegen offensichtlich richtig, mit unserer jeweiligen Einschätzung der zusammengehörigen Paare. Allerdings bekommt der Skipper kein Auge zu. So motoren wir gegen Wind, Welle und Strom langsam Richtung Osten.

Am Morgen biegen wir etwas Richtung Küste ab und können tatsächlich die Segel setzen. Wir überlegen kurz, das ersten Tonnenpaar der Zufahrt abzukürzen, entscheiden uns dann aber bei 3-4m Wassertiefe doch dagegen. Brav lassen wir noch den zufälliger Weise auch gerade einfahrenden Frachter durch und segeln hinterher in die Mündung des Fleuve Maroni, dem Grenzfluss zwischen Suriname und Französisch-Guyana. Kurz nach Mittag fällt in der ersten halbwegs geschützten Bucht der Anker. Wir sind etwas spät dran. Bis hierher half die Strömung, aber sie fängt schon an zu kippen. Wieder einmal warten wir auf die Flut. Morgen geht es weiter flussaufwärts.

Ankerplatz an der Mündung des Fleuve Maroni

Herr schmeiß Hirn!!!

Immer Sonntags (und manchmal Montags) im Suriname River

Eigentlich liegen wir hier vor dem Harbour Resort Domburg sehr ruhig. Im Rhythmus von Ebbe und Flut richten wir uns immer wieder neu aus. Der durch die meilenweit entfernte Küste gut abgeschwächte Wind erzeugt keine nennenswerte Welle. Doch am Wochenende ist das leider etwas anderes. Gleich neben dem Hafen ist ein beliebter Treffpunkt mit kleinen Buden und schöner Aussicht. Besonders am Wochenende ist es hier richtig voll. Auch das ist an sich kein Problem. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um das Publikum handelt. Ein Publikum, vor dem es sich lohnt, mal so richtig anzugeben. Einen anderen Grund gibt es nicht dafür, dass hier „any given sunday“ eine Jet-Ski-Invasion erfolgt.

Selbstinszenierung braucht Publikum

Die meist noch von mindestens einem Motorboot mit dröhnenden Lautsprechern flankierten Flotte kommt aus Richtung von Paramaribo. Die einschlägigen Verleiher scheinen dort ihre Station zu haben. Mit Vollgas rasen sie an und verlangsamen auch nicht, wenn sie die an Moorings liegenden Segelboot erreichen. Das räumliche Ziel ist das wartende Publikum von Domburg. Das persönliche Ziel die angeberische Profilierung. Das Zurschaustellen der eigenen Hirnlosigkeit. Da sind Segelboote nicht mehr als möglichst eng zu umkurvende Slalomstangen oder Wendemarken. Immer wieder rasen sie in wenigen Metern an uns vorbei. Gut beraten ist, wer das Dinghy jetzt nicht mehr im Wasser liegen bzw. tanzen hat.

Die Dinghys am Steg bitten gleich zum Pogo…

Dabei zeigt zumindest an einem Wochenende das Motorboot ein gewisses Einsehen. Dröhnend, lachend und winkend umkurvt es uns. Die Samai schaukelt in den dabei erzeugten Wellen. Ich kann mich nicht zurückhalten und zeige nur einen kopfschüttelnden „Scheibenwischer“. Die Nachricht wird verstanden und wider Erwarten respektiert. Fortan hält man sich von uns fern.

Der hält ja richtig viel Abstand!

Ganz anders ist das an unserem letzten Montag in Suriname. Ausnahmsweise am Tag nach dem Wochenende brettert eine Gruppe Jet-Skis wie gehirnamputiert in nächster Nähe um die Segelboote. Ich spreche hier von maximal einer Handvoll Metern! Vollspeed. Mit den Händen bedeute ich, dass sie doch bitte etwas Abstand halten sollen. Die Antwort kommt von einem vor seinem grinsenden Vater sitzenden Jungteenager. Mittelfinger + „F*** you!“

Was ist da nur falsch gelaufen? Herr schmeiß Hirn!!! Aber wahrscheinlich wäre das ohnehin nur eine grandiose Verschwendung… ;-)

Harbour Resort Domburg

Suriname, März 2022

Seit dem Verbot, direkt vor Paramaribo zu ankern, bleiben uns Seglern noch zwei sinnvolle Alternativen, hier in Suriname anzukommen. Entweder die Moorings des Harbour Resort Domburg oder die Stege des eine große Flussbiegung weiter gelegenen Marina Waterland Resort. Wobei man natürlich auch in beiden Fällen ankern kann, doch die Dinghy-Anlandung ist offiziell nur der (zahlenden) Hafenkundschaft vorbehalten. Wie auch immer, wir entscheiden uns für das etwas preisgünstigere Harbour Resort Domburg.

Das wichtigste vorweg: das Boot liegt hier sicher! Der ganze Bereich ist videoüberwacht, das gut besuchte Restaurant sorgt für immer vorhandene Augen, der Hafenmeister Jerome fährt regelmäßig die Boote ab, um nach dem Rechten zu schauen und direkt hinter dem Gelände liegt die Polizeistation von Domburg. Das passt. Wir haben jedenfalls keine Bedenken, unsere Samai hier während unserer Guyana-Rundreise alleine liegen zu lassen.

Gut zu wissen, dass das Boot hier niemals ganz alleine ist?!

Und was noch? Direkt am Dinghy-Steg gibt es Trinkwasser. Ein Niederländer legt sich kurzerhand mit dem Segelboot an den kleinen Steg. Uns genügen Kanister. Das Restaurant ist für Suriname recht teuer, aber auch keine Pflicht. Das (dank Wifi-Antenne auch an Bord empfangene) Internet steht auch so zur Verfügung. Ebenso die Steckdosen und der Pool. Über unsere gerstenhaltige Umgehung des offiziellen Verbotes von Fremdverzehr wird hinweg gesehen. Die Waschmaschine ist self-service und inklusive. Drei Duschen runden das Angebot ab. Also alles da, was das Seglerherz so begehrt.

Das mit dem Mietwagen sowie ggf. benötigten Fahrdiensten (z.B. für die Formalitäten) ist auch absolut umkompliziert. Die WhatApp-Nummer von Mr. Rishy hängt aus. Meist antwortet er recht schnell. Der Wagen wird gebracht. Und bei einem Kleinwagen für 10€ pro Tag nehmen wir den fahrbaren Untersatz gerne 1-2 Tage länger.

Benachbarte Kirche

Kurz und gut… alles gut. Wir sind willkommen, haben nette (vorwiegend niederländische) Nachbarlieger und auch sonst alles, was wir brauchen. Mit einer kleinen Ausnahme. Da ist noch etwas, das wir eigentlich nicht brauchen. Aber davon erzähle ich das nächste Mal…

Blitzschlag – Radar wäre schön…

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Suriname, März 2022

Was ist das nervig. Erst heißt es, dass der Wechsel des Radarinterface ausreichen sollte. War nicht so. Das Radar selbst war hinüber. Nächste Bestellung. Dann möchte ich das neue Radar anbringen, aber der Stecker passt nicht. Als Alternative zur kompletten Neuverkabelung, bestelle ich einen Adapter. Nun also sollte endlich alles beisammen sein. Also mal wieder auf in den Mast.

Schon der Abbau des alten Radars zeigte nur allzu deutlich, dass das Ding da oben alleine echt unhandlich ist. Gleichzeitig auf der halbkardanisch aufgehängten Halterung justieren und von unten festschrauben… da sind zwei Hände nicht genug. Zum Glück habe ich ja einen Sohn. Samuel kommt gerne mit hoch und leiht mir entspannt auf der Saling sitzend die so dringend benötigten, fehlenden Hände.

So bekommen wir das neue Radar recht schnell angeschlossen. Und was soll ich sagen. Im ersten Testlauf funktioniert es richtig gut. So wie es aussieht, haben wir wieder ein funktionierendes Radar. Das wäre schön!

Nachtrag April 2022

Also eigentlich funktioniert das Radar. Dann aber wieder auch nicht. Nach einer gewissen Zeit verabschiedet es sich mit der Info „Radarzeit abgelaufen“. Manchmal kommt es dann noch wieder, doch irgendwann bleibt es blind. An der technischen Installation dürfte es nicht liegen. Dann würde es wohl eher gar nicht funktionieren. Muss wohl eher in die Konfiguration schauen. Und natürlich RTFM*. Eventuell ein Softwareupdate? Hoffentlich bekomme ich das vor der anstehenden Atlantiküberquerung noch hin. Radar wäre dabei schon schön.

* Read The Fucking Manual ;-)

Lecker Roti nach dem Zoobesuch

Suriname, 14. März 2022

Der 1972 in Paramaribo eröffnete einzige Zoo des Landes ist klein aber fein. Hier leben ausschließlich lokale Tierarten, die oft aus einem qualvollen Leben als wenig artgerecht gehaltenes Haustier befreit wurden. Wenn möglich wird eine Auswilderung angestrebt. Ansonsten verbringen sie hier einen wenn auch den Umständen geschuldet nicht wirklich mit der Freiheit vergleichbaren, doch immerhin sicheren Lebensabend in besseren Umständen als zuvor.

Wieder einmal bekommen wir eindrucksvoll vorgeführt, wie reichhaltig die Fauna des tropischen Südamerikas ist. Sogar einige Exemplare des einzig wahren Dschungelkönigs sind zu sehen.

Weitere Vierbeiner sind Tapire, Pekari, Nasen- und Ameisenbär, kleine Nager…

Tapir
Pekari
Nasenbär
Ameisenbär

Dass die Reptilien durch Schildkröten vertreten sind, ist nicht verwunderlich. Aber wer um Himmels Willen hält sich zu Hause einen Alligator??? Ach ja… Schlangen fehlen natürlich auch nicht.

Natürlich gibt es auch reichlich Vögel. Dabei ist dem sonderbaren Verhalten mancher der armen Tiere anzusehen, dass ihre Vergangenheit Spuren hinterlassen hat.

Roter Ibis

Insgesamt ist der Zoo recht gut in Schuss. Es gibt sogar einen separaten Badebereich für Kinder, in dem man auch Geburtstage feiern kann. Ein ebenso netter wie fleißiger Arbeiter streicht in einem der gerade verwaisten Käfige. Andere werkeln im ehemaligen und zukünftigen Streichelbereich. Das neue Toilettenhaus ist dringend nötig, aber leider noch nicht freigegeben.

Neue Wasserwelt für Kinder
Altes Aquarium neben neuem Klo
Streichelecke braucht noch Zuwendung

Und der Kinderspielplatz kann sich für südamerikanische Verhältnisse absolut sehen lassen. Wir haben jedenfalls viel Spaß!

Ein weiterer Höhepunkt sind die direkt neben dem Spielplatz über ihre Inseln tollende Rotgesichtklammeraffen.

Insgesamt ist ein Zoobesuch natürlich immer etwas zwiespältig. Gerade in einer Umgebung mit einer solch reichhaltigen Artenvielfalt in freier Natur. Doch auch wenn die Unterbringung hier nicht immer mit heute geforderten Standards mithalten kann, so ist vor dem speziellen Hintergrund der hiesigen Bewohner doch davon auszugehen, dass sie es nun besser haben als vorher.

Nach dem Zoobesuch sind wir hungrig. Höchste Zeit, eine DER lokalen Spezialitäten auszuprobieren: Roti! Das nach dem gleichnamigen, ungesäuerten Fladenbrot benannte Gericht kam mit indischen Migranten in die Karibik. Besonders beliebt in Trinidad erfreut es sich auch in Suriname mit seiner immerhin zu gut einem Viertel indischstämmiger Bevölkerung großer Beliebtheit. Wir besuchen einen der uns empfohlenen Roti-Shops direkt an der Hauptstraße. Für kleines Geld gibt es hier echt leckeres, natürlich hausgemachtes Essen. Sogar Maila hat kaum etwas zu meckern… und auf der Samai bleibt die Kombüse heute kalt! ;-)