So noch nicht gesehen: Rotes Brot

Praia, 19. Juni 2022

Natürlich findet sich immer mal wieder farbenfrohe Back- und Teigware im saisonalen Sortiment innovativer deutscher Einzelhändler. Aber das sind doch eher seltene und temporäre Einzelereignisse. Anders auf den Azoren. Hier gibt es offensichtlich dauerhaft eine gewisse Nachfrage nach intensiv-farbigem Frühstücksgebäck. Ein schönes Beispiel sind Bola de Beterraba und Pão de Beterraba.

Letztlich sind es Mohnbrötchen bzw. -brot und schmecken auch so. Ungewöhnlich ist nur die Farbe. Dracula hätte seine wahre Freude daran. Doch wie so oft bei dieser Tönung ist Rote Beete dafür verantwortlich. Das haben wir so tatsächlich noch nicht gegessen… oder gar gesehen.

So noch nicht gesehen: Sehr hungrige Ameisen!

Warnung: Dieser Beitrag ist nichts für schwache Nerven!

25. März 2022

In so einer Lodge wohnt man nie alleine. Mal huscht eine Kakerlake durch. Ein anderes mal eine mehr oder weniger große Spinne. Das ist in der Surama Eco Lodge nicht anders. Am Abend entdecken wir einen durchaus beachtlichen Achtbeiner neben unseren Betten. Ok, wir haben natürlich Moskitonetze. Trotzdem wollen wir eigentlich nicht, dass diese Spinne noch da ist, wenn wir das Licht ausmachen. Ein Schuh schafft schnelle Abhilfe. Doch was sich nur wenige Minuten später abspielt, haben wir so nun wirklich noch nicht gesehen…

Im Dschungel wird nichts verschwendet. Für manche ist da so ein Spinnenkadaver sehr willkommen. Heute Abend sind die Ameisen als erste am Buffet. Und sie wollen sich nichts wegnehmen lassen. Eilig versuchen Sie, die tote Spinne in Richtung Ausgang zu schleppen. Was für ein Anblick!

Die Schwarmintelligenz entscheidet sich für den Spalt zwischen Wand und Boden. Leider zu schmal. Tapfer wird gedrückt und gezogen… doch die Beute will einfach nicht durchpassen. Da hat Samuel ein Einsehen. Mit einem Tuch dirigiert er den wuseligen Haufen in ein größeres Loch an einem der Eckpfeiler. Hier passt es nun endlich und schon wenige Minuten später ist der Spuk auch schon wieder vorbei… guten Appetit!

So noch nicht gesehen: 100 Cent

Suriname, 1. März 2022

Trotz einer gewissen Vereinheitlichung im europäischen Raum gibt es immer noch unglaublich viele, genauer gesagt über 160 offizielle Währungen auf der Welt. Auch bei uns an Bord sammeln sich immer mehr meist kleinere, vor Abreise nicht mehr ausgegebene Beträge in bunten Scheinen und klingenden Münzen.

Münzen kommen ja nicht zuletzt zum Einsatz, um die offizielle Währungseinheit weiter zu unterteilen. Puh, das klingt kompliziert. Kann man wahrscheinlich auch einfacher sagen. Im Grunde geht es aber nur um einen (außer vielleicht in Kolumbien) allgemein bekannten Umstand… so gibt es ja nicht nur die Hauptwährung Euro, sondern auch die Unterwährung Cent.

Bei der Stückelung dieser Münzen gibt es verschiedene Ansätze. Wir erinnern uns noch an die „klassische“(?!) Einteilung 1 – 2 – 5 – 10 – 20 – 50 Cent. Diese ist recht weit verbreitet. Ok, der US-Dollar schert natürlich aus. Nach Penny (1Ct.), Nickel (5Ct.) und Dime (10Ct.) kommt der Quarter-Dollar, also eine 25Ct.-Münze daher.

Wie auch immer. All diesen uns bisher bekannten Münzen ist gemein, dass sie entweder die offizielle Währungseinheit (z.B. 1 oder 2 Euro) oder einen Teilbetrag der Hauptwährung in der zugehörigen Unterwährung anzeigen.

Und dann bekomme ich erstmals Rückgeld in Suriname. Neugierig betrachte ich die Münze und stutze. Moment mal. Ich sollte doch einen Suriname-Dollar bekommen. Was ist das?

Haben die mich übers Ohr gehauen? Nein. Nach einem kurzen Moment wird mir klar, dass das zwar ungewohnt, aber korrekt ist. Denn hier gibt es tatsächlich eine Münze für 100 Cent. Das habe ich bisher so noch nicht gesehen.

So noch nicht gesehen: Variable Kochzeit für Nudeln

Heute machen wir einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit. Vor ein paar Tagen stehen Nudeln auf dem Plan. Ich greife in unser „Nudelschapp“ unter der Salonbank an Steuerbord und hole eine Packung „tallarines – spaguetti“ raus. Der Aufdruck „mi comisariato“ verrät, dass diese bereits vor über einem Dreivierteljahr in Ecuador verproviantiert wurden. Das ist an Bord eines (zumindest unseres) Segelbootes aber nichts besonderes.

Nudeln aus Ecuador

Dann schaue ich gewohnheitsmäßig auf die empfohlene Kochzeit und sehe, was ich zwar schon vor Monaten in Ecuador, davor aber so noch nicht gesehen habe: Geografisch bedingt unterschiedliche Kochzeiten!

Mein erster (zugegebenermaßen ziemlich blöder) Gedanke war, dass die Bewohner der Sierra Nudeln wohl gerne matschiger essen als ihre Landsleute der Costa. Weit gefehlt! Es gibt tatsächlich einen ganz banalen, physikalischen Grund, an den ein durchschnittlicher Mitteleuropäer aber auch erst einmal erinnert werden muss.

Ecuadors Hauptstadt Quito beispielsweise liegt mitten in der zentralen Sierra auf knapp 3000m Höhe. Hier oben hat Wasser nun einmal die Eigenschaft schon bei ca. 90°C zu kochen. Mehr geht nicht. Und plötzlich macht es absolut Sinn, dass die Nudeln in der Sierra länger kochen müssen als an der Costa. Soviel Sinn, dass das auf jeder Nudelpackung steht. Zumindest in Ecuador. Anderswo stehen die Chancen gut, das so noch nicht gesehen zu haben.

So noch nicht gesehen: Tetra-Rum

Kolumbien, September 2021

Getränkekartons, seien sie nun vom Schweizer Marktführer Tetra Pak oder auch nicht, haben einen durchaus zwiespältigen Ruf. Die Getränkeindustrie preist sie als ausgesprochen umweltfreundlich. Eine vor zwei Jahren im Auftrag des Fachverbandes „Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel“ (sic!) erstellte Studie wird je nach Blickwinkel unterschiedlich interpretiert. Mancher lässt sich zu der Schlagzeile „Frischmilch im Karton besser als in Pfandflaschen“ hinreißen, stellt den Inhalt damit aber wie so oft verkürzt dar. Ein Problem von Getränkekartons ist bei allen (leider mäßig erfolgreichen) Recyclingbemühungen sicher ihr Materialmix im mehrlagigen Verbund mit zunehmenden Plastikanteil.

Für einen Segler auf Langfahrt ist das Tetra Pak jedoch durchaus reizvoll: „unkaputtbar“ (kein Skipper mag Glasscherben in der Bilge), relativ leicht und gut stapel- bzw. staubar. Wir geben zu, an Bord gerne dieser Verpackung zu wählen. Für Milch ist es de-facto-Standard. Gerade in Argentinien und Chile gibt es ausgesprochen günstig-guten Wein im Getränkekarton. In Südamerika werden Gemüse, selbst Fertigsuppen und eingemachtes Obst oft nicht in Konservendosen oder gar Gläsern, sondern im Tetra Pak verkauft. Eine Nutzungsvariante sehen wir jedoch erstmals in Kolumbien.

Da stehen sie nun im Regal arglos nebeneinander. Je ein Liter Rum wahlweise in der Glasflasche und im Tetra Pak. Beide ziert das gleiche Logo. Gleicher Inhalt… kein Unterschied? Oh doch: der Preis. Im Getränkekarton kostet das Getränk gut 15% weniger als in der Glasflasche. Mangels Glasgläsern landet der Tropfen an Bord ohnehin in Polycarbonat bevor er des Skippers Kehle hinunter rinnt. Dazu kommen die anderen, oben angesprochenen „Segler-Argumente“. Da fällt die Wahl ehrlich gesagt nicht allzu schwer.

Ja, natürlich ist es nicht die edelste Sorte Rum, die da in dieser Verpackung angeboten wird. Trotzdem verproviantieren wir uns und haben damit mal wieder etwas an Bord, das wir vorher so nicht nicht gesehen haben: Tetra-Rum…