Sonne, Mond und Sterne… irgendwie anders!

Es gibt viele Dinge des Alltags, die wir ganz selbstverständlich hinnehmen. Die waren schon immer so und das ist auch gut so. Manche Sachen sind allerdings stark von unserem Standort auf der Welt abhängig. Das ist uns allen aus Schultagen bewusst und daher wird dieser Eintrag wohl auch nicht viel Erkenntnisgewinn bringen. Trotzdem sollen hier mal ein paar gewohnte Dinge angeführt werden, die uns, sei es in Äquatornähe oder auch erst jetzt auf der Südhalbkugel, neben so viel Anderem zeigen, dass wir uns nicht mehr in der gewohnten Umgebung befinden.

  • Wo genau ist eigentlich Norden? Der hilfsbereite Nordstern ist jedenfalls schon vor Wochen dauerhaft hinter dem Horizont verschwunden. Dafür geht jetzt langsam das „Kreuz des Südens“ auf.
  • Überhaupt die Sternbilder. Warum hat sich Orion bloß hingelegt? Und wer kennt die ach so passenden Sternbilder „Segel des Schiffes“, „Kiel des Schiffes“ und „Fliegender Fisch“?
  • Die schöne Eselsbrücke für den abnehmenden (kleines Schreibschrift-a) und zunehmenden (alt-deutsches Schreibschrift-z) Mond funktioniert auch nicht wirklich, wenn die Sichel liegt oder einen Schirm bildet.
  • Was ist mit der Dämmerung? Ok, je weiter wir nach Süden kommen, umso mehr kehrt sie zurück. In Äquatornähe dagegen ist es kaum 15 Minuten nach Sonnenuntergang stockfinster. Und auch morgens vergeht zwischen erstem Lichtschein und stürmisch aufstrebender Sonne nicht viel Zeit.
  • Im Osten geht die Sonne auf – im Norden nimmt sie ihren Lauf – im Westen will sie untergehen – im Süden ist sie nicht zu sehen…
  • Das sich auf der Südhalbkugel im Abfluss andersherum drehende Wasser stimmt zwar prinzipiell unter Laborbedingungen, ist in der Praxis dagegen ein Mythos. Zu viele andere Einflüsse bestimmen die Drehung. (…sehr schön auch nochmal erklärt im empfehlenswerten Podcast „Sag mal, du als Physiker.“)

Ach ja… und was ist eigentlich mit den Orangen passiert?! Gut zu wissen, dass sie nicht unreif, sondern „nur“ tropisch, also ohne nennenswerte Kälte gereift sind. Ja, dann bleiben Orangen grün. Und damit wir Europäer auch glauben, dass sie reif sind, werden solche Importe bei uns in der Regel chemisch „entgrünt“.

Nicht unreif, sondern in tropisch-warmen Nächten gereift und nicht – wie in Europa üblich – entgrünt!!

Atlantiküberquerung (5): Fazit

Ja, wir haben es geschafft. Aber was genau haben wir eigentlich geschafft? In Interviews und auf Blogs liest man immer wieder große Worte zu dem Thema „Ozeanüberquerung“. Diese Worte sind sich, unabhängig davon ob das Unterfangen noch bevorsteht oder schon hinter einem liegt, erstaunlich ähnlich. Da ist die Rede von den physischen und psychischen Herausforderungen, der Einheit mit der Natur, ganz besonders wertvoller Familienzeit, alles wird / war toll, ein einmaliges Erlebnis und so weiter und so fort. Selbsterfüllende (oder -herbeigeredete) Prophezeiung? Allgemein liest man auf Seglerblogs ganz oft, wie toll und schön und harmonisch alles ist. Nur selten werden mehr oder weniger unterschwellig auch mal Unstimmigkeiten und schwierige Zeiten an Bord zugegeben (Dank dafür z.B. an Serenity und Flora!).

Also entweder sind wir eine ziemlich gestörte Seglerfamilie oder wir sind doch recht normal, aber wenigstens ansatzweise ehrlich. Ja, wir sind zwei Wochen am Stück mit dem Segelboot unterwegs gewesen, ohne Land und nur ganz vereinzelt mit anderen Schiffen in Sicht. Wie die meisten Atlantiküberquerer hatten wir dabei keinen nennenswerten Wetterprobleme, ja nicht einmal die berüchtigten Squalls sind auf dem Weg von den Kap Verden nach Brasilien ein echtes Thema. Also… was haben wir nun eigentlich geleistet?

Wir sind jetzt nicht andere Menschen als vorher und waren es auch unterwegs nicht. Es gab gesundheitliche Unpässlichkeiten, durchaus auch mal schlechte Stimmung und an dieser Stelle sei sogar zugegeben, dass den Kindern streckenweise langweilig war. Und unserer Meinung nach ist das alles ganz normal und auch gut so! Also ja, wir sind mit unserem eigenen Segelboot in Brasilien… ja, wir sind auch etwas stolz darauf, aber alles in allem sind wir (zumindest noch) nicht der Meinung, eine überragende Leistung vollbracht zu haben. Zumal wir ja immer noch am Anfang unseres Vorhabens „Weltumseglung“ stehen. Wir sind gespannt und freuen uns auf alles, was da noch kommen mag.

Und wir sind sehr dankbar für Euch alle, die ihr es als lohnenswert erachtet, uns in dieser Zeit auf diesem kleinen Blog zu begleiten. Wir werden gerne weiter berichten und über die tatsächliche Leistung, die wir hier erbringen (oder auch nicht) bilde sich gerne jeder seine eigene Meinung… Feedback jeder Art ist natürlich immer willkommen. In diesem Sinne ganz liebe Grüße (von den „Atlantiküberquerern“ ;-) aus Brasilien!

Atlantiküberquerung (4): Bordleben

Ja, es war heiß. Erwähnten wir das eigentlich schon mal? Weht an Deck ja hin und wieder noch ein angenehmer Wind, so ist es unter Deck bei konstant über 30 Grad nicht mehr wirklich erholsam. Trotzdem waren die Kinder sehr tapfer und machten regelmäßig Schule. Selbst dann, wenn die sonst so gestreng beaufsichtigende Mama in der Ecke hing. Gerade in der ersten Woche ging es La Skipper leider nicht wirklich so super. War sie in Portugal und auf den Kanaren noch umhergerannt um für die Kinder ausreichend Vomex gegen Übelkeit zu besorgen, wurde sie in dieser Hinsicht nun selbst Ihre beste Patientin. Dazu dann gelegentliche Kopfschmerzen und Magenprobleme rundeten den wenig erholsamen Charakter dieser Tage ab.

Da war es hilfreich, dass das vom Skipper angepasste Konzept seiner Nachtwache sehr gut funktionierte. War alles ruhig und auch der Himmel voraus unauffällig, legte ich mich entweder im Cockpit oder auch mal auf der Saloncouch für ein kleines Nickerchen hin. Natürlich in voller Montur mit Rettungsweste, Lifebelt und Stirnlampe immer sofort einsatzbereit. Aus Erfahrung – einmal hatte ich mich im Cockpit aufgerichtet und konnte mit einem Reflex gerade noch das Überbordgehen des nur auf der Brust liegenden Telefons verhindern – wurde das Handy mit gestelltem Wecker unter das T-Shirt geschoben. Nach 30-50 Minuten weckte mich das Klingeln für einen schnellen Check: Schiffe in der Umgebung? Passen Segelstellung, Kurs und Windpilot? Ist am Himmel alles klar? Na dann konnte es eigentlich auch schon in das nächste Nickerchen gehen. Dadurch war ich auch ohne längere Ruhepausen den Tag über relativ fit für alles was da so anfiel.

Unter anderem machten wir unterwegs unsere nach Sal zweite Müllverbrennung an Bord. Der umfunktionierte Eimergrill funktioniert dabei wirklich gut… und das in der folgenden Nacht abgetretene Beinchen konnte auch wieder nachimprovisiert werden.

Überhaupt standen während der Überfahrt immer wieder kleinere Reparaturen an. Die wackelnde Türklinke zum Technikraum wurde (wie zuvor schon bei Bad und Achterkabine) durchgebolzt, das Scharnier eines Küchenschapps gerichtet, die Verkabelung und Sicherung eines Cockpitplotters erneuert, die unsägliche Geisterlampe in der Vorschiffskabine mit einem in Mindelo erworbenen Schalter versehen, und dann hatten wir auch noch Salzwasser in Salon und der vorderen Bilge. Nach gut vier Jahren zeigte die Dichtung unseres „Aquariums“ (also des im Salontisch versteckten Sichtfensters zum Schwertkasten) Ermüdungserscheinungen. Auf dem Wasser nur notdürftig mit Sikaflex überklebt konnten wir diese Problemzone dann aber doch erst in Brasilien richtig abdichten lassen… das sollte jetzt wieder ein paar Jahre halten.

Schließlich hatten wir noch die Freude, Samuels 12. Geburtstag zu feiern. Das Thema „Kuchenbacken bei Seegang“ konnte bereits am Vorabend so halbwegs erfolgreich abgeschlossen werden… nun gut, der Ofen hatte sich ohnehin mal eine ordentliche Grundreinigung verdient. Für ein paar Geschenke war natürlich gesorgt, über Satellitentelefon kamen die Glückwünsche der Großeltern an das Geburtstagskind und das exzessiv zelebrierte Topfschlagen war der Höhepunkt des Tages.

So kamen und gingen die Tage und Nächte. Es gab mal mehr und mal weniger zu tun, aber im Grunde war es fast so wie immer an Bord… nur halt zwei Wochen lang ohne Land in Sicht.

Atlantiküberquerung (3): Petri Dank

Das Angelglück war uns in den zwei Wochen der Überfahrt nur so leidlich hold. Zugegebenermaßen hatten wir aber einen wirklich guten Start. Gleich am ersten Tag holte Samuel einen kleinen Thunfisch (45cm, 2kg) raus, der ausreichend Steaks für die ganze Familie lieferte.

Unser Fischexperte unterzog die Innereien natürlich einer besonders intensiven Inspektion. Dabei stellte sich dann unwillkürlich die Frage, wie dieser Fisch eigentlich noch Appetit auf unseren großen Tintenfisch-ähnlichen Köder haben konnte. Sein Magen war eigentlich schon gut gefüllt.

Auch kurz vor dem ersten Wochenende brachten drei an Bord geholte Goldmakrelen (bis zu 70cm, über 2kg) Fisch satt auf die Teller der von der Frische verwöhnten Crew. Doch danach verließ uns das Glück.

Ungefähr zur Halbzeit hatten wir einen mutmaßlich kapitalen Fisch an der Angel. Problemlos zog er trotz Bremse die 100m Leine von der Rolle. Über eine Stunde brauchten wir, um wenigstens knapp die Hälfte wieder reinzuholen. Von unserem Gegner bis dahin noch keine Flossenspitze zu sehen. Im Gegensatz zu sonst ging die Leine zeitweise fast senkrecht nach unten. Trotzdem wähnten wir uns glücklich, denn die Ausdauer des Wasserbewohners schien zunehmend nachzulassen. Aber dann, wie aus dem Nichts wieder unbändige Kraft. In Minutenschnelle war die gesamte Leine wieder rausgezogen und es ließ nicht nach. Die Angel bog sich durch, an mehr als bloßes Festhalten war nicht zu denken. Aber der Köder hing offensichtlich sehr fest. Doch dann die Ernüchterung. Nach über 1½ Stunden hartem Kampf war der Zug plötzlich weg. Wir holten die Leine rein und mussten leider feststellen, dass der Haken vom Köder gerissen war. Eine durchaus stabile Verbindung hatte schlicht versagt. Insbesondere die Jungs an Bord wechselten traurige Blicke.

Leider ging es in der zweiten Woche auch nicht sehr erfolgreich weiter. Wir hatten zwar immer wieder mal einen Biss, aber dieser hatte sich dann schon mit ein paar heftigen Zügen wieder losgerissen. An einem Tag verloren wir dann gleich zwei Köder. Nicht nach hartem Kampf, sondern blitzschnell. Die Angelschnur surrte, die Rute zuckte ein paarmal und der Köder war weg! Insgesamt hatten wir von den in Las Palmas gekauften Ködern für Goldmakrele und Thunfisch ganze ¾ Verlust zu vermelden. Irgendwann warfen wir die Angel zugegebener Maßen gar nicht mehr raus.

Eines ist klar: wir müssen nachrüsten.

  • Einerseits kommen natürlich neue Köder an Bord.
  • Auch denken wir über eine stärkere Rolle nach. Zwar ist unsere dankenswerter Weise vom Küsten-Opa gesponserte Angel auf 25lbs ausgelegt, aber die Rolle kann da offensichtlich nicht ganz mithalten.
  • Und dann haben wir da auf ein paar anderen Booten noch eine andere, ganz simple Konstruktion am Heck gesehen: Eine große, mit einfacher Kurbel versehene Rolle mit dicker Angelschnur und großem Köder drauf.

Wir werden spätestens in Buenos Aires intensiv nach diesen Dingen Ausschau halten. Denn eines ist klar: auf frischen Fisch wollen wir die nächsten Jahre nicht verzichten!

Atlantiküberquerung (2): Tierische Besucher

Im und sogar auf dem Meer wimmelt es vor Leben. So sagt man zumindest und so stimmt es ja wohl auch. Wir blieben folglich zwar fern von anderen Menschen in unserem kleinen Mikrokosmos „Segelboot“ unter uns, aber nicht alleine…

Schon nach drei Tagen auf See kam ein unbestrittener Höhepunkt der ganzen Fahrt: Wale in Sicht! Wir waren gerade unter Motor unterwegs und änderten natürlich gleich den Kurs. Zwei bis drei kleine Pottwale (15-20m) schwammen und tollten umher. Gleich zu Beginn ist eines der tonnenschweren Tiere zweimal hintereinander aus dem Wasser gesprungen und mit lautem Platschen wieder eingetaucht. Ein anderer fand es offensichtlich ganz besonders unterhaltsam, immer wieder mit seiner Fluke (Schwanzflosse) auf die Wasseroberfläche zu klatschen. Als kleine Anregung, nicht gleich wieder abzutauchen, machten wir dann noch etwas Musik an, die sich über den Metallrumpf verteilt gut von neugierigen Walohren im Meer hören lässt. So waren wir insgesamt über 40min bei den Tieren, bis sich zum Sonnenuntergang unsere Wege wieder trennten. Ein wahrlich atemberaubendes Erlebnis.

Überhaupt war der Sonnenuntergang in der ersten Woche eine gute Zeit. Direkt am Tag nach den Pottwalen steuerten wir zum kitschig-schönen Abendrot zwischen einer wahrlich großen Delfinschule über die glatte See. Wie schon am Tag zuvor gab es auch dieses Mal kein Halten… die Kinder sprangen auf das Vorschiff um alles möglichst gut zu sehen. Im Dutzend sprangen die Delfine rechts, links, vorne und hinten aus dem Wasser. Ein Motiv wie von einer Wandtapete aus den 80’ern… in Natura nur ein Vielfaches schöner!

Was sich dagegen rar gemacht hatte, waren Fliegende Fische an Bord. Ok, am Tag sah man immer wieder auch mal ganze Schwärme locker mehr als 50m über die Wellen flattern, aber an Deck hatten wir in den ganzen zwei Wochen nur ein ausgewachsenes Exemplar. Noch weniger sahen wir von den nicht fliegenden Verwandten. Einmal machten wir an einer im Meer treibenden Boje halt und sahen einen einsamen Fisch den Bewuchs abknabbern. Ein anderes Mal, wir hatten gerade mit der Angel zu tun, schwamm ein ganzer Schwarm schöner bunter Fische im Kielwasser. Aber sonst waren da nur noch die armen Kameraden mit Appetit auf Angelköder, denen die Flucht dann doch nicht mehr gelungen war.

Hin und wieder sahen wir auch weit entfernt von jedem Land Vögel um die Samai fliegen. Und das mit dem weiten Weg zum nächsten festen Boden war auch Ihnen nicht entgangen. Einer verbrachte tatsächlich die ganze Nacht auf der ersten Saling an Backbord. Weder das Schaukeln noch Geklapper mit dem Bootshaken konnten ihn vertreiben. In aller Seelenruhe machte er sein Nickerchen und verabschiedete sich erst im Morgengrauen. Natürlich nicht ohne „Gastgeschenke“ hinterlassen zu haben. Den Morgen verbrachte der Skipper jedenfalls damit Deck, Lazybag und Sprayhood von Vogelsch…. zu befreien. Was für ein schöner Tagesbeginn.

Da war der zweite gefiederte Übernachtungsgast etwas rücksichtsvoller. In dieser Nacht waren wir gut unter Segeln unterwegs, so dass als Zuflucht unser Solarpanel gewählt wurde. An der Kante festgekrallt und hinter das etwas höher gehende Bimini so halbwegs in den Windschatten geduckt, war auch dieser Vogel von einer nahezu störrischen Ruhe beseelt. Fast hätte man ihn da streicheln können! Wir versuchten aber doch eher ihm mit dem Boothaken einen kleinen Schubser zu geben. Dann flog er auch tatsächlich 1-2 Runden ums Boot… und landete wieder auf dem Solarpanel. Wenigstens hinterließ er keine Erinnerungsstücke.

Dann entdeckte La Skipper einmal so eine Art rosa Ballon am Boot vorbeitreiben. Der sah etwas wie eine Muschel aus, die versuchte den Wind einzufangen. Unsere beste Vermutung (aus dem Buch „Gefährliche Meerestiere erkennen“) ist die Sichtung einer „Portugiesischen Galeere“, mithin die gefährlichste sog. Staatsqualle. Ihre Tentakel können bis zu 30m lang werden und haben ein starkes Gift in Ihren Nesselkapseln. Diese netten kleinen Zeitgenossen schwammen danach noch einige Male an und vorbei und bestätigten uns in der Entscheidung, auf dem offenen Atlantik selbst bei ruhigem Wetter dann doch lieber auf einen „Badestopp“ verzichtet zu haben.

Portugiesische Galeere?!

Den Abschluss bildete direkt vor der Brasilianischen Küste der Besuch eines, im Vergleich mit bisherigen Sichtungen, außergewöhnlich großen Delfins mit kleinem Begleiter. Anscheinend ein Mama mit Kind, was natürlich besonders bei Maila für entzückte Blicke sorgte.

Dann waren wir auch schon im Rio Paraíba. Nach Wochen in der Umgebung von blauem Wasser und davor auch nur gelb-rot-braunem Land strahlte uns nun das satte Grün der Palmen und Mangrovenwäldern am Ufer an. Was für ein Kontrast. Ja, wir waren nun auch an Land in den Tropen.