Vlissingen (2) – MuZEEum & Oranjemolen

Rückblick… 5. August 2022

Vlissingen wurde vor etwa 850 Jahren erstmals erwähnt und besitzt seit über 700 Jahren Stadtrechte. In seiner langen, wechselhafte Geschichte immer wieder im Zentrum maritimer und marine militärischer Ereignisse gibt es viel zu erzählen und zu erfahren. Insbesondere im MuZEEum gleich neben dem Hafen wird die Geschichte der maritimen Gegenwart und Vergangenheit Seelands anschaulich präsentiert.

Der Rundgang beginnt in den Kellergewölben, wo see-archäologische Fundstücke der bedeutenden Sammlung besonders stimmungsvoll präsentiert werden.

Der Skipper begeistert sich an den historischen Karten, während die Kinder die großen Schiffsmodelle inspizieren.

Eine Etage höher ist den Lotsen ein eigener Bereich gewidmet. Bei den veränderlichen Tiefen der Zufahrten war Ortskenntnis früher überlebenswichtig. Und auch wenn wir Freizeitskipper dank geringem Tiefgang und guter Karten problemlos alleine klar kommen (sollten), besteht für die großen Pötte weiterhin Lotsenpflicht. Immer wieder brausen die kleinen schnellen Schiffe aus dem Becken direkt neben der Marina, um sicher den Weg zu weisen.

Das MuZEEum selbst ist Teil der Ausstellung

Eine schillernde Gestalt von Vlissingens Geschichte ist der Namensgeben unserer Marina: Michiel de Ruijter. Geboren als ein Kind von den vielen eines armen Brauknechts arbeitet er sich vom Schiffsjungen hoch. Mit 15 Jahren schon Matrose tritt er bald der Armee bei, gerät in spanische Kriegsgefangenschaft, kommt mit 26 Jahren an Bord eines Walfängers und erhält schon 4 Jahre später sein erstes Kommando über ein kleines Kriegsschiff. In kurzen Zeiten des Friedens erwirbt de Ruijter als Handelsschiffkapitän und Kaufmann ein beträchtliches Vermögen. Mit 45 Jahren beginnt seine eigentliche militärische Karriere, die ihn zum Admiral, in den Niederlande verehrten Seehelden und inzwischen Pflichtthema in der Schule macht. Im ist eine ganze Etage mit mehreren Räumen toller Ausstellungsstücke gewidmet.

Weitere Treppenstufen führen nach oben, vorbei an Ausstellungsstücken über den maritimen Alltag, durch das einsehbare Magazin des MuZEEum bis hinauf auf das Dach des Hauses. Hier bietet sich ein toller Ausblick über Vlissingen und die Mündung der Wetserschelde.

In den Nebengebäuden wird die Geschichte bis ins 20. Jahrhundert weiter geführt. Allerdings wirkt dieser Teil nicht so stimmig. Trotzdem ein tolles Museum, dass zurzeit jedoch für Umbauarbeiten geschlossen ist. Wiedereröffnung erfolgt im Sommer 2023. In der Zwischenzeit muss man sich mit dem sehr guten, online verfügbaren Audioguide begnügen.

Vielleicht sind dann ja auch die bei unserem Besuch geschlossenen Kasematten wieder für Besucher geöffnet. Wir müssen uns mit dem Blick von außen begnügen und finden an exponierter Stelle ein großes Standbild. Natürlich zeigt es einen gewissen Herrn Michiel de Ruijter.

Het Arsenaal & De Bruid (auch Het Vissersvrouwtje)

Der Blick wandert am Ufer entlang zu der heute ebenfalls zum MuZEEum gehörenden Oranjemolen. Wie ein lebendig gewordenes Klischee drehen sich die Blätter der letzten Stadtmühle Vlissingens aus dem späten 17 Jahrhundert hier im Wind. Beim Näherkommen spürt man den Schwung und die Kraft fast körperlich. Auf dem Segelboot wäre Zeit zu Reffen. Das sehen die Kollegen der Mühle ähnlich. Erstaunt schauen wir zu, wie in Handarbeit an langen Seilen gezogen das Flügelrad gebremst, die (ich nenne es mal Segel-) Fläche der Blätter verkleinert und schließlich noch an großen Rädern gedreht die ganze Haube neu ausgerichtet wird. Faszinierend!

Auch in der Mühle gibt es viel zu sehen. Samuel und ich steigen bis ganz nach oben und verstehen die Funktionsweise der Bremse wie auch des „Getreideaufzugs“. Darunter wird gemahlen. Mit der Kraft des Windes und versuchsweise auch mal mit eigener Muskelkraft. Wirklich toll, so etwas gefühlt gewöhnliches wie eine (natürlich typische niederländische) Windmühle in allen Details bewundern zu können.

Nur ein paar Schritte weiter holt uns dann die neuere Geschichte ein. Stichwort: Atlantikwall. Überall findet sich an der europäischen Küste Überreste dieses als Verteidigungslinie gedachten Irrsinns. Auch in Vlissingen steht mit dem Deutschen Beobachtungsbunker 143, heutiges Bunkermuseum Vlissingen, noch eine der 8.119 gebauten Festungsanlagen. Der Besuch ist in mehrfacher Hinsicht bedrückend.

Danach wird es für uns Zeit zur Samai zurück zu gehen. Morgen früh fahren wir weiter. Da es im draußen Kanal gegenan wehen soll, haben wir uns für die innere Staande Mastroute entschieden. Manch einer mag da nur Fragezeichen im Kopf haben. Doch die können wir sicher noch vertreiben…

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