Über Weltumseglungen gibt es viel zu Lesen. Zwei Dinge haben sich bei mir eingeprägt:
- Warte nicht, bis du perfekt vorbereitet bist sondern setz Dir ein Datum und fahr los… ansonsten wird das nichts. Daran haben wir uns gehalten und dementsprechend mit einer zwar kurzen, aber doch vorhandenen Liste abzuarbeitender Punkte die Leinen los geworfen.
- Eine Weltumseglung bedeutet, an den schönsten Orten der Welt improvisieren und reparieren. Sicherlich geht es schlimmer, aber auch das können wir im Grundsatz bestätigen. Also abgesehen davon, dass es nicht immer die schönsten Orte der Welt sind.
Dementsprechend haben wir vorsorglich recht viele Ersatzteile an Bord. Für den Motor liegen Bowdenzüge (Verbindung zwischen Motorhebel an Deck und Motor), mehrere Impeller (wichtig für die interne Kühlung), Keilriemen, Filter und sogar eine neue Lichtmaschine unter meinem Bett. Des Weiteren eine Wasserpumpe, natürlich Opferanoden, Dieselfilter und -pumpe für die Heizung, Wartungsset und Filter für den Wassermacher, sogar Schrauben für das Bugstrahlruder und so manch eine andere Kleinigkeit.
Eine Sache, die wir in letzter Minute dann doch nicht mitgenommen hatten, war ein Ersatzautopilot. Und nun dürft Ihr mal raten, welche größere Komponente an Bord als erstes den Geist aufgab: richtig, der Autopilot.

Es war mitten in der Nacht, als die Samai ohne erkennbaren Grund den Kurs änderte. Der Skipper stürmte ans Ruder. Es hakte, ließ sich aber mit etwas Gefühl und Ruckelei wieder mittig bringen. Zurück auf Kurs den Autopilot wieder eingeschaltet, doch der Kurs wurde partout nicht gehalten. Somit hatten wir keine andere Wahl, als ganz gefühlvoll (schließlich hakte es immer noch sporadisch) von Hand weiter zu steuern. In der nächsten Ankerbucht erbrachte dann die Fehleranalyse, dass sich zum Glück nichts im Ruder verfangen hatte, sondern es zum Pech tatsächlich am Autopiloten lag. Der sonst so leichtgängige Steuerarm hakte, ja blockierte teilweise ganz.
Ich weiß nicht, wie das bei anderen Booten ist. An Bord der Samai zeichnet sich der (technisch weitgehend vorgegebene) Einbauort des Autopiloten nicht gerade durch gute Erreichbarkeit aus. Und dazu ist das Ding echt schwer. Endlich ausgebaut, hatte ich dann mal ganz unverbindlich versucht, den schwarzen Kasten zu öffnen. Ein gutes Dutzend Schrauben raus, doch der Kasten hielt dicht.
Es war an der Zeit, eine E-Mail an den Hersteller Jefa in Dänemark zu schicken. Im Voraus liegenden Buenos Aires müsste es doch eine Möglichkeit geben, das Ding reparieren zu lassen?! Falsch gedacht. Es gibt weltweit genau ein Servicecenter von Jefa… daheim in Dänemark. Ich könne das Gerät gerne einschicken und erhalte es dann nach Durchsicht und Reparatur umgehen zurück. Das war jedoch keine echte Option für uns hier in Südamerika. Doch es wurden netter Weise ja auch noch eine Explosionszeichnung und andere Unterlagen mitgeschickt. Mit deren Hilfe (sowie unter Hinzunahme von Messer und Hammer!) bekam ich das Gerät dann tatsächlich auf und das Problem war recht schnell erkannt:

Natürlich gibt es dieses Teil als Ersatz zu kaufen… direkt bei Jefa. Natürlich schicken sie es gerne zu… nach Argentinien. Natürlich gibt es bezüglich „Post nach Argentinien“ praktisch nur negative Erfahrungsberichte und Warnungen… von horrendem Zoll bis hin zu Totalverlust. Aber wir hatten keine Wahl. Unter Segeln steuert der mechanische Windpilot solange es nicht zu böig ist zwar weitgehend zuverlässig, doch unter Maschine musste nun immer jemand am Steuer sein. Bei einer kleinen Familiencrew ist das auf Dauer nicht darstellbar.
Ich bestellte also das benötigte Teil gleich zweimal (sicher ist sicher ;-) und dazu noch einen Dichtungsring, nach dessen Zustand ich von Jefa gefragt wurde (die Frage alleine war Grund genug für die Bestellung). Und dann wurde die, das sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, sehr gute und schnelle Unterstützung aus Dänemark zu einem herausragenden Service. Auf meine Bitte hin wurden die Teile ohne spezielle Verpackung, Rechnung oder Lieferschein mit einem privaten Absender und extrem hilfreicher Zollinhaltserklärung als „gebrauchte Ersatzteile“ mit UPS Express auf den Weg zum per Email informierten Yacht Club Argentina in Buenos Aires geschickt.
Die Sendungsverfolgung ließ uns fast jubilieren. Das Paket war schneller als wir, passierte den Zoll anscheinend ohne Probleme und war zur Auslieferung eingeplant, als wir noch in Uruguay weilten. Dann die Ernüchterung: der Empfänger hatte die Annahme verweigert. Über eine Zufallsbekanntschaft erfuhren wir, dass der Vorstand des YCA von unserem Paket wisse, aber die Ablehnung auch nur damit erklären könne, dass da wohl etwas zu bezahlen gewesen sei.
Über den UPS-Service habe ich es dann geschafft das Paket in eine nahegelegene Pickup-Station umzuleiten und in der Bestätigungs-Email stand die mutmaßlich Erklärung für die Annahmeverweigerung: Tatsächlich müsse ich Zoll bezahlen… umgerechnet ganze 11€! Über die Rechnung von Jefa bewahre ich jetzt mal lieber Stillschweigen.
In Buenos Aires angekommen hatte ich mich gleich auf das Fahrrad geschwungen und das Paket abgeholt. Ausgerechnet in Argentinien haben wir damit eine unserer besseren Posterfahrungen gemacht.
Zu guter Letzt stand noch der Zusammen- und Einbau des Autopiloten auf dem Programm. Doch dieser ging, auch dank der guten fotografischen Dokumentation des Auseinanderbauens, recht problemlos von statten. Der Steuerarm war wieder leichtgängig, der schwere schwarze Kasten nach ein paar Verrenkungen auch wieder an Ort und Stelle angebracht sowie verkabelt und ein erster Testlauf im Hafen verlief vielversprechend. Abgesehen davon, dass der Ruderwinkel nicht angezeigt wurde. Und wie sollte ein Autopilot ohne Kenntnis des Ruderwinkels auch nur halbwegs auf Kurs bleiben? Ich war kurz verzweifelt, der Geber hatte doch die ganze Zeit funktioniert. Wo bekomme ich Ersatz her? Letztlich machte es sich mal wieder bezahlt, eine Nacht über ein Problem zu schlafen. Am nächsten Morgen ließ ich im System nochmal nach Geräten und Datenquellen suchen und da war der Ruderwinkel wieder.
Langer Rede kurzer Sinn: Der Autopilot funktioniert wieder und so ein kleines bisschen bin ich sogar stolz, das (natürlich mit dänischer Hilfe) selbst hinbekommen zu haben. Wieder ein weißer Fleck, eine unbekannte Stelle weniger an Bord der Samai.