23./24. Juli 2022
Der Süd(süd)westwind ist da. Großsegel hoch, Motor aus. Wir schaukeln gemütlich vor dem Wind Richtung Brest. Die Sonne strahlt vom blauen Himmel. Herrlich! Inzwischen haben wir auch schon die französische Seegrenze überquert. Höchste Zeit, die Gastlandsflagge der Azoren gegen die von Frankreich und der Bretagne zu tauschen.
Heute lässt sich nach sehr langer Zeit auch die Tierwelt mal wieder blicken. Sollte diese größere, langsam auftauchende Finne da hinten tatsächlich ein kleiner Wal sein? Wir werden es nicht erfahren. Eindeutig handelt es sich bei unserer Abendbegleitung jedoch um eine kleine Delfinschule. Immer wieder springen die süßen Meeressäuger aus den Wellen und platschen mit ihrem kleinen Schwanz auf das Wasser.


Schließlich meldet sich nach ebenfalls einer gefühlten Ewigkeit auch die Angel endlich mal wieder. Es ist schon 22 Uhr Bordzeit und recht dunkel. Das soll uns aber nicht davon abhalten, das morgige Abendessen einzuholen. Da haben wir die Rechnung allerdings ohne Angel und Fisch gemacht. Erst streikt die ohnehin schon seit einiger Zeit zickende Angelrolle. Samuels robuste Überredungsversuche zur Mitarbeit sorgen dafür, dass ich die Leine mit dem Fisch von Hand ans Heck hole. Derweil durchwühlt La Skipper die Weinkammer nach unserem neuen Kescher. Irgendwie dauert das alles eine Ewigkeit. Der Fisch ist längst am Heck und muss rausgeholt werden, sonst… ja sonst macht der ohne Zug an der Leine ein paar ruckartige Bewegungen hin und her und verschwindet wieder in den Tiefen des Ozean. Na dann gibt es morgen halt doch wieder Nudeln.

Nudeln gibt es auch heute. Aktueller Anlass ist eine Inspektion unseres Nudelschapps. Schon wieder müssen wir den Inhalt von vier Packungen zusammen mit ihren kleinen schwarzen Krabbelbewohnern ungegessen über Bord geben. Interessanterweise hat es auch zwei recht neue Makkaroni-Packungen aus Französisch-Guyana erwischt, die viel älteren Spaghetti aus Aruba sind aber in Ordnung. Spontan koche ich 1kg Fusilli als Basis für zwei Nudelsalate. Einmal mit Zwiebel, Gurke, Mischgemüse und Würstchen für die zarten Gaumen und einmal mit Bohnen, Mais, Chorizo und Chilli für die scharfen Jungs. Zum Abendessen reichen wir passend dazu Spaghetti. Wahlweise mit Thunfisch-Soße oder Pesto. Nudeln satt.


Den ganzen Tag segeln wir auf direktem Kurs Richtung Brest. Damit nähern wir uns auch immer mehr dem vielbefahrenen, vor uns kreuzenden Schiffs-Highway. Zeitweise sind darauf bis zu 30 AIS-Signale in unserer Reichweite. Und wir müssen da heute Nacht als kleiner, langsamer Segler einmal mitten durch. Viel Schlaf bekomme ich da nicht. Allerdings auch nicht wirklich viel zu tun. Manchmal sieht es auf dem Plotter zwar so aus, als wenn wir von einer Frachter-Gang gleich über den Haufen gefahren werden. Letztlich löst es sich aber doch immer in Wohlgefallen mit ausreichend Abstand auf. Nur der 180m-Frachter Aal Moon nimmt es entweder besonders sportlich oder übersieht bzw. ignoriert uns. Selbst 0,1sm lang passiert er unser Heck in den Morgenstunden in weniger als 0,4sm Abstand. Deutlich sehe ich seine Bugwelle und höre seine Motoren. Jetzt mal ehrlich… muss das sein? Na ist ja nichts passiert.


Kurz nach Sonnenaufgang steht auch La Skipper auf. Wir machen „heiße Koje“. Der Skipper kriecht mit seinen Eisfüßen (ja, es ist hier nachts echt kalt!) unter die noch warme Decke, dreht sich um und schnarcht weg. Morgen ist auch noch ein Tag.