Alltagsprobleme an Bord: Post (2)

Dritter Akt: Lissabon – das lange Warten

Wo waren nur die Adapter für die Gasflaschen? Und der Umfüllschlauch? Und die Speicherkarten? Das und noch ein paar andere Dinge waren doch alle schon hier? Und wie war das mit dem Nudelholz? Nun gut, Amazon liefert auch ins Ausland und den Expresszuschlag war es uns wert. Dieses Mal sollte es aber an den Hafen gehen… genauer gesagt die Marina Alcantara in Lissabon. Die Adresse ist kompakt: Doca de Alcântara plus Postleitzahl. Aber uns wurde telefonisch versichert, dass das korrekt sei. So nahm das Unheil seinen Lauf.

Es begann damit, dass die Bestellung in zwei Teillieferungen mit unterschiedlichen Transportdienstleistern verschickt wurde. Die erste Lieferung war auch schon kurz nach unserer Ankunft „in Zustellung“. Abends hieß es dann jedoch, dass die Adresse nicht auffindbar und somit falsch sei. Ich müsse etwas tun. Der erste Weg führte zum Hafemeister, der mir bestätigte, dass die Adresse korrekt sei und Post für andere Boote damit durchaus ankomme. Wie auch immer, wenn der zur DPD-Gruppe gehörende Dienstleister nicht in der Lage ist, den meines Wissens zweitgrößten Yachthafen Lissabons zu finden, dann ist das auch kein Problem… sollen sie es halt an einen Paketshop in der Nähe bringen und ich hole das mir dort ab. Das konnte ich sogar direkt auf der Webseite erledigen und kurz danach war das erste Päckchen an Bord.

Das zweite Paket wurde erst ganze fünf Tage nach Bestellung überhaupt versendet… das nenne ich mal „Express“. Egal, Hauptsache es kommt an. Die GLS-Gruppe durfte zeigen, dass sie es besser können als die Konkurrenz. Konnten sie aber nicht. Nach zwei Tagen „in Zustellung“ und „konnte nicht zugestellt werden“ rief ich Amazon an. Leider keine Hilfe. Die nette Dame habe ein Formular ausgefüllt, in den nächsten Tagen sollte sich der Dienstleister bei mir melden. Tat er aber nicht. Und die Sendungsverfolgung auf dessen Webseite funktionierte auch nicht. Über die von Amazon erhaltene spanische Hotline hatte ich dann irgendwann den portugiesischen Telefonservice am Handy. Desculpe, fala inglês? Zum Glück ja! Und dieses Glück kannte kaum Grenzen, als ich dann das reichlich ramponierte aber augenscheinlich noch leidlich verschlossene zweite Paket im Shop abholen konnte… ganze elf Tage nach Express-Bestellung.

Vierter Akt: Lanzarote – das große Finale

Insgesamt vier Pakete sollten uns hier erreichen. Und das ausgerechnet auf den Kanaren. Über den hiesigen Zoll gibt es wahre Horrorgeschichten. Manch ein Ausrüster liefert nur mit Warnung oder auch gar nicht mehr auf die Inseln. Ein erster Kontakt mit Erhard, dem TO-Stützpunktleiter auf Lanzarote, machte dagegen wieder etwas Mut. So schlimm sei das gar nicht, bei ihm habe das bisher immer geklappt, wenn man die wichtigste Grundregel beachtet: das Paket muss augenscheinlich rein privat sein! Mit anderen Worten nur direkt an Erhard schicken (ohne „SY Samai c/o“ oder ähnlichem), keine offensichtlichen Lieferscheine oder Firmenadressen als Absender, und selbst die Aufschrift „Regalo“ (span. für Geschenk) und ein paar nette Aufkleber können nicht schaden. So gebrieft haben die Mutter von La Skipper und die Eltern des Skippers insgesamt drei Pakete zur Post gebracht, und auch Lunatronic hat versprochen, unsere neue WLAN-Antenne nebst Router mit dieser Camouflage auf den Weg zu bringen.

Direkt nach der Ankunft auf den Kanaren siegte die Neugier. Schauen wir doch mal in die Sendungsverfolgung für das erste, sage und schreibe gut 10kg schwere Paket mit diverser Bootsaustattung: Zugestellt am Mi, 28.08.2019 11:23 Uhr!!! Auch die zwei anderen, großelterlichen Päckchen kamen problemdurch durch. Also machten sich die Jungs auf einen kleinen Spaziergang durch Playa Blanca zum TO-Stützpunk, wo wir herzlichst begrüßt wurden und nach eine kurzen Plausch dann sogar noch zum Boot zurück gefahren wurden!

Nun fehlte nur noch die etwas später abgeschickte Lieferung von Lunatronic, die im Gegensatz zu den anderen Paketen anscheinend nicht ohne offizielle Zollinhaltserklärung auf den Weg gebracht werden konnte. Immerhin war sie nach inzwischen gewohnter Laufzeit auf den Kanaren und am 10. September war es soweit. Die Sendungsverfolgung zeigte am Vortag das bekannte zweite „Classificado“ und allen Unkenrufen zum Trotz kam auch dieses Paket problemlos an. Es wurde von Erhard dann sogar noch zu uns an Bord gebracht. Noch einmal ganz vielen lieben Dank für Deine Unterstützung!!!

Epilog: das war es dann erstmal mit Post für die Samai

Demnächst sind wir aus Europa raus. In Sachen „Post“ nicht gerade eine Erleichterung. Wenn man dann noch von den horrenden Zöllen in Brasilien und Argentinien liest, kann man es eigentlich nur noch bleiben lassen. Chile soll etwas besser sein. Gute Nachrichten für die Kinder… vielleicht gibt es ja doch verspätete Weihnachtsgeschenke aus der Heimat?! Aber ansonsten muss es das jetzt gewesen sein. Was nicht an Bord ist wird entweder vor Ort besorgt oder ist halt nicht an Bord. Das hat in früheren Zeiten ja auch irgendwie funktioniert.

Lissabon (3) – Belém

Die Einfahrt nach Lissabon wird uns in lebhafter Erinnerung bleiben. An der Küste noch mangels Wind gemotort, hatten wir erst am Kap wieder ausreichend achterlichen Wind, um die Fock rauszuholen. Für das Groß war ich in dem Moment zugegebenermaßen zu faul, hatte eben dieses1 aber auch nicht bereut, als uns kurze Zeit später aus dem Nichts Böen mit bis zu 38kn (also guten 8 Windstärken) beglückten. Dazu noch ein kräftiger Ebbstrom des Tejo, die letzten Meilen hatten sich echt gezogen. Doch bei maximal 3kn Fahrt über Grund hatten wir wenigstens genügend Zeit, eine über den ganzen Fluss reichende Rauchwolke ebenso zu bestaunen, wie uns die passierten Sehenswürdigkeiten in Belém vom Wasser aus anzuschauen. Andere müssen dafür extra eine Bootstour oder auch Sightseeing im Amphibien-Bus(!) buchen.

Rauch über dem Tejo

Auch wir waren einige Tage später als klassische Touristen in Belém. Die Kinder verfolgten am Torre Krebse…

… auf die kleine Plattform des Padrão dos Descobrimentos (Denkmal der Entdeckungen mit Heinrich dem Seeefahrer) brachte uns glücklicher Weise ein Fahrstuhl…

… und dazu war auch noch Markt, auf dem unser Nachwuchs – wenig überraschend – fündig wurde. Und natürlich gab es wieder abschreckend lange Menschenschlagen bei von uns dann wieder einmal nur von außen betrachteten Attraktionen. Aber mal ehrlich, selbst wenn eine Patisserie in fast allen Reiseführern für Ihre ganz besonderen Pastéis gelobt wird… so gut kann dieses kleine, überteuert Leckerli nicht sein, dass wir uns an eine bestimmt 50m vor das Geschäft reichende Schlange anstellen.

Und dann begab es sich auch noch, dass wir in der Straßenbahn von Belem zum Hafen dieselben deutschen Touristen wie am Vorabend in der U-Bahn trafen. Da waren sie noch zu Winken zu „Mein Schiff 3“ gefahren, jetzt hatten sie eine Patisserie-Tüte in der Hand. So langsam wurde es echt Zeit, hier weg zu kommen.

Gruß von Maila aus Lissabon

In Lissabon sind Papa und Franz zur Post gegangen, weil wir keinen Briefkasten gefunden haben. Als sie an der Post ankamen, hat Franz die Postkarte abgegeben, die an meine Klasse war.

Ich habe besonders toll gefunden, dass wir mit der Straßenbahn gefahren sind. Wir konnten leider erst sehr spät mit der Straßenbahn fahren, weil die immer brechend voll waren. In Lissabon sind ganz schön kleine und alte, aber auch große und neue Straßenbahnen unterwegs. Wir sind einmal mit der alten Straßenbahn zurück zum Boot gefahren. Am Ende war eine lange Straße, die lange geradeaus ging und da haben wir richtig Gas gegeben und wir waren schneller als ein paar Autos. Am nächsten Tag sind wir mit einer neuen Straßenbahn gefahren, die größer war aber brechend voll. Ich habe kaum gemerkt, dass wir in einer Straßenbahn waren, weil es hat sich angefühlt wie in einen Bus. Trotzdem hat es Spaß gemacht.

Natürlich machen wir auf der Weltreise auch regelmäßig Unterricht. Wir haben in Lissabon mit Kunst weitergemacht. Ich habe eine sehr große Brücke abgemalt… natürlich in bunt!

Maila

Lissabon (2) – Ausflug mit ehrlichen Touristen

In einer Stadt wie Lissabon kann man natürlich seine Zeit nicht ausschließlich an Bord verbringen, und sei der Hafen auch noch so schön. So begab es sich also, dass die Crew der Samai gesammelt aufbrach um mal so richtig die Touristen raushängen zu lassen: Sightseeing. Doch vor das Vergnügen stellte die Unwissenheit der infrastrukturellen Möglichkeiten erst einmal einen langen Marsch ins Stadtzentrum. Leidlich informiert wanderte die tapfere Truppe weiter in die ebenso verwinkelten wie steilen Gassen von Alfama. Ja natürlich wollten auch wir die berühmte historische Straßenbahn 28E nehmen. Alleine kamen wir zweimal nicht mehr in den völlig überfüllten Wagen und der dritte fuhr dann gleich durch.

Also weiter zu Fuß. Die Kathedrale „Sé de Lisboa“ wurde besucht, die Kinder waren im inzwischen bekannten aber bei weitem noch nicht ausgereiften Souvenir-Shopping-Wahn (mal sehen, wie lange das Geld der Großeltern bei diesem Durchsatz reicht ;-), der Blick ging von Aussichtspunkten über die Stadt, der Schweiß spiegelte sich im gleißenden Sonnenschein, es gab Eis und die Straßen waren voll. Aber ebenso wenig, wie man sich über einen Stau beklagen sollte, den man alleine durch seine Anwesenheit ja faktisch mit verursacht, rege man sich auch nicht über Touristenmassen auf, deren Teil man hier nun mal ist… ob gewünscht oder nicht.

Unser Ziel war das Castelo de São Jorge, welches hoch über der Stadt thronend auch für die Kinder lohnend zu sein versprach. In der Tat war es sehr schön und interessant. Und dann wollte der Skipper ein Foto der Aussicht machen. Mit seinem Fotoapparat, einer Nikon-Spiegelreflex! Immer trägt er sie bei sich, den Tragegurt mehrfach um das Handgelenk gewickelt. Ja natürlich beschleicht ihn hin und wieder der Gedanke, dass es echt blöd wäre, die Kamera zu verlieren. Man müsse auch unbedingt mal wieder die Bilder auf Festplatte wegsichern. So ein Bild, wie es jetzt eigentlich gemacht werden sollte. Alleine die Kamera war nicht mehr da! Das Handgelenk ebenso unbelastet wie der Rucksack dämmerte die Erkenntnis, dass das gute Stück abhandengekommen ist. Sofort schwärmte die ganze Crew aus. Einige Minuten vorher hatten wir an einem Steintisch eine kleine Trinkpause eingelegt. Jeder Zentimeter bis zu diesem Platz wurde abgesucht, selbst die Mülleimer gesichtet… ohne Erfolg. Etwas Mut machte dann ein kurzes Gespräch mit einem der Sicherheitsleute vor Ort. Er habe nichts gesehen, aber da kam was über Funk. Ich solle mal den kräftig gebauten Chef fragen. Diesen fand ich am Eingang und dann geschah das Unglaubliche: er holte meine Kamera aus dem kleinen Eingangshäuschen heraus. Ein Tourist habe sie auf einem Tisch liegen sehen und beim Personal abgegeben. Was für ein Riesenglück!!!

Die restliche Crew hatte sich die Zeit im Café mit Getränken, Erdbeeren und pfauenähnlichen Vögeln vertrieben. Diese kletterten auf den Bäumen und stolzierten ungezwungen umher. Zwar fehlte das bunte männliche Federkleid, aber sonst passte das. Mal abgesehen davon, dass wir selbst auf der Berliner Pfaueninsel noch nie einen dieser Vögel auf einem großen Sonnenschirm umherwandern sahen. Und hier saßen sogar noch Menschen (ok… Touristen ;-) unter dem Schirm.

Schließlich liefen wir den Berg wieder hinunter in Richtung Endhaltestelle der legendären 28E. Hier wollten wir unser Glück versuchen, doch noch eine Stadtrundfahrt damit zu machen, aber diese Idee hatten ganz offensichtlich auch schon andere vor uns. Wir haben letztlich freudig darauf verzichtet, uns in die Warteschlage einzureihen.

Das ist doch nicht Euer Ernst?!?

Stattdessen haben wir noch mit der U-Bahn dem Colombo Shopping Center, dem größten Einkaufszentrum der Iberischen Halbinsel, einen Besuch abgestattet. Der Skipper machte sich nach dem Wasserschaden seines iPhone ein vorgezogenes (wasserdichtes!) Geburtstagsgeschenk bei Samsung, die Kinder wurden großvolumig Playmobil-fündig, es gab ein kleines Keyboard für den Musikunterricht, dazu noch ein paar andere Punkte der Einkaufsliste und der allgemeine Hunger wurde wenig landestypisch bei Burger King gestillt.

Nur ein ganz klein wenig erschöpft!

Auf dem Heimweg zum Boot wurde dann schließlich doch noch ein sehnlicher Wunsch der Tochter erfüllt. Irgendwo in den inzwischen dunklen Straßen, bedroht von einem weiteren langen Marsch zur geliebten Marina, tauchte eine der alten Straßenbahnen auf. Nein, es war nicht die 28E, aber sie fuhr in die richtige Richtung. Schnell reingestürmt kamen wir somit doch noch in den Genuss einer Fahrt, dazu in einem nicht überfüllten Wagen, der uns schließlich wohlbehalten an der vom Einkauf bereits bekannten Brücke entließ, über die wir kurz zuvor noch den Bollerwagen gezerrt hatten. Erschöpft aber glücklich klang der Tag an Bord aus… begleitet von einem Schluck Wein, Playmobil und dem sonstigen, bereits bekannten nächtlichen Hintergrundrauschen.

Lissabon (1) – Einkaufen nicht barrierefrei

Wir genossen den Hafen, sowie das wankelmütige Internet an Deck natürlich in vollen Zügen. Während wir mit der Post uneins waren, unsere Wäsche mit „White Magic“ wuschen (waren dann so 10 Trommeln, alles wurde per Hand an die Reling und andere auffindbare Leinen gehängt, bis uns die Klammern ausgingen) und natürlich viele aus Sicht der Kinder unsinnige Schulaufgaben bei gefühlten 30 Grad machen mussten, hatten wir natürlich auch Hunger. Die in Hafennähe erreichbaren „Night Bars“ waren jetzt keine Option, also mussten wir kochen. Mein Mann wird wieder schmunzeln, es ist doch das gemeinschaftliche bzw. medizinische „wir“ gemeint. Also Micha musste kochen. Zum Glück kocht er gern und manchmal essen wir es auch – er hat sich schon gut an unsere (der weibliche Part) Chili-sensiblen Geschmacksnerven angepasst und es schmeckt mittlerweile auch für uns. Wobei der Geschmack nicht das Problem ist, sondern die Schärfe. Aber das Chili wird dann auf den Tisch gestellt und jeder kann nachwürzen. Samuel eifert dem Papa in Sachen „abgestorbene Geschmacksnerven“ nach und würzt auch gern großzügig und viel nach. Also während die Mädels an Board bereits Feuer speien, pallabern die Herren über die nur milde Würze in dem Gericht.

Schlussendlich, wir müssen dann mal einkaufen gehen. Der Bequemlichkeit eines Autos entflohen, nahmen wir unseren orangenen Bollerwagen und zogen bei Sonne und heißen Temperaturen los, etwas Essbares zu finden. Via Handy wurde ein Lidl ausfindig gemacht und die Eltern wollten sich erstmal umschauen, während der Nachwuchs in den Genuss einer unbegrenzten Strommenge und damit der Benutzung von iPad & Co ohne Einschränkung kam. Der Hinweg war kein Problem. Zuerst ging es eine Unterführung hinunter, die gleichzeitig zu Eisenbahngleisen führte. Wir sind ja aus Berlin einiges gewohnt und fühlten uns auch gleich zu Hause. Der Geruch war sehr ähnlich, die Wände nur deutlich bunter und die Bilder gar nicht so schlecht. Die Obdachlosen hatten sich allerdings nicht nur mit einem Einkaufswagen voll mit Hab und Gut bequem gemacht, sondern gleich eine ganze Ecke mit Couch und Sessel sowie Tischecke eingerichtet. Es blieb aber für uns keine Option. Also zuerst eine lange Treppe hinunter und nach dem quasi geraden Weg an der Wohnecke und dem Fahrkartenautomaten vorbei, ging es wieder eine Treppe rauf. Gut, der Bollerwagen wurde einfach getragen. Zurück, mit dem vollen Wagen, wird sich schon ein anderer Weg finden, dachte ich. Wir sind ja in Lissabon und Micha hängt ja eh immer am Handy-Routenfinder… das wird schon.

Frohgemut kauften wir neben Lebensmitteln auch diverse alkoholfreie und natürlich nur wenige alkoholhaltige Getränke ein. Lustig war, dass es gar keine großen Einkaufswagen, sondern nur kleine Einkaufskörbe gab. Aber wir haben ja unseren Bollerwagen. Also alles rein und noch hoch gestapelt. Im angenehm kühlen Lidl war das auch kein Problem, aber als wir dann draußen waren, war zu mindestens ich in der Wirklichkeit angekommen. Es war heiß, ging über einen schlechten Fußweg bergab und die Steuerbarkeit des Wagens war leerer besser als voll. Oh weh, und das Fleisch!!! Micha fand einen Weg, der nicht durch die Unterführung führte. Aber das war’s auch schon. Die meiste Zeit war er mit dem Wagen auf der Straße, da die Fußwege im Grunde nur so breit waren, dass man schon ohne Wagen kaum nebeneinander gehen konnten. Und die Pflastersteine waren recht uneben. Und es ging eng an Häuserwänden vorbei. Wenn einem Leute entgegenkamen, musste einer von beiden auf die Straße ausweichen. Toll. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie das als Rollstuhlfahrer funktionieren soll. Ständig nur hohe Bordsteinkanten, unebene und unglaublich enge Fußwege (wobei sie den Namen nicht verdienen).

Dann sahen wir endlich den Hafen. Uns trennten nur noch eine S-Bahn- und eine Straßenbahn-Trasse. Kein Problem, es führte ja eine Straße hinüber und ein Fußweg. Ach, die Stufen zur Brücke… das kann doch nicht alles sein. Da muss es einen Fahrstuhl geben. Wie sollen denn die mit Gehhilfen oder Rollstuhl oder Kinderwagen da rüber oder allein zum Bahnsteig kommen. Die schlichte Antwort: Gar nicht!!! Schlussendlich schleppten und zerrten wir den Bollerwagen die Treppen rauf und dann wieder runter. Am Rand waren wenigstens Schienen für ein Fahrrad. Also kamen wir nach einer gewissen Zeit, schweißgebadet auf der Hafenseite an. Zur großen Freude von Micha erklärte ich ihm, dass wir bevor wir zu den Kanaren (immerhin 4-5 Tage) aufbrechen, noch einmal einkaufen müssen, da bestimmt die Hälfte noch fehle. Ich erntete Begeisterungsstürme. Man darf nicht vergessen, es müssen ja 4 Leute durchgefüttert werden.

Einige Tage später war es dann soweit. Wir nahmen diesmal die Kinder als Schlepphilfe mit. Kinderarbeit klappt an Bord ja eigentlich ganz gut, vor allem beim Anlegen mit ungünstigem Wind, also warum nicht auch zum Einkaufen. Immerhin essen sie ja auch mit. Ehrlich habe ich da natürlich auf Samuel und nicht ganz so doll auf Maila gebaut. Also, es war wieder gefühlt 30 Grad und Sonne, los. Hin zu ging es durch die bekannte Unterführung. Kein Problem. Einkaufen ging auch noch. Zusätzlich hatten wir blaue Ikea-Taschen (ich liebe!!!! Ikea-Taschen), um z.B. die Müsli (Micha meint, dass wäre ja wohl kein Müsli… also Choco Crossis) rein zu tun. Sollte ja nicht so schwer sein. Der Lidl wurde weitgehend leer gekauft, die Kinder rannten dabei ca. 50x durch den Laden, und so war die Crew bereits fix und fertig, nachdem wir bezahlt und alles eingepackt hatten.

Dann raus in die Hitzewand. Micha schulterte den Seesack und zerrte am Wagen, Maila hielt erst das Toilettenpapier, legte es dann aber auf den Wagen (verhinderte immerhin das Herunterfallen), Samuel trug tapfer, die Tasche mit den 15 „Müsli“ Packungen, deren Riemen ihm zunehmend ins Fleisch schnitten und ich trug auch eine Ikea Tasche mit zu viel drin. Also alles entspannt. Wir dachten, wir kriegen den Wagen schon durch die Unterführung, da wir dort Fahrrinnen am Rand gesehen hatten. Also kein Problem. Hinunter haben wir es unter der Beobachtung von mehreren Obdachlosen, die dann doch zur Seite gingen geschafft, den Wagen hinunter zu bekommen. Also halb zog es uns und halb sanken wir hinab. Rauf war dabei deutlich schwieriger. Wir führen zwar den linken Reifen in die Fahrradführung ein, aber er war zu hoch und hing fest. Ich in meiner unkonventionellen Art, fluchte laut das Wort mit Sch…. Da hörte uns ein junger Mann aus Deutschland und fragte uns, ob alles ok sei. Wir haben gleich die Chance ergriffen und gefragt, ob er mit anpacken könnte. Er wirkte etwas überrumpelt, aber half super mit. Dann sah uns noch jemand anderes (ich vermute ein Portugiese) und auch er packte mit an. Und im nu waren wir oben. Nochmal vielen lieben Dank an die unbekannten Helfer. Ob das jemand in Berlin gemacht hätte?!

Zum Schluss konnten wir alle nicht mehr und entkamen nur knapp einem Sonnenstich. Wir murmelten etwas von nie wieder, aber wussten, dass das erst der Anfang von langen Einkaufswegen war. Aber vielleicht wird es ja auch mal wieder kühler.

Eure La Skipper

P.S. Nachtrag vom Skipper. Bei der „Perle“ Lissabon wurde versäumt, auf die besondere Ästhetik des Sanitärbereiches einzugehen… das wurde nun wie folgt ergänzt:

„Abhängig von Schweißproduktion und (In-)Kontinenz, führt der Weg früher oder später zum Sanitärbereich eines Hafens. Im Herrenbereich der hiesigen Wellnessoase finden sich dann auch je zwei Toiletten und Pissoirs sowie vier Duschkabinen. Wohlgemerkt für eine Marina mit offiziell 370 Liegeplätzen! Da ist es gar nicht weiter schlimm, dass das Klopapier fehlt. Ein Blick auf die undefinierbaren Pfützen am Boden und den sonstigen Allgemeinzustand der Örtlichkeit lassen Mitleid mit den eigenen Stoffwechselendprodukten aufkommen. Man möchte seinem Urin einfach nicht zumuten, hier abgeschlagen zu werden. Dafür fällt die Wahl der Dusche ob des zur Verfügung gestellten Entscheidungskriteriums leicht: ich nehme die Kabine, bei der der Vorhang nur im unteren Viertel verschimmelt ist… bei den anderen reichen die ästhetischen Muster deutlich höher. Glücklich die Damen, welche auch eine Option ganz ohne Vorhang haben. Ob dort dann aber auch fünf(!) leere Flaschen Duschzeug und angefangene Seifen rumliegen? In der Tat fühlt man sich hier an viele Orte der Welt versetzt. Orte mit einem anderen Verständnis für Sauberkeit und Hygiene. Orte, für die der (zufällig auf meinen Geburtstag fallende) Welttoilettentag eingeführt wurde. Orte, die man oft noch nie gesehen hat und im Grunde auch gar nicht sehen möchte.“