Kurs Kontinent Tag 7 – Schnauze voll…

21./22. Juli 2022

… vom Motor! Da wird doch (ganz klassisch gesagt) der Hund in der Pfanne verrückt. Und wenn nicht der, dann doch wir. Genug ist genug. Segel hoch, Motor aus. Ruhe. Nur noch das Rauschen des Wassers. Natürlich liegt auch das Boot nun ruhiger. Eine Segen. Ok, der Kurs ist nicht gerade „lobet den Herrn“. Wir segeln direkt in die Biskaya rein. Mehr oder weniger auf Kurs La Rochelle. Ich schalte einfach den Plotter auf Standby. Dann müssen wir das nicht ständig sehen. Immerhin machen wir auch auf auf diesem Kurs noch Meilen Richtung Brest gut. Und wir segeln. Falls ich das noch nicht erwähnte. Im Laufe des Tages wird es sogar richtig schönes Segeln. Die Wolken verziehen sich. Sonne an blauem Himmel. Eine leichte Brise um die 4 Bft. und nur 1-2m Welle. Ja, richtig schönes Segeln. Solange der Plotter auf Standby steht. Egal. Wir segeln.

Ansonsten machen wir den lieben langen Tag auch nicht allzu viel mehr. Der Skipper kümmert sich immerhin um ein paar Schrauben, deren Ruf nach Aufmerksamkeit er lange ignorierte. Nun geht im Fußraum der Achterkabine die Klappe zum Heckbereich wieder richtig zu und das leichte Aroma nach Dieselkanistern bleibt draußen. Außerdem haken die drei Schapps im Bad in unterschiedlicher Intensität. Da aber nun das meist benutzte Schapp nicht unbedingt dasjenige sein muss, das am schlechtesten schließt (und damit auch gerne mal unkontrolliert runterknallt), tausche ich rasch zwei Haken. Alles in allem nur sechs Schrauben und eine Sache von 5 Minuten, die mir schon länger im Kopf umherschwirrten. Segeln macht manchmal träge.

Das gilt im Grunde für die ganze Familie. Auch heute wieder nur üblicher Bordalltag. Ein Mix aus Schule, Segelmodus, Abwasch, Konsum von Unterhaltungselektronik und natürlich der Zubereitung des Abendessens. Es gibt Kartoffeln mit Senfeiern. Theoretisch. Leider haben wir kaum noch Senf an Bord. Also echt mal. Noch etwa 30 Dosensuppen, aber keine Tube Senf mehr. Für den fehlenden Geschmack in der ansonsten mehr oder weniger klassischen Mehlschwitze sorgen neben der Senfreste nun also Reste von Pesto und süßem Gurken-Relish. Ist beides grün. Kochen nach Farben.* Dann noch Eier rein. Fertig. Klingt abenteuerlich, schmeckt aber richtig gut. Als Beilage wird noch eine Zwiebel-Paprika-Pfanne gereicht. Natürlich mit grünen Paprika.

Lange keinen Sonnenuntergang gesehen…
… darum heute doppelt! ;-)

Die Nacht ist wieder einmal ach so richtig ereignislos. Wie schon am Tag gehen alle anderen AIS-Signale in sicherer Entfernung vorbei. Nur einmal, kurz nach eins, erspähe ich bei meinem regelmäßigen Rundumblick eine langgezogene, dunkle Wolkenfront genau in der Richtung, aus der auch der Wind kommt. Letztlich geht sie knapp hinter uns durch, hätte aber wohl ohnehin keine Bedingungen mit sich gebracht, die ein Eingreifen erfordert.

So segeln wir weiter in den Sonnenaufgang. Nicht so schnell wie in den ersten Tagen, aber schneller als unter Motor gegen den Wind. Laut Vorhersage (von gestern) sollte das auch noch ein paar Stunden so weitergehen können. Es sei denn, das Hochdruckgebiet verspätet sich weiter. Doch wenn es mal da ist, wird in dessen Zentrum dann zur Abwechslung mal der Wind von uns die Schnauze voll haben. Fair enough.

* Beim Stichwort „Kochen nach Farben“ fällt mir immer der selige Dirk Bach ein. Vor vielen Jahren, genauer gesagt im Februar 1996 war er Gast bei „alfredissimo!“.Der seit letztem Jahr ebenfalls selige Gastgeber Alfred Biolek, seines Zeichens unter vielem anderem auch Kochbuchautor, stand mit seinem prominenten Gast bei Smalltalk und Wein in der Küche. Eine äußerst erfolgreiche Sendung mit sage und schreibe 459 folgen, aber ehrlich gesagt nichts, was ich mir damals auch nur ansatzweise regelmäßig angesehen habe. Doch ich hatte das Glück, ausgerechnet in diese geniale Folge reinzuzappen.

Alfred Biolek hatte durchaus einen gewissen Anspruch an die kulinarischen Ergebnisse. Und dann kommt Dirk Bach in seinem typisch bunten Outfit mit dem Gericht „Chili con Carne mit Hackfleisch, mexikanischen Bohnen aus verschiedenen Konserven, Würzmischungen aus der Tüte und Fertigsaucen“. Schon früh greift Alfred zum Wein. Ein Höhepunkt ist der Moment, als Dirk sich mit den Worten „da muss noch gelb rein“ dem Schrank zuwendet, um nach einer Dose Mais zu suchen. Alfreds Gesichtszüge entgleiten, sein Blick geht ins Leere, das Glas zum Mund. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt hatte der Gastgeber die erste Flasche Wein fast im Alleingang geleert. Er tat mir schon irgendwie leid. Trotzdem war diese eine Episode meiner Meinung nach ein Glanzlicht deutscher Fernsehunterhaltung in den 90‘er Jahren. Kochen nach Farben! Eine Inspiration!!!