TO-Wochenende mit Medaille für die Samai

Cuxhaven, 18.-20. November 2022

Der 1968 gegründete „Trans Ocean“ Verein zur Förderung des Hochseesegelns e.V. (TO) hat sich die Unterstützung sportlichen Hochseesegelns auf die Fahne geschrieben. Ich wurde schon Mitglied als unser jetzt abgeschlossenes Vorhaben erst Gestalt annahm. Lange bevor wir unsere Samai bekamen. Ok, das mit dem „sportlich“ ist bei uns jetzt vielleicht nicht so ausgeprägt, aber „Hochsee“ hatten wir in den letzten Jahren durchaus zu bieten.

Für die Unterstützung werden vom TO unter anderem weltweit Stützpunkte unterhalten, deren Leiter auch für uns oft eine kompetente und hilfreiche Anlaufstelle in neuen Ländern und Häfen waren. Ein bisschen stolz sind wir dabei auf unsere ermunternde und vermittelnde Rolle bei der Einrichtung eines neuen Stützpunktes im kolumbianischen Cartagena.

Einmal im Jahr veranstaltet der Trans Ocean ein Wochenende in Cuxhaven. Und 2022 war die Samai nun erstmals persönlich vor Ort. Dafür bestand aber auch eine besondere Motivation, doch davon später mehr. Vor der Kür kommt die Pflicht.

„Alte Liebe“ in Cuxhaven
Abendstimmung…
… am Elb-Ufer von Cuxhaven

Freitag, 18. November 2022

Oder vielleicht doch noch eine kleine Aufwärmrunde. Schon Freitagabend entern TO-Mitglieder das „Oberdeck“ der Segelvereinigung Cuxhaven. Nein, kein Gedränge auf einem Vereinsflaggschiff, sondern ein Begrüßungsabend in einem netten Restaurant direkt am Hafen. Ein bisschen Gedränge gibt es trotzdem.

Hier ist es schon bald brechend voll!

Das Buffet ist ausgesprochen lecker, die Stimmung ausgelassen, anregende Gespräche mit bekannten und neuen Gesichtern. Und natürlich unglaubliche Zufälle. Mein Sitznachbar am Tisch kommt mir bekannt vor. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Tatsächlich lagen wir Anfang des Jahres in Bonaire an Nachbarmoorings. Besonders freue ich mich auch über den ausgiebigen Austausch mit Dierk, der treuen Lesern unseres Blog vielleicht von seinen netten Kommentaren bekannt ist. Es wird ein langer Abend. Ein letzter harter Kern wird fast schon mit dem Besen ausgekehrt. Der Skipper der Samai ist natürlich dabei. ;-)

Samstag, 19. November 2022 (vormittags)

Heute steht dann tatsächlich die Pflicht auf dem Programm: Jahreshauptversammlung in den historischen Hapag Hallen Zum Glück starten wir erst um 11 Uhr. So bekomme ich noch eine ausreichende Mütze Schlaf und habe auch genug Zeit für den Geburtstagsanruf meiner daheim gebliebenen Familie.

In den Hapag-Hallen finden heute…
Hauptversammlung und Festabend statt.

Zur Hauptversammlung selbst will (bzw. darf?!) ich gar nicht allzu viele Worte verlieren. Nur die Feststellung, dass ich mich schon sehr über den teils recht rauen Umgang gewundert habe. Hey, wir sind doch alle Segler und wollen letztlich nichts Böses für unseren Verein. Und es gehört eigentlich auch zum guten Ton, andere ausreden zu lassen. Selbst wenn man anderer Meinung ist. Über die offiziellen Beschlüsse, insbesondere die Wahl des neuen Vorstandsvorsitzenden Marcus Warnke, finden sich Berichte in der einschlägigen Presse.

Samstag, 19. November 2022 (abends)

Der Festabend ist immer der unbestrittenen Höhepunkt eines TO-Wochenendes, der nach wieder einmal sehr leckerem Essen in der Verleihung von Preisen in verschiedenen Kategorien gipfelt. Und da sind wir dann auch bei der besonderen Motivation einer persönlichen Anwesenheit. Für unseren 3-jährigen Törn rund Südamerika bekommt die Familiencrew der Samai die TO-Medaille für „besondere Leistungen im Hochseesegeln“ verliehen! Eine große Ehre über die wir uns sehr freuen.

Trans Ocean Festabend 2022

Die Verleihung selbst hätte jedoch durchaus etwas besser abgesprochen werden können. Im Vorfeld wurde ich um ein paar Bilder gebeten, um unsere Präsentation vorzubereiten. Ich bleibe zuversichtlich, dass alles seinen organisierten Weg nimmt. Schließlich werden auch die anderen Preisträger professionell begrüßt und vorgestellt. Alles läuft glatt und entspannt. Für uns hat man sich das aber wohl anders vorgestellt.

Irgendwann fragt der locker-eloquent durch den Abend führende Boris Aljinovic, ob denn Michael Gramse anwesend sein. Ich nicke, gehe auf die Bühne und bekomme wortlos das Mikrofon überreicht. So stehe ich reichlich perplex im Rampenlicht und damit im erwartungsvollen Fokus vieler Augenpaare. Hmmm… anscheinend soll ich jetzt was sagen?!? Ok, dann mal los. Zu den in wenige Collagen zusammengefassten Fotos erzähle ich aus dem Stehgreif von unserer Reise. Vieles muss ich natürlich auslassen und einiges vergesse ich auch. Ein wenig Applaus gibt es trotzdem.

Dann bekomme ich die Medaille überreicht und bin fast schon von der Bühne, als irgendjemandem auffällt, dass wir ja noch ein paar andere Dinge bekommen sollen. Hin und her und irgendwie scheint mir das bei praktisch allen anderen Preisverleihungen deutlich besser organisiert. Wirklich schade!

Wie auch immer. Es gibt Schlimmeres, als an seinem Geburtstag eine TO-Medaille (überspitzt gesagt hingeworfen) zu bekommen. Es ist und bleibt eine große Ehre. Allerdings mit schlechtem Timing. Später erzählt mir ein Jury-Mitglied, dass alle von unserer Reise begeistert waren und wir in vielen anderen Jahren mit dem Hauptpreis nach Hause gegangen wären. Ehrlich gesagt hätte ich das lieber nicht gewusst.

Der ganze Abend wurde übrigens live im Internet gestreamt und ist hier auf Youtube aufzurufen. Der Auftritt der Samai beginnt bei 1:04:30. Ebenfalls mit dabei sind neben vielen anderen Bobby Schenk (Ocean Award für sein Lebenswerk) sowie die „jungen Wilden“ Melwin Fink (TO-Preis für 3. Platz im Mini-Transat 2021) und Lennart Burke (Race Award).

Sonntag, 20. November 2022

Die zwei Letztgenannten sehen wir dann auch gleich am nächsten Morgen wieder. Im Oberdeck gibt es den zweiten Kaffee und dazu zwei Vorträge, die sich zur Abwechslung nicht mit erlebten Abenteuern, sondern ambitionierten Vorhaben beschäftigen. Unter anderen von den tags zuvor geehrten „jungen Wilden“. Und nein, die Bezeichnung habe ich mir nicht selbst ausgedacht! ;-)

Tja und dann ist das TO-Wochenende auch schon wieder vorbei. Der Zug geht pünktlich und bringt mich entspannt zurück nach Berlin. Das Wochenende wird mir in Erinnerung bleiben. Ob ich 2023 wieder komme? Weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Mal schauen…

Windstärke 10 in Cuxhaven

18. November 2022

Nein, in diesem Beitrag geht es nicht um extreme Wetterbedingungen an der Elbemündung. Obwohl es an diesem Tag tatsächlich recht kräftig durch die Straßen weht. Vielmehr lade ich euch zu einem kleinen Museumsrundgang ein. Für das Trans Ocean Wochenende bin ich nach Cuxhaven gefahren und wenn man schon mal hier ist, kann etwas Abwechslung nicht schaden. Direkt vom Bahnhof, den Koffer noch im Schlepptau, lenke ich die Schritte also in das Wrack- und Fischereimuseum Cuxhaven mit dem schönen Namen Windstärke 10. Kaum zu glauben aber wahr, dass ausgerechnet am ersten regulären Öffnungstag nach Einweihung im Dezember 2013 das Orkantief „Xaver“ mit 10 Windstärken über das Museum hinwegfegte.

Die Räumlichkeiten selbst sind schon Teil der Ausstellung. Die schmale Straße zwischen zwei historische Fischpackhallen aus den 1930‘er Jahren wurde überdacht und bildet nun den zentralen Bereich. Hier findet sich auch gleich das erste Wrack, der aus der Elbe geborgene Fischewer Wilhelmine. Ewer bezeichnet einen Schiffstyp mit Plattboden, ein bis zwei Masten und normaler Weise ohne Kiel.

Fischewer Wilhelmine

Gleich daneben findet sich ein großes Modell des historischen Fischereihafens der Stadt. Ich liebe solche Modelle fast ebenso wie (historische und aktuelle) Karten.

Der freundliche Hinweis, dass der Rundgang durch die Räume der Fischpackhallen im Uhrzeigersinn erfolge, wandert beim Treibenlassen durch den zentralen Bereich in den Hinterkopf. Doch ich möchte mal so tun, als ob ich es richtig gemacht hätte. ;-)

Der erste Themenkomplex des Rundgangs beschäftigt sich mit der historischen Hochseefischerei in Cuxhaven. Besonders authentisch ist, dass uns vier Pensionäre mit (Jugend-)Fotos und Geschichten an ihrem Leben in der Hochseefischerei teilhaben lassen. Genauso ein Fischerleben wird in den Räumen nachempfunden. Es beginnt mit den Netzen und der Seemännischen Heuerstelle. „Los, komm an Bord!“

Auf Fangfahrt sind die Kojen eng, der Boden selten gerade und das Einholen ein Knochenjob. Besonders auf dem winterlichen Nordatlantik rund Island braucht man ein seetüchtiges Schiff wie die Otto Flor, welche sich wie ein roter Faden durch die Räume zieht. „Hiev up!“

Zum Abschluss kommt der Fisch in große Auktionshallen. Zumindest war das früher so. Im 20. Jahrhunderts war der Fischfang Herz und Seele von Cuxhaven.

Passend nennt sich der vor diesen Räumen liegende Teil des zentralen Bereichs „Fischerei aktuell“. Dabei werden auch kritische Töne zu Überfischung und der Notwendigkeit nachhaltigen Schutzes der Meere nicht ausgespart.

Im Hintergrund der Raum „In Seenot“

Der zweite große Themenkomplex des Rundgangs beschäftigt sich mit Katastrophen auf See. Fokus ist die Deutschen Bucht, welche faktisch auch ein großer Schiffsfriedhof mit schätzungsweise gut 15.000 Wracks ist. Ohne den Einsatz von Lotsen, deren seit dem Mittelalter in Cuxhaven beheimate Brüderschaft der Elblotsen hier ihren Versammlungsraum hat, sowie natürlich der Seenotretter wären es sicher noch einige mehr.

Lotsenraum

Im letzten Teil des Rundgangs werden einige exemplarische Unglücksfälle eindrucksvoll veranschaulicht. Hier nur einige Beispiele. Das englische U-Boot E.24 sank 1916 beim Minenlegen vor Helgoland.

Das Frachtschiff Vandalia kollidierte 1912 auf seinem Weg nach Rio de Janeiro kurz nach Abfahrt aus Hamburg mit einem Schwimmdock. An Bord neben viel Stückgut auch Autos (eines schwäbischen Herstellers) und zwei Tenderloks.

Das Auswandererschiff Cimbria kollidierte im Nebel mit einem englischen Dampfer und zerstörte damit 401 Träume von der neuen Welt. Mit insgesamt 437 Toten (von 493 Menschen an Bord) ist es bis heute die größte zivile Katastrophe in der Deutschen Bucht.

Gedenken an die Toten.

Von dem 1914 gesunkenen Kleinen Kreuzer SMS Cöln überlebte nur einer von 507 Mann Besatzung. Er trieb drei Tage und Nächte in der kalten Nordsee.

Im Ohr der Bericht des einzigen Überlebenden der SMS Cöln.

Abgerundet wird die Ausstellung durch zwei Räume voller maritimer Ausstellungsstücke der Sammlung vom Förderverein Schifffahrtsgeschichte Cuxhaven e.V. sowie der eindrucksvollen Privatsammlung Peter Weber.

Die Sammlung Peter Weber…
… bietet unter anderem die größten Flaschenschiffe der Welt.

Vielleicht merkt man es ja ein bisschen. Ich habe mich glatt ein wenig in dieses tolle Museum verliebt. :-)

Nach dem ausgiebigen Besuch schlendere ich noch ein wenig durch Cuxhaven. Vorbei am Wasserturm durch die typisch deutsche Fußgängerzone bis zum Schloss Ritzebüttel.

Cuxhavener Wasserturm von 1897
Das Segelschiff Hermine ist nicht in ihrem Element.
Schloss Ritzebüttel
Schlosspark

Dann muss ich langsam zum Hotel. Schon am Abend beginnen die Veranstaltungen des Trans Ocean Wochenendes. Doch davon das nächste Mal mehr.

Väterchen Frost

Mittwoch, 16. November 2022

So langsam kommt die kalte Jahreszeit. Für Bootseigner ist das meist eine traurige Zeit. Für die Boote natürlich auch. Einsam stehen oder liegen sie an Land oder auch im Wasser. Verlassen von ihren Eignern, alleine unter Leidensgenossen. Gut vorbereitet auf die dunklen Woche und Monate. So sollte es zumindest sein. Doch ein warmer Herbst verführt zur Nachlässigkeit.

Eher aus beiläufigem Interesse schaue ich mir den Wetterbericht für Kühlungsborn an. Hmmm… da sind für das Wochenende nur mehr 2-3 Grad vorhergesagt. Mit einem Minus davor. Nicht gut. Ich bin von Freitag bis Sonntag in Cuxhaven. Spontan werfe ich meine ohnehin nicht sehr feste Planung für Donnerstag über den Haufen. Nun steht ein Kurzausflug an die Ostsee auf dem Programm.

Donnerstag, 17. November 2022

Der Morgen beginnt mit der üblichen „die-Kinder-müssen-in-die-Schule“-Routine. Danach fahre ich direkt hoch nach Kühlungsborn. Im Hafenbüro kläre ich noch kurz, dass unsere Samai über Winter auf ihrem jetzigen Platz liegen bleiben kann. Zum Glück. Es ist echt ungemütlich heute. Der kalte, kräftige Ostwind motiviert nicht gerade dazu, das Boot einhand zu verholen. Außerdem ist es gerade so schön festgemacht. Sie bleibt die nächsten Monate also dort, wo sie schon seit kurz nach unserer Rückkehr liegt.

Aus dem Einwintern eines Segelbootes kann man eine wahre Philosophie machen. Wie aus so vielen Dingen an Bord. Ich beschränke mich heute auf die drei wichtigsten Punkte. Alle betreffen das Wasser an Bord.

Punkt 1: Der Wassermacher

Wir haben den Wassermacher bisher noch nie einwintern müssen. Doch Frost kann nicht nur vorhandenes Restsüßwasser einfrieren, sondern auch die Membran zerstören. Muss also sein. Langes Durchspülen mit anschließender Sterilisation ist Pflicht. Dafür haben wir eigentlich die Steri-Box. Pulver rein, Süßwasser an und ruckzuck ist die Sache erledigt. Erstes Problem: Das Steri-Pulver ist kein Pulver mehr, sondern hat in den letzten Jahren die Konsistenz eines festen Blockes angenommen. Zweites Problem: Bei Frostgefahr schlägt die Anleitung von Dessalator die Verwendung von Glycerin vor. Das habe ich besorgt. Doch das Prozedere ändert sich damit. Angeblich. Ich fülle einen Eimer im extra für mich aufgeschlossenen Nassbereich des Hafens mit warmen Wasser und löse das mit einem Hammer mehr oder weniger gefühlvoll vorverarbeitete „Pulver“ darin auf. Zurück im Boot kommt ein Liter Glycerin dazu. Diese Mischung soll ich laut Anleitung nun über den Schlauch für das Salzwasser ansaugen lassen.

Drittes Problem: Ich habe schon seit einiger Zeit einen schlimmen Verdacht bezüglich des Ventils vom Wassermacher. Vorsichtshalber löse ich den Schlauch am oberen Ende. Gute Entscheidung. Das Ventil steht zwar auf „geschlossen“, trotzdem sprudelt es aus dem Schlauch. Interessanter Weise deutlich mehr, als in der Ventilstellung „offen“. Ich verstopfe den Schlauch, und frickel einen anderen Schlauch an den Zulauf. Wassermacher eingeschaltet, ein paar erste Tropfen landen im Filter, doch dann ist Schluss. Da saugt nicht wirklich etwas mein Steri-Glycerin-Gemisch an.

Nach einigen erfolglosen Versuchen dann Plan B. Ich kippe das Gemisch in den leeren Wassertank und lasse es über den Frischwasserzulauf durch den Filter in die Membran laufen. Ich hoffe nur, dass die Menge ausreicht. Abschließen die Schläuche wieder ran, die Schrauben GUUUUT festziehen und fertig. Auch wenn all die Jahre nichts passiert ist trotzdem ein komisches Gefühl, unsere arme Samai mit einem nicht richtig schließenden Ventil zurück zu lassen.

Punkt 2: Trinkwasser und Toilette

Der Wassertank ist immerhin schon mal leer. Nun müssen die Leitungen noch mit dem Frostschutz durchgespült werden, den ich glücklicherweise schon bei unserem letzten Besuch nach Kühlungsborn habe liefern lassen. Nachdem der großen Schlüssel für das Öffnen der Filter wieder aufgetaucht ist, bekomme ich den Deckel auch endlich gelöst. Puh, das müffelt ganz schön. Es ist leider ein altbekanntes Problem, dass sich insbesondere in den Toilettenschläuchen bei längerer Nichtbenutzung das Leben ausbreitet. Und stinkt.

Kräftig mit Salzwasser durchspülen, den rosa Frostschutz in den Filter gegeben und nochmal gespült, bis sich das Wasser in der Schüssel färbt. Der Rest vom verdünnten Frostschutz kommt in den Wassertank. Dusche, Bad- und Küchenwasserhähne sowie die Heckdusche aufgedreht, bis sich auch hier das Wasser färbt. Schließlich noch den Kopf der Heckdusche abgeschraubt und fertig.

Nicht ganz. Ich sollte den Warmwasserboiler noch leeren. Ich klappe den Niedergang hoch und traue meinen Augen kaum. Die Motorbilge ist voller Wasser. Ich kann mich nicht daran erinnern, das darin „vergessen“ zu haben. Die Zungenprobe ist nicht ganz eindeutig. So richtig salzig schmeckt es nicht, allerdings sind wir sind nun auch in der zu Brackwasser neigenden Ostsee. Am deutlichsten schmeckt es nach Metall und anderen Inhaltsstoffen, die eigentlich nicht zum Verzehr geeignet sind. Ganze drei Pütz = 30 Liter schöpfe ich raus.

Nun der Boiler. Ich löse nach einigen Versuchen den Zulaufschlauch, doch es fließt nichts raus. Ok, mir wurde mal gesagt, dass ich das auch über die Schläuche an der Wasserpumpe machen könne. Kaum löse ich diesen Schlauch, erinnert mich umherspritzendes Wasser daran, dass ich die Pumpe vorher hätte abstellen sollen. Blöd. Nochmal Bilge auswischen.

Was ich auch versuche, mir gelingt es nicht auch nur einen Tropfen aus dem Boiler zu bekommen. Dann fällt mir ein, dass dieser ja ein Fassungsvermögen von 30 Litern hat. Wieviel hatte ich doch gleich aus der Motorbilge geholt? Kann das Zufall sein??? Tendenziell nicht. Nächstes Problem: Wie kommt das Wasser aus dem Boiler in die Bilge? Ein hoher Neueinsteiger auf der langen 2do-Liste für den Frühling.

Punkt 3: Die Motorkühlung

Der Motor hat zwei Kühlkreisläufe. Der innere ist mit einer speziellen Flüssigkeit gefüllt, die noch ausreichend Frostschutz haben sollte. Aber warum nur ist der kürzlich aufgefüllt Behälter fast leer? Nun gut, erst einmal den Motor anwerfen. Klappt nur nicht. Tapfer rödelt der Starter bis er erstirbt. Das erinnert an das kalte Patagonien. Was hatten wir da immer gemacht? Richtig: Überbrückungskabel. Mit Unterstützung der ecuadorianischen Verbraucherbatterien kommt der Motor endlich in Gang. Wie durch Zauberhand füllt sich nun auch der Behälter des inneren Kühlkreislaufs. Muss ich das verstehen?

Ich krame in meinen Erinnerungen, wie genau ich den Frostschutz für die Seewasserkühlung da nun einfüllen muss. Irgendwann einige ich mich auf Motor an und Ventil zu. Dann wird das Mittel brav aus dem Filter gesaugt. Auch wenn ich das hier jetzt etwas abgekürzt habe, klappte es doch besser als so manch anderes am heutigen Tag.

Damit sollte unser Boot unbeschadet durch den norddeutschen Küstenwinter kommen. Ich packe noch ein paar Sachen ein und schaue mich unter Deck um. Ein Anflug von Wehmut. Meine Gedanken wandern zurück. Wie es war und wie es ist. Viel zu tun. Samai schreit nach Liebe. Mehr Liebe, als ich ihr heute geben kann. Doch die wird sie noch bekommen. Spätestens im Frühjahr mache ich mich ernsthaft an die dreistellige (sic!) Anzahl Posten auf der 2do-Liste. Für heute muss es ihr reichen. Ein letzter Blick zurück. Bis bald!

Wohnungssuche in Berlin (2)

11. Oktober 2022

Kaum habe ich gestern den wenig optimistischen Artikel zu unseren Bemühungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt veröffentlicht, kommt direkt am nächsten Tag ein unerwartete Wendung.

Die „Raster-Bewerber“, welche bei der auch von uns umworbenen Wohnung das Wohlgefallen des Eigentümers hervorriefen, sagten ab. Damit kommen wir unerwartet wieder ins Spiel. Natürlich habe ich umgehend unser weiterhin bestehendes Interesse bestätigt und gerne nochmal alle Unterlagen gesammelt zugeschickt.

12. Oktober 2022

Natürlich kommt noch die Bitte nach weiteren Unterlagen bzw. Nachweisen unseres finanziellen Hintergrundes. Ich stelle rasch noch zwei Kundenrechnungen aus und zufälliger Weise kommt genau jetzt Sandras neue Gehaltsabrechnung. Perfektes Timing. Am Vormittag schicke ich unseren „Nachtragshaushalt“ ab und drei Stunden später kommt die Antwort: „Ihre Unterlagen sind in Ordnung.“ Unglaublich. Wir scheinen tatsächlich eine Wohnung zu haben. Moment. Natürlich möchte man erst einmal noch einen Blick in unsere Schufa werfen. Was mag da wohl drin stehen. Schließlich waren wir drei Jahre nicht hier. Kann also eigentlich nichts schief gehen.

14. Oktober 2022

Die Mietverträge sind im Posteingang. Damit wird es zumindest von unserer Seite offiziell. Wir lesen uns durch die Seiten. Nicht alles schön, aber für heutige Verhältnisse in Berlin keine Überraschungen. Wir unterschreiben.

18. Oktober 2022

Die Mietverträge gehen in die Post. Jetzt brauchen wir nur noch die Unterschrift des Vermieters und dann können wir packen. Ach nee. Eigentlich noch nicht. Schon bei der Besichtigung Mitte September zeigte sich die Wohnung in einem desaströsen Zustand. Bevor wir einziehen können, wird das aber alles noch gemacht. Wenn alles nach Plan läuft, können wir ab dem 1. Februar dann aber in eine komplett sanierte Wohnung ziehen.

Zusammenfassung

Es hat also doch geklappt. Trotz der bevorstehenden Wartezeit fällt der ganzen Familie ein Stein vom Herzen. Im Vergleich zu unserer alten, vor Abfahrt gekündigten Wohnung zahlen wir jetzt zwar ca. 35% mehr. Dafür ist die Wohnung immerhin auch etwas kleiner und liegt nicht ganz so idyllisch im Grünen. Ruhig ist es trotzdem und verkehrstechnisch passt die Lage in Schmargendorf auch. Außerdem bekommt sie neues Laminat, ein neues Bad, eine neu gemachte Küche… wieder einmal Jammern auf höchstem Niveau.

Wir sind einfach nur glücklich!

Wohnungssuche in Berlin (1)

Vorweg möchte ich ein paar Worte zu dem Vorurteil verlieren, dass es in Berlin keine freie Wohnungen gibt. Das stimmt so nicht ganz. Es gibt durchaus freie Wohnungen… ABER:

  • Das Angebot ist offensichtlich antiproportional zur Zimmeranzahl. Auf der Suche nach bis zu 3 Zimmern hat man durchaus eine gewisse Auswahl. Bei 4 Zimmern, wie wir als Familie mit zwei (ganz lieben) Pubertieren sie nun einmal brauchen, wird es schon schwieriger.
  • Es sei denn, man hat selbst etwas zu bieten. Anscheinend möchten sich viele Mieter verkleinern. Anders ist das große Angebot an Tauschwohnung der Art „suche 3 – biete 4“ nicht erklären. Da wir aber keine 3-Zimmerwohnung (mit tendenziell günstigem Altvertrag) zu bieten haben, stehen wir hier vor verschlossenen Türen.
  • Gleichwohl sollte es eigentlich kein unüberwindbare Problem sein, innerhalb recht kurzer Zeit eine 4-Zimmer-Wohnung zu bekommen. Wenn man denn gewillt und in der Lage ist, monatlich ab 3.000€ aufwärts zu zahlen. Bevorzugt netto-kalt natürlich. Da schon der Wille dazu bei uns so absolut nicht vorhanden ist, haben wir gar nicht erst angefangen zu rechnen.
  • Und dann ist da natürlich noch das Lieblingsthema aller Menschen, die mit Immobilien zu tun haben: Lage, Lage, Lage! In Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick am östlichen Stadtrand ist es naturgemäß günstiger als in der Gegend, in die wir (wieder zurück-)ziehen wollen.

Tja, und nun? Wir suchen in den verschiedensten Portalen nach Wohnungen und sortieren die überschaubare Ergebnisliste nach „Preis aufsteigend“. Der erste Kandidat liegt zentral. Wir rufen an und bekommen einen Besichtigungstermin genannt. Am 2. September stehen Maila und ich pünktlich vor der Tür… und bleiben alleine. Irgendwann kommt ein Mieter aus dem Haus und meint, dass da vor etwa 4 Wochen eine Besichtigung mit bestimmt 80 Leuten war. Diese Wohnung hat sich damit wohl erledigt.

Der nächste Kandidat liegt zwar etwas weit draußen in Lichterfelde, klingt aber interessant. Schöne Gegend, Fahrradweg zur Schule zwar etwas länger, dafür größtenteils fernab der Straße am Kanal entlang. Zum genannten Termin können wir uns die Wohnung auch tatsächlich anschauen. Hauptproblem im Grundriss ist sicher, dass eines der potenziellen Kinderzimmer zugleich Durchgangszimmer zum anderen ist. Nicht schön. Dazu sind die 1.700€ „Warmmiete“ zwar trotz angekündigtem Indexmietvertrag absolut darstellbar, beinhalten aber ausdrücklich nicht die Heizkosten. Hauptenergieträger des Altbaus mit Energieeffizienzklasse F ist Gas. Hmmm…

Das sieht beim nächsten Kandidaten mit einem guten D schon besser aus. Die Wohnung ist zwar etwas kleiner, aber gut geschnitten, billiger und auch günstiger gelegen. Mitte September, gleich am Tag nach der Besichtigung, geht unsere Bewerbung raus. Spannend. Die normalerweise geforderten Unterlagen, z.B. Bankauszüge mit Gehaltsnachweisen der letzten drei Monate, können wir dabei natürlich nicht liefern. Wir sind kreativ und hoffen, damit nicht gleich „durch das Raster zu fallen“.

Die Bewerbung ist raus und es passiert… nichts. Unser Ansprechpartner ist wohl krank. Wir nutzen die Zeit und schicken Kontoauszüge mit Zahlungseingängen nach. Anfang Oktober dann nach gut drei Wochen die Ernüchterung. Der Eigentümer hat sich gegen uns entschieden. Blöd, wenn man nicht ins Raster passt.

Parallel finde ich noch eine anderes, sehr interessantes Wohnungsangebot, doch meine Kontaktaufnahme bleibt unbeantwortet und am nächsten Tag ist das angeblich neue Inserat auch schon wieder verschwunden. Ist schon ziemlich ernüchternd.

Und nun? Schön ist anders. Wir suchen weiter und spielen gedanklich insbesondere räumliche Alternativen durch. Fortsetzung folgt…