C*-Impfung auf Langfahrt

Nein, dieses „krönigliche“ (sic!) C*-Wort war bisher und wird auch zukünftig auf diesem Blog nicht veröffentlicht. Doch wenn man den Nachrichten Glauben schenkt, leben wir nun einmal seit einigen Monaten in einer Pandemie. Da kommt man um dieses leidige Thema nicht herum. Es ist eine neue Normalität geworden. Egal, wo man gerade ist…

Zum Thema. Es gibt seit Monaten mehr oder weniger wirksame Impfstoffe gegen dieses bestimmte Virus. Ziemlich genau so lange war es nicht nur in Deutschland, sondern den meisten anderen (was für eine Schande: nicht-afrikanischen) Ländern auch kein Problem, einem persönlichen Verlangen nach Impfung nachzukommen. Der Staat kümmert sich um seine Bürger. Dass die Situation – wenn man den Nachrichten Glauben schenkt – aktuell reichlich aus dem Ruder läuft, dürfe eigentlich nichts mit fehlenden Impfmöglichkeiten in der Vergangenheit(!) zu tun haben… aktuell ist die Situation natürlich etwas „angespannter“.

Doch was, wenn man gerade nicht zu Hause ist? Was, wenn man (altersbedingt) auch in keiner Prioritätenliste auftaucht? Was, wenn immer mehr Länder für eine Einreise Impfungen mehr oder weniger als selbstverständlich ansehen? Mit anderen Worten… was machen wir hier als „Dauer-Ausländer“ unter Segeln?

Manche Langfahrer und -reisende treffen es nicht schlecht. Nach dem, was wir so mitbekommen, war es in den USA kein Problem, seine Pikser zu bekommen. Von anderen, die z.B. in Mittelamerika unterwegs sind, gibt es weniger gute Neuigkeiten.

Unsere Route war und ist etwas speziell. Wir haben eine erste, allerdings rein theoretische Chance Anfang dieses Jahres in Ecuador. Also in einem Land, dass nicht zuletzt aufgrund von Korruption und Vetternwirtschaft bei der Beschaffung kaum einen Bruchteil seiner eigenen Bevölkerung geimpft hat. Vergiss es. Auch in Costa Rica und Panama haben wir keine echte Chance. Ok, in Panama wäre es ganz vielleicht noch möglich gewesen, irgendwie so halblegal an eine Astra-Dosis zu kommen. Trotzdem fahren wir ohne sie weiter.

Dann kommen wir in Kolumbien an. Auch aufgrund des Blitzschlages ist hier ein längerer Aufenthalt geplant und wir beschäftigen uns ernsthaft mit den Optionen. Offiziell ist das ganze Prozedere auf Kolumbianer zugeschnitten. Ohne irgendeine kolumbianische Identifikationsnummer verweigern die einschlägigen Webseiten und Apps jede Zusammenarbeit.

24. August 2021

Durch Zufall bekommen wir den Tipp, in das Impfzentrum gleich neben der (aktuell leider geschlossenen) Deutschen Kneipe „León de Baviera“ in Getsemaní zu gehen. Einfach mal freundlich fragen. Nun gut, ein Versuch kann nicht schaden. Tatsächlich hat man ein Einsehen mit uns. Nur mit Pass, einer kolumbianischen (Prepaid-)Telefonnummer und der Marina als lokale Meldeadresse bekommen wir Eltern eine erste Impfung. Das übernimmt eine nette, spanischsprachige Schwester. Medizinische Aufklärung? Arzt oder Ärztin? So etwas ist hier nicht nötig. Also rein damit. Leider ist aktuell nur AstraZeneca vorrätig. Aber eine Misch-Impfung soll ja hervorragende Ergebnisse bringen. Tja, das Problem ist nur, dass in Kolumbien grundsätzlich „sortenrein“ geimpft wird. Keine Ausnahmen. Wir bekommen einen Astra-Folgetermin drei Monate später. Lange nach Ablauf unseres Visums. Also fahren wir halb-geimpft weiter.

Gleich hinter der Deutschen Kneipe…
… warten geschäftige Schwestern nur auf uns?!
Kolumbianischer Impfnachweis

4. November 2021

Hier in Aruba haben wir von anderen Seglern gehört, dass das mit der Impfung klappen soll. Doch dann eine kleine Ernüchterung. Man möchte offensichtlich keine durchreisenden Touristen versorgen. Als Voraussetzung für eine Impfung muss man schon ziemlich lange im Land bleiben. Doch das lässt sich mit Hilfe der Marina „arrangieren“. Die nächste Voraussetzung, schon mindestens drei Wochen in Aruba zu sein, sitzen wir einfach aus und stehen exakt 21 Tage nach unserer Immigration bei der Directie Volksgezondheid in Oranjestad. Da die Altersgrenze in immer mehr Ländern runter gesetzt wird, ist auch Samuel dabei. Dreimal BioNTech bitte… Danke!

Unscheinbare Directie Volksgezondheid
Hier sehen wir auch einen „Arts“ :-)

25. November 2021

Die Eltern sind damit im Grunde durch. Aber mit einem handgeschrieben Zettel aus Kolumbien zusammen mit einem nicht vollständigen Nachweis aus Aruba brauchen wir sicher nirgendwo aufzukreuzen. So sind wir also auf den Tag genau nach der Mindestwartezeit von drei Wochen wieder vor Ort und holen uns den nächsten Pickser ab. Damit ist Samuel geimpft und die Eltern sind streng genommen sogar schon einmal „geboostert“.

So extrem wie ein anderer Segler hier vor Ort, der sich gerade unter Vorspiegelung falscher Tatsachen – „Nein, ich wurde noch nie geimpft!“ – die fünfte (sic!) Dosis abgeholt hat, werden wir es sicher nicht treiben. Wir haben den Nachweis aus Aruba und können damit problemlos das digitale EU-Zertifikat anfordern. Das müsste reichen, bis die Samai nächsten Sommer wieder zurück in Deutschland ist.

Wir sind sicher nicht die einzigen mit der Hoffnung, dass sich die Situation bis dahin beruhigt hat. Das leidige Thema wird uns sicher nicht mehr so ganz verlassen. Aber etwas mehr alte Normalität in der Welt wäre inzwischen wirklich mal eine willkommene Abwechslung.

Blitzsauberer Abschied aus Kolumbien

12./13. Oktober 2021

Das Wetterfenster scheint zu passen. Selten ist es so lange ruhig rund um Punta Gallinas, der Nordspitze Südamerikas. Das wollen wir ausnutzen. Dabei ist uns schon klar, dass es sich dabei wohl um ein zweieinhalbtägige Motorfahrt handeln wird. Doch das ist uns allemal lieber, als die hier üblichen Wetterbedingungen mit ordentlich Gegenwind, der dazu noch gegen den Strom steht. Kelly von der Marina hat unser internationales Zarpe vorbereitet, wir bezahlen noch rasch Strom und Wasser, dann geht es los. Adíos Colombia.

Abschied aus Santa Marta

Die Fahrt lässt sich gut an. Der Strom schiebt und wir kommen schnell Richtung Osten voran. Doch am Nachmittag zieht es sich über der Küste zu. Immer häufiger scheinen Blitze auf. Sie halten sich an Steuerbord (also an unserer in Fahrtrichtung rechten Seite). So sieht es zumindest eine ganze Weile aus. Nun werden die Wolken auch direkt vor uns dunkler und es blitzt immer wieder auf. Da wollen wir nicht durch und ändern den Kurs um 40° nach Backbord (in Fahrtrichtung links). Ein kleiner Umweg, aber das sollte passen. Wir setzen uns ins Cockpit und spielen Karten.

Da wollen wir nicht durch!

Kurz danach wird das Spiel abrupt beendet. Gerade ist es noch windstill, nun erwischen uns die Ausläufer der nächsten, doch noch so weit entfernt scheinenden Gewitterfront. Ohne Verlust an Spielgerät ändern wir den Kurs weitere 40° nach Backbord. Damit fahren wir quer zu unserem Ziel, doch das nehmen wir in Kauf. Ich muss ehrlich zugeben, dass sich mit der Erfahrung unseres Blitzschlags vor wenige Wochen bei den heutigen Ausblicken eine gewisse Unruhe einstellt. Auf das Erlebnis damals hätten wir gerne verzichtet, eine Wiederholung ist noch weniger erstrebenswert.

Langsam wir es dunkel. Dadurch sind die Blitze noch beeindruckender. An Steuerbord gehen dicke Entladungen direkt ins Wasser. Es wirkt, als wären sie gleich nebenan. Doch wir zählen ca. 30 Sekunden. Wow, der war also noch 10km weg und kam so ziemlich genau da runter, wo wir ohne Kursänderung jetzt wären. Richtige Entscheidung. Eine gute Stunde lang halten wir die schlimmsten Entladungen neben uns. Dann zieht es wieder vorlicher. Wir ändern den Kurs noch einmal. Maila sitzt mit mir im Cockpit und ist vom gebotenen Schauspiel ebenso beeindruckt wie der Skipper. Ich haben in den letzten Monaten tropischer Regenzeit mehr Blitze gesehen, als in meinem ganzen vorherigen Leben zusammen. Heute Nacht ist das furiose Finale.

Ja, ist schon klar… jetzt fängt der mit typischen Seemannsgarn an. Erzählt etwas von riesigen sich quer verzweigenden Blitzkaskaden, die sich über ein Drittel des Himmels erstrecken. Von einzelnen Blitzen, die bizarre Muster in den Nachthimmel brennen. Oder auch von oft paarweise auftretenden Blitzen, die uns aus den Wolken entgegenkommen und sich am Ende wie Flussdeltas auffächern. Ja, genau davon erzähle ich hier. Doch wer mich ein wenig kennt, dem dämmert, dass das kein Seemannsgarn ist.

Nach fast 10sm Ausweichkurs hat sich das Schauspiel wieder vor uns geschoben. Ok, das reicht. Kehrtwende. Was eben noch rechts und vor uns war, flackert nun links und hinter uns. Auf Kurs sind wir zwar immer noch nicht, aber es sieht inzwischen so aus, als ob wir heile davon kommen. Nach einer weiteren Stunde können wir gegen 20 Uhr endlich wieder Kurs auf Punta Gallinas nehmen. Aber die Nacht ist ja noch nicht vorbei.

Als Route nachgebildeter Kurs einer denkwürdigen Nacht

Zwei Stunden später geht es schon wieder los. Aus einer großen Zelle vor uns zucken die Blitze. Dieses Mal ändere ich den Kurs Richtung Steuerbord. Eine Stunde später noch etwas mehr, doch es reicht nicht. Wieder einmal geht es scharf nach Backbord. Ich suche eine Lücke und habe Glück. Zwischen zwei Zellen schleichen wir uns durch und sind gegen Mitternacht endgültig wieder auf dem richtigen Kurs. Was für ein Spektakel in unserer letzten Nacht in Kolumbien.

Am nächsten Nachmittag passieren wir endlich Punta Gallinas. Natürlich haben wir etwas mehr Wind und Welle als angesagt. Auch der Strom schiebt nun nicht mehr so schön wie vorher. Und doch können wir uns glücklich schätzen. Im Grunde alles entspannt. Vor über eineinhalb Jahren waren wir an der Südspitze des Kontinents. Heute runden wir Südamerika im Norden. Eines kann ich sicher bestätigen. Der Weg zieht sich ganz schön. ;-)

Nun haben wir nur noch knapp 100sm vor uns. Da sollten wir eigentlich locker bei Tageslicht ankommen und uns umgehend an das Einklarieren machen können… doch leider wird es nochmal spannend. Déjà-vu. Natürlich haben wir deutlich mehr Wind und Welle als angesagt. Genau von vorne. Dazu kommt der Strom ebenfalls von vorne. Die Kombination bremst uns ordentlich aus. Die errechnete Ankunftszeit schiebt sich immer weiter nach hinten. Eines ändert sich nicht: Aruba wir kommen!

Samuels Vogelsichtungen in Kolumbien (2)

In Kolumbien gibt es wirklich viele Vögel. Die kann doch niemand aus dem Kopf kennen. Ich natürlich auch nicht. Leider haben wir gar keine Vogelbücher mitgenommen. Aber es gibt ja wirklich tolle Apps, die mir professionelle Birdwatcher empfohlen haben. Am besten finde ich Merlin Bird ID. Da bekomme ich sogar mit einer Aufnahme von Vogelgesang den Namen des Vogels angezeigt. Die App eBird ist dagegen mehr dafür, gesichtete Vögel zu notieren. Und da gab es in Kolumbien wirklich viel zu notieren.

Als kleinen Nachtrag zu unserer Rundfahrt möchte ich noch ein paar Vögel zeigen, die wir in verschiedenen Städten im Landesinnern beobachtet haben.

Nacktzügelibis in Medellín
Schwefelmaskenyrann in Honda
Rabengeier in Honda

Leider sind einige Vögel auch sehr kamerascheu. Der Schwarzbrustspecht war weg, bevor ich mein Handy in Position hatte. Der Buntfalke ist mit seinen großen Flügeln oft auch schneller als ich mit der kleinen Kamera. Einmal bei den Wachspalmen habe ich aber doch erwischt.

Buntfalke bei Salamina

Andere Vögel scheinen geradezu um ein Foto zu betteln. Genau wie in Deutschland wohnen auch in Südamerika sehr viele Tauben in der Stadt und auf dem Land. Die Stadttaube kennt man auch aus Europa. Das Sperlingstäubchen und die Purpurtaube finden sich dagegen nur in Amerika. Noch niedlicher finde ich aber das Rosttäubchen sowie das kleine, nicht einmal handtellergroße Zwergtäubchen mit seinem braunen, gefleckten Gefieder…

Rosttäubchen posiert in Honda

An der Küste waren wir in Cartagena und in Santa Marta. Die Städte sind nicht weit voneinander entfernt. Darum haben wir dort auch ähnlich Vögel gesehen. Und zurück an der Küste zeigen sich auch endlich wieder Möwen.

Aztekenmöve hält Ausguck im Club Nautico Cartagena
Großschwanzgrackeln „bewachen“ die Boote…
Grackel(?) mit sehr großem Schnabel in Santa Marta
Silberreiher in Cartagena
Graslandtyrann auf Kunstrasen in der Marina
Dieser Nachtreiher macht seinem Namen alle Ehre

Gerade im Tayrona Nationalpark bei Santa Marta und in seiner Umgebung gibt es Unmengen an Vögeln. Wir haben dort eine Unterkunft in der zweiten Etage bekommen, von der aus man super Vögel beobachten kann. Viele sogar bei praller Mittagssonne. Zum Beispiel den Brauenzaunkönig, der immer sehr seltsam klingende Laute von sich gibt und auf den Dächern herumläuft. Doch ich gehe auch morgens auf Vogelsuche. Die Sonne ist gerade erst aufgegangen, da steige ich schon aus dem Bett und setze mich mit dem Fernrohr raus. Papa bleibt im Bett liegen. Er verpasst viele schöne Vögel. Das dunkelblau bis schwarze Jacarinitangarenmännchen hüpft beim Zwitschern immer in die Luft. Der Rotkappenspecht macht seinem Namen mit den Farben alle Ehre. Erstmals erspähe ich einen Einfarbspelzer. Die Graukopftangaren flattern für ein Foto leider zu schnell um das Haus und erinnern mit ihrem gelb-grauem Gefieder nur entfernt an Ihre schon oft gesichteten Verwandten, die blauen Bischofstangaren. Schließlich schaut mit dem Weißnackenkolibri auch ein Vertreter der kleinsten Vogelart vorbei.

Brauenzaunkönig
Rotkappenspecht
Einfarbspelzer
Bischofstangare (hier in Barichara)
???

Es gab natürlich auch alte Bekannte zu sehen. Der schon in Panama zuerst von Maila gesichtete Gelbkopfkarakara setzte sich auf einen bewachsenen Ast direkt vor den Himmel. Das Motiv war perfekt! Der Vogel war super anzusehen und blieb auch fast 10 Minuten dort sitzen. Ein Schwarm grüner Papageien, wahrscheinlich Tovisittiche, versteckte sich dagegen lieber laut krächzend in den Bäumen. Den schönen Liktormaskentyrann haben wir auch schon ein paarmal gesehen. Und Dann sehe ich noch einen mysteriösen Vogel mehrere hundert Meter entfernt auf einem Baum landen. Mit meinem Fernglas sehe ich ihn zwar, erkenne aber nur die Umrisse. Er sitzt genau mit dem Licht im Rücken. Keine Ahnung, was das für ein Vogel ist. Aber es sah trotzdem toll aus.

Gelbkopfkarakara
Liktormaskentyrann

Ich weiß, dass es hier eigentlich um Vögel geht. Aber ein anderes fliegendes Tier fand ich so faszinierend, dass es unbedingt gezeigt werden soll. Es ist ein Käfer mit dem Namen Membracics. Er hat einen schwarzem Körper und… ach, seht lieber selbst:

Natürlich haben wir auch viele schöne Schmetterlinge gesehen!

Dann sind wir in den Tayrona Park gegangen. Der Wandertag war elendig heiß. Wir alle haben geschwitzt. Doch einige Vögel wohl nicht. Ein Tukan flüchtet sich von einem Schattenplatz auf den nächsten. Die Schwarznacken-Stelzenläufer stehen mit ihren rosa Beinen im kühleren Wasser. Der Orangbauch-Schattenkolibri war so schnell unterwegs, dass der Flugwind ihn wahrscheinlich abkühlt. Sie sind diese Temperaturen wohl besser gewohnt. Leider waren ich und Papa immer zu langsam für ein Foto.

Doch nun weg vom Festland und auf das Wasser Richtung Aruba. Auf der Fahrt haben wir einige Vögel gesehen. Der Braunpelikan ist ein alter Bekannter. Ihn sehen wir inzwischen auf fast jeder längeren Route, die wir fahren. Ansonsten flog eine Königsseeschwalbe hoch über unseren Köpfen königlich entlang und ein bislang noch nie gesehener Maskentölpel begleitet uns über eine halbe Meile. Ein Weißbauchtölpel und ein Schneesichler schauen auch mal vorbei. Richtig süß war aber ein kleiner brauner Vogel, der dicht über das Wasser flatterte. Was war das bloß?

???

Das waren natürlich immer noch nicht alle Vögel, die wir in Kolumbien gesehen haben. Gelbbauchspelzer, Grünbrust-Mangokolibri, Mangrovreiher, Ohrflecktaube, Schwarzbrustspecht, Schwarzkappentangare, Schwarzschnabeldrossel, Speerreiher, Weintaube… die Liste ließe sich fortsetzen. Es stimmt wohl, dass Kolumbien das Land mit den meisten Vogelarten der Welt ist.

Für mich ist es ein Paradies!

Samuel

Spaziergang in Santa Marta

11. Oktober 2021

Schon am 29. Juli 1525 gegründet gilt Santa Marta als die älteste noch bestehende spanische Siedlung auf dem amerikanischen Kontinent. Nach Cartagena ist sie die zweitwichtigste Kolonialstadt der kolumbianischen Karibikküste und nach dem, was wir so lesen, absolut einen Zwischenstopp wert. Nun ja, über den guten Hafen und den schönen Tayrona-Park haben wir ja schon berichtet. Der erste Eindruck der Stadt ist dagegen etwas enttäuschend. Das mag aber natürlich auch damit zusammenhängen, dass man die küstennahe Kanalisation ganz offensichtlich nicht im Griff hat. Bei jedem Schritt vor die Tür der Marina heißt es erst einmal „flach atmen“. In schöner Regelmäßigkeit blubbert es aus den Gullys der näheren Umgebung. Teilweise stehen die Pumpfahrzeuge im Päckchen um der Lage Herr zu werden. Nach den Berichten anderer Segler hält dieser Zustand zumindest schon seit einigen Wochen an.

Ja, das kommt alles aus dem Gully

Davon lassen wir uns aber nicht von einem kleinen Rundgang durch die sehenswerte Altstadt abhalten. Zunächst wollen wir die Strandpromenade entlang spazieren. Geht aber nicht. Die ist irgendwie gerade in Bau. Dahinter quält sich der berüchtigte Autoverkehr von Santa Marta über die Küstenstraße. Uns bleibt der breite Gehweg dahinter. Ein Spießrutenlauf zwischen Souvenirläden und recht aufdringlichen Anbietern von Tagestouren in die Umgebung.

Die Strandpromenade wird gerade neu gemacht
Graffiti in einer Nebenstraße

Schließlich erreichten wir den zentralen Parque Bolívar. Natürlich steht auch hier die obligatorisch Statue des Revolutionsführers. In Santa Marta hat das Denkmal jedoch einen besonderen Hintergrund. Schließlich verstarb Simón Bolívar am 17. Dezember 1830 genau hier in dieser Stadt. Begraben liegt er dagegen in seinem venezolanischen Geburtsort Caracas.

Rund um den halben Platz reihen sich die Andenkenstände mit ihrem immer gleichen Angebot. Da zieht es uns recht schnell weiter. Das am Platz gelegene Goldmuseum hat geschlossen. Darüber sind die Kinder nicht einmal traurig. Ihrer Meinung nach haben wir von San Jose über Bogota und Cartagena jetzt erst einmal ausreichend Goldmuseen besucht. Eisdielen dagegen kann man nie genug besucht haben.

Mjam!

Auch die Kathedrale ist heute geschlossen. So schlendern wir durch die Gassen, lassen uns treiben, schauen mal in einen Laden rein und Samuel findet bei einem kleinen Straßenhändler noch ein paar Mineralien für seine Sammlung. Bei ihm erleben wir wieder eine kolumbianische Eigenart. Der Kauf ist schon abgeschlossen, da greift der junge Mann noch einmal in seine Auslage und überreicht eine weitere Kleinigkeit… Regalo… Geschenk. Das ist uns hier in der Tat mehr als einmal passiert!

Catedral de Santa Marta
In zweieinhalb Monaten ist schon Weihnachten!
Große Auswahl an Luftballons…

Als wir die Carrera 5 erreichen, trauen wir kaum unseren Augen. Ok, der dichte Straßenverkehr ist altbekannt. Überraschend dagegen, wie voll gestellt die schmalen Gehwege sind. Es bleiben nur mehr kleine Gassen, durch die sich ganze Menschenmassen zwängen. Masken? Kommen vor. Abstand? Guter Witz. Wir biegen schnell wieder ab in ruhigere Ecken.

Plaza & Iglesia San Francisco
Wieder einmal kreative Stromversorgung
Carrera 5

Auf dem Rückweg kommen wir noch über den kleinen Parque de los Nivios. Auch hier steht alles voller Stände und die Bars rundherum sind gut besucht. Nun ja, gerade was das Nachtleben angeht, soll Santa Marta ja einiges zu bieten haben. Als Familie mit zwei minderjährigen Kindern ist das aber eher nichts mehr für uns.

Parque de los Nivios

Also weiter, kurz vor der Marina nochmal sehr flach atmen und zurück an Bord der Samai. Vor uns liegt eine letzte Nacht in Santa Marta. Morgen geht es weiter. Aruba, wir kommen!

Graffiti bei der Marina

Parque Nacional Natural Tayrona

5. – 8. Oktober 2021

Bei Umfragen in Kolumbien, wo es in diesem Land denn am schönsten sei, landet der Parque Nacional Natural Tayrona stets auf den vorderen Plätzen. Schon 1964 gegründet, umfasst er fast 20.000 Hektar an einem 35km langen Abschnitt an der kolumbianischen Karibikküste östlich von Santa Marta. Rund 250.000 Besucher kommen hierher. Jedes Jahr. Und dieses Jahr reihen auch wir uns ein.

Dabei ist der Besucherstrom für die vier im Park lebenden indigenen Stämme mit ihren insgesamt etwa 30.000 Angehörigen nicht ohne Probleme. Einerseits handelt es sich um heiliges Land, das es zu schützen, pflegen und bewahren gilt. In den letzten Jahren wurde der Park mehrmals für Besucher geschlossen, um ihn einer spirituellen Reinigung zu unterziehen. Andererseits bringen die Touristen natürlich Geld. Immer wieder sehen wir Verkaufsstände für kühle Getränke und Snacks, es gibt Reittouren und sogar Übernachtungsmöglichkeiten direkt im Park.

Wir entscheiden uns (wieder einmal zusammen mit KonTour-Travel) für das außerhalb des Parks gelegene Senda Koguiwa und gönnen uns gleich drei Nächte Landurlaub. Für die 38km von der Marina zum Hotel braucht das Taxi knapp eine Stunde. In Kolumbien kann man sich das durchaus leisten, wir bezahlen inkl. Maut nur ca. 22€ für den Transfer. Vor Ort angekommen erfahren wir, dass unsere Zimmer noch nicht fertig sind. Selbst schuld. Wir sind tatsächlich etwas früh. Kein Problem. Im direkt am Pool gelegenen Restaurant bekommen wir einen Begrüßungstrank und bestellen für Maila noch eine Portion Pommes. Dafür braucht die Küche dann aber mehr als eine halbe Stunde. Das ist selbst den netten Service-Damen zu viel. Umgehend bekommen wir noch eine Runde Säfte und Bruscetta und einen kostenlosen Nachtisch als Entschuldigung. Und die immer frisch bereiteten Säfte hier sind mal wieder wirklich umwerfend lecker.

Lecker!

Das einzige Familienzimmer ist belegt. Darum beziehen wir zwei normale Doppelzimmer. So werden Jungs und Mädels der Familie zwar getrennt, bleiben aber relativ dicht beieinander. Wir haben Glück. Beide Zimmer sind im Obergeschoss und bieten einen tollen Ausblick vom Balkon. Den Rest des Tages verbringen wir dann vor allem am Pool und mit einem kurzen Spaziergang hinunter zum Ufer des Río Pedras.

Blick von den Jungs rüber zu den Mädels
Blick von den Mädels zu den Jungs!

Abends knallt es dann nochmal so richtig. Das fast schon alltägliche Gewitter fällt kräftig aus. Es schütten aus Eimern und blitzt in schöner Regelmäßigkeit. Und dann schlägt es ein. Es wirkt so, als wenn der Himmel auch nach dem Erlöschen des Blitzes noch ein paar Funken regnen lässt. Zeitgleich wird es dunkel. Der Strom ist weg. Scheint aber auch kein neues Problem zu sein. Bald schon sehen wir wieder, was wir gerade essen. Zumindest dem fortan gut vernehmlichen Brummen im Hintergrund zufolge arbeiten die Generatoren zuverlässig.

Der nächste Eingang des Tayrona Nationalparks liegt nur einen kurzen Spaziergang entfernt. Der Eingangsbereich ist ganz offensichtlich für viel mehr Besucher ausgelegt. Wieder einmal spüren nicht nur wir die Auswirkungen der Pandemie. Ganz unabhängig davon ist der obligatorische Erwerb einer speziellen Krankenversicherung. Sind alle Formalitäten erledigt und geforderten Gelder bezahlt ist man aber noch nicht am Ziel. Der Weg vom Eingang in den interessanteren Küstenstreifen zieht sich über einige Kilometer (meist) asphaltierte Straße. Da ist der angebotene, selbstredend kostenpflichtige Shuttle verständlich. Fragwürdig dagegen, wie in dem bis auf den letzten Platz vollgestopften Kleinbus – Maila und ich sitzen auf dem Beifahrersitz – die ansonsten obligatorischen Abstandsregeln eingehalten werden sollen.

Los geht’s!

Kaum sind die Besucher aus dem Bus gequollen, verstreut sich die Menschenansammlung. Ab hier geht es nur noch mit Muskelkraft weiter. Doch heute verzichten wir auf die angebotenen Pferde. Wir gehen zu Fuß. Dabei wird schnell deutlich, dass dieser Pfad die touristische Autobahn durch den Park ist. Sehr gut ausgebaut, Haltegriffe inklusive, ist es wohl nur der Pandemie zu verdanken, dass wir recht selten anderen Menschen begegnen. Den Tieren ist das ziemlich egal. Mehr als einmal erspähen wir eine Gruppe Affen über uns durch die Baumkronen springen. Ein Frosch legt seinen Laich in einer Pfütze ab. Vögel zwitschern. Ja und dann ist da noch dieses laute, fast schon penetrante Geräusch aus der Ferne. Was mag das sein?

Regenzeit…
… und süße kleine Affen

Vor der Antwort hat uns das Gelände eine kleine Kletterpartie in den Weg gelegt. Hoch und runter und wieder hoch und wieder runter kämpfen wir uns voran Richtung Küste. Der Blick auf die den ursprünglichen Strand wild anrollenden Wellen entschädigt für die Mühe. Nur Baden sollte man hier nicht. Mehrsprachige Schilder warnen sogar in Deutsch vor den Gefahren.

Ausblick über einen kleinen Teil des Parks

Der Weg führt weiter unter flacheren Bäumen durch den Sand und über Holzpfade. Dann kommen wir in einen Bereich, in dem das schon von ferne gehörte Geräusch plötzlich zu einem fast ohrenbetäubenden Lärm anschwillt. Nein, das sind keine Vögel, es sind Frösche! Wir haben schon in Costa Rica erstaunt festgestellt, was für einen Lärm auch winzig kleine Frösche erzeugen können. So wundern wir uns auch nicht, zunächst nicht einen davon im flachen Wasser zu erspähen. Etwas später werden wir dann doch noch fündig. Offensichtlich ist Paarungszeit. Überall schaumiger, frisch abgelegter Laich und mitten drin immer mal wieder graue „Quakmonster“.

Und weiter…

Nach dem Durchwaten eines kleinen Flusses vereinen sich Reitweg und Wanderpfad. Nicht unbedingt zum Vorteil der Begehbarkeit. In weitläufigen Bögen suchen nicht nur wir einen Weg durch den teils tiefen Matsch. In dieser Gegend wird es auch wieder belebter. Hier finden sich einige Unterkünfte für Übernachtungstouristen, denen eine Hängematte unter Moskitonetz ausreicht. Immer wieder werden Getränke angeboten. Das Geschäft scheint zu laufen, obwohl wir Spielverderber unser eigenes Wasser mitschleppen. Also im Grunde schleppt ja nur einer…

Wo kommen wir hier sauber durch?!?
Pause am ersten ruhigen Strand…

Endlich erreichen wir den Playa La Piscina… also einen karibischen Swimmingpool. Das vorgelagerte Riff bricht große Wellen und schafft so eine der ganz wenigen Stellen im Park, an denen man gefahrlos baden kann. Das Ziel der meisten Tagestouristen. Dementsprechend voll ist es. Ganz so idyllisch und super-toll wie überall angepriesen finden wir es dann aber doch nicht. Egal, für eine dringend benötigte Abkühlung reicht es.

Am gut besuchten Swimmingpool…

Eigentlich wäre das ein schöner Abschluss für den Ausflug. Das einzige Problem ist, dass wir den ganzen Weg nochmal zurück müssen. Eigentlich nur ein paar Kilometer, doch auch die können sich ganz schön ziehen. Dazu kommt der Skipper vorher noch auf die blöde Idee, eine alternative Route auszuprobieren. Was für ein Fehlschlag. So wandern wir also brav die bekannten Pfade zurück und erwischen den wiederum brechend vollen Kleinbus kurz vor der Abfahrt. Jetzt nur noch den Weg zurück zum Hotel. So langsam reicht es uns jetzt aber wirklich. Insgesamt sind wir fast 6 Stunden unterwegs. Diesen Ausflug werden wir auch morgen noch in den Knochen spüren.

Morgenritual :-)

Dementsprechend ruhig lassen wir es angehen. Samuel steht wieder früh auf und legt sich mit dem Fernrohr auf Vogelpirsch. Danach steht ein entspannter Tag am Pool auf dem Programm. La Skipper gönnt sich einen Cocktail, die Kinder lieben den frischen Fruchtsaft noch immer und für den Skipper fällt aus dem Kühlschrank im Apartment auch die ein oder andere mitgebrachte Gerstenkaltschale ab. ;-)

Leider muss auch etwas Schule sein :-(

So vertrödeln wir den Tag und lassen es uns gut gehen. Der Skipper hat Küchenfrei, keine 2do-Liste drängelt und im Gegensatz zum Boot sind Kleintiersichtungen hier deutlich lieber gesehen.

Auch nach der dritten Nacht springen wir nach dem Frühstück noch einmal in den Pool, bevor uns das Taxi zurück zur Samai bringt. Ein schöner Ausflug ist viel zu schnell zu Ende. Gelohnt hat es sich allemal. Doch so langsam zieht es uns dann auch weiter. Unsere Zeit in Kolumbien neigt sich dem Ende zu.