Patagonia & Tierra del Fuego – Nautical Guide

Es ist ein dickes, über 700seitiges Buch mit blauem Einband in der mittlerweile 3. Auflage. Insgesamt wurden damit bisher 5.000 Exemplare gedruckt. Das unbestrittene Standardwerk für jeden, der im Süden Südamerikas mit einem Segelboot unterwegs ist. Viele nennen es, ob seiner Autoren Mariolina Rolfo und Giorgio Ardrizzi, „The Italian Book“. Bei uns ist es nur die „Blaue Bibel“. Es beschreibt die Argentinische Küste südlich des Río de la Plata (Buenos Aires) bis runter zum Beagle-Kanal, hat seinen Schwerpunkt aber unbestritten auf der Chilenischen Küste bis hoch nach Valdivia. Es werden nicht nur unzählige Caleta, Bahía, Estéro und Puerto im Detail mit Skizzen und GPS-Punkten beschrieben. Darüber hinaus gibt es wertvolle Auskunft über die hiesigen Gewässer, Strömungen, Wetter, Geschichte sowie Flora und Fauna. Seit Ushuaia verging nicht ein Tag, an dem dieses Buch nicht mehrfach aufgeschlagen und zu Rate gezogen wurde.

Viel genutztes Standardwerk!

Mit den Skizzen und und natürlich unseren eigenen Fotos kann man sich ein gutes Bild über die Orte machen, die wir das Privileg hatten zu besuchen. Und wer die blaue Bibel sein Eigen nennt, findet unsere Zwischenstopps schnell über die vorangestellten Nummern.

Von der Isla Redonda nach Chile

27. – 28. Mai 2020

Am Tag der Abfahrt war der Weg bis nach Chile schlichtweg nicht machbar. Aber wir wollten trotzdem einfach nur raus. Nicht, dass es sich noch irgendjemand anders überlegt. Die 12sm zur Isla Redonda waren schnell zurückgelegt, die uns empfangende Ruhe grandios (s. „Wir sind wieder unterwegs“ vom 28. Mai… schon wieder ;-).

Der Grenzübertritt am Folgetag verlief ebenfalls problemlos (s. „Grüße aus Chile“ vom 29. Mai). Man ließ uns passieren und erbat lediglich den in Chile obligatorischen, täglichen Positionsreport.

Chile…

Gegen Starkwind und einer trotz der Enge des Kanals unangenehmen Welle fuhren wir bis zur Caleta Olla. Ich wollte einfach ein paar Meilen weit rein ins Land. Hier fiel der Anker. Die Crew atmete durch. Wir waren endlich wieder unterwegs.

Abschied aus Ushuaia

Ushuaia, Ende Mai 2020

Mehr als zwei Monate. Eine gefühlte Ewigkeit. Doch endlich gab es Hoffnung. Wir nahmen es optimistisch und fingen frühzeitig an, uns wieder zu verproviantieren. Beim regelmäßigen Gang zum Supermarkt wurde immer auch ein Teil der langfristigen Einkaufsliste abgearbeitet. Und dann war es soweit. Kurz vor dem Wochenende bekam unser Honorarkonsul grünes Licht von der Migracion in Ushuaia. Wir nannten Mittwoch, den 27. Mai als geplantes Abfahrtsdatum und der Countdown lief. Einiges haben wir ja schon unter „Wir sind wieder unterwegs“ geschrieben. Ich kann mich also kurz fassen.

Abschieds-Asado: Das regelmäßige Mittagessen der im AFASyN gestrandeten Segler-Familie war eine schöne kleine Tradition geworden. Was lag also näher, als zum Abschied nochmal ein richtig schönes Asado zu veranstalten. Schließlich konnten nicht nur wir weiter, sondern auch die hier gestrandete, im chilenischen Puerto Williams wohnhafte Argentinierin durfte sich endlich aufmachen (… der Grenzübertritt wurde allerdings eine kleine Odyssee).

Frisör: Samuel wächst ja echt schnell zu. Selbst beim Skipper war der letzte Frisörbesuch Anfang März nur noch zu erahnen. Diesen Anblick konnten wir unseren Mädels natürlich nicht antun. Der Empfang mit Fiebermessung und Gesundheitserklärung war neu, der Schnitt jedoch gewohnt gut und günstig.

Wäsche: An dieser Stelle nur noch einmal ein großes „Dankeschön“ an die Crew der SY Icebird, die uns mit ihrer bordeigenen Waschmaschine einiges an mühsamer Handwäsche erspart hat.

Nein, das ist natürlich nicht die Icebird, sondern ein pittoreskes Armada-Schiff auf dem Weg in die Stadt.

Großeinkauf: Am Vortag der geplanten Abreise kam Skipper Henk von der SY Sarah W. Vorwerk nochmal vorbei, um mit mir auf Einkaufstour zu fahren. Für manche Dinge der Einkaufsliste gibt es bessere Optionen als den Supermarkt um die Ecke. So ging es nach dem Gaswerk direkt zum Obst- und Gemüsegroßhändler. Dort habe ich mit der netten Dame im Office einfach nur eine Liste ausgefüllt und bezahlt. Die Lieferung kam am Abend frei Hafen. So bekamen nun auch wir endlich einmal die schon oft gesehenen Holzkisten. Sie waren eine große Hilfe beim Verstauen. Nach einem Zwischenstopp beim Fleischer (mit gutem, günstigen Wein ;-) war es Zeit, sich von Henk zu verabschieden. Der vor 12 Jahren hier in Ushuaia entstandene Kreis hatte sich geschlossen.

Von dem Knoblauch war 3 Monate später in Valdivia nicht mehr viel übrig!

Formalitäten: Ich war ja vorbereitet. Das zur Ausreise notwendige „Zarpe“ hatte ich in vierfacher Ausfertigung ausgefüllt. Kurz vor zehn kam dann unser Honorarkonsul zum AFASyN. Um 10 Uhr sollte eigentlich die Prefectura Naval folgen. Tat sie aber nicht. Sie hatten lieber ein ausgiebiges Frühstück! Also sind wir erst einmal zur Migraction gefahren. Alleine hätte ich das nie geschafft. Alle Türen geschlossen. Erst nach einem Anruf des Honorarkonsuls öffnete sich ein Fenster aus der eine Hand winkte. Die Pässe wurden hinein gereicht und kamen gestempelt wieder raus. Die erste Hürde war genommen.

Zurück am Hafen war die inzwischen eingetroffene Prefectura Naval mit der Inspektion unserer Samai gerade fertig. Dann bekam ich doch noch eine weitere Seite zum Ausfüllen… plus der bereits mehrfach getätigten „Malvinas-Erklärung“. Auf den im Büro vergessenen Stempel mussten wir dann auch noch warten. Mit dem schließlich gestempelten Papier ging es zum Zoll, danach zurück zur am Hafen wartenden Prefectura Naval (die haben echt einen Horrorjob ;-), noch eine Unterschrift, noch ein Stempel und wir waren frei!!!

Leinen los: Am Mittwoch, den 27. Mai um 15:15 Uhr war es soweit. Leinen los! Noch ein Winken zu den am Steg versammelten Nachbarn der letzten Wochen, ein letzter Blick zurück nach Ushuaia und dann gleich rechts in den Beagle-Kanal abgebogen. Den normalerweise zum Einklarieren notwendigen Umweg über Puerto Williams konnten wir uns ja sparen. Es ging direkt zu den Chilenischen Kanälen… Ziel: Valdivia!

Schön war es gewesen… doch endlich geht es weiter!

Quarantäne in Ushuaia

Ushuaia, Mitte März bis Ende Mai 2020

Über diesen ungeplanten Zwischenstopp haben wir ja schon einiges geschrieben. An dieser Stelle möchte ich auch gar nichts hinzufügen, sondern (nicht zuletzt auch der Chronologie geschuldet) lediglich die einschlägigen Artikel nochmal kurz anführen…

15. März: Ein mexikanisches Prosit der Gemütlichkeit
17. März: Hätte – Hätte – Fahrradkette
19. März: Maila grüßt ihr Klasse 3a!
20. März: Argentinische Quarantäne
1. April: Im Grunde geht es uns hier richtig gut
8. April: Das Gras ist grüner…
9. April: It’s a beautiful day…
12. April: Frohe Ostern
15. April: Die Entdeckung der Langsamkeit im patagonischen Supermarkt
17. Mai: Quarantäne-Update… lasst uns doch einfach raus!
18. Mai: Herbstwetter in Ushuaia
20. Mai: Samuels Tierwelt-Spezial: Lou
22. Mai: Quarantäne-Alltag in Ushuaia
23. Mai: Zeichen und Wunder?!
24. Mai: Alltagsprobleme an Bord: Fender

Ushuaia (2)

Ushuaia, Anfang März 2020

Anfang März war die Welt in Südamerika noch in Ordnung. Entsprechend optimistisch machten wir und daran, die Samai für den langen Schlag durch die Chilenischen Kanäle vorzubereiten. Aufgrund unseres insgesamt eher engen Zeitplans hatten wir zwar nicht vor, diese ausgiebig zu erkunden. Aber mehr als einen Monat würden wir schon unterwegs sein. Entsprechend wurde eingekauft. Beim Fleischer bestellten wir 20kg vakuumverpacktes Rindfleisch, zwei Käselaibe und große Salamis (sind hier gar nicht so leicht zu bekommen). Auch reichlich Konserven, Flüssignahrung und so einiges mehr fand den Weg unter Deck. Natürlich wurden auch die nochmal aufgestockten Dieselkanister, das Benzin für den Dinghy-Außenborder sowie alle Gasflaschen aufgefüllt, die Wäscherei bekam einen weiteren Großauftrag mit dem Inhalt mehrerer großer blauer Ikea-Taschen von uns, und der Frisör half bei der Wiederherstellung eines halbwegs zivilisierten Aussehens. Bei alledem war der Mietwagen ausgesprochen hilfreich. Ja, es war noch alles so, wie wir es von Ende Januar her kannten.

Auch kulinarisch bleibt diese Zeit in Erinnerung. Gleich mehrfach gab es ausgesprochen leckeres, typisch argentinisches Asado. Im ersten Restaurant kamen wir als erste Gäste in einen noch dunklen Raum. Der Strom funktioniere gerade nicht, aber die Küche sei am Laufen. Doch das Licht kam, das leckere Essen ebenso und als wir uns verabschiedeten, war der Laden auch brechend voll.

Das zweite Restaurant kannten wir schon. Dieses Mal nahmen wir jedoch nicht „à la carte“, sondern das Grill-Buffet. Für kleines Geld konnte man seinem Teller am Grill beliebig oft auffüllen lassen und Pedro (Mailas Freund vom ersten Besuch) nahm unsere Kleine (auf Socken!) dieses Mal einfach kurz mit in die Küche, von wo sie strahlend mit einem Eis in der Hand zurück kam.

Im trocken liegenden Club-Schiff des AFASyN gab es dann (dieses Mal noch in großer Runde) erstmals ein Segler-Asado. Frische brasilianische Farofa (mit Butter, Zwiebeln und Salz geröstetes Maniokmehl… LECKER!!!), ein ganzes Lamm und viel mehr über dem Feuer, selbst verfeinerte Caipirinha, Gitarre, Gesang, Tanz und ausgelassene Stimmung ließen den Abend wie im Fluge vergehen. Auch der kleinste Gast hatte Spaß und reichlich zu essen… und seine flüssige Hinterlassenschaft wurde auch sogleich mit Wischmop beseitigt.

Darin kann man wunderbar grillen…
MJAMMMMMMMMM!!!
Auch die kleinen Gäste gehen nicht leer aus…

Schließlich waren wir auch noch bei Skipper Henk zu Hause eingeladen. Mit seiner Familie (inkl. drei Kindern), seiner Bord-Köchin Hong und einem anderen Skipper verbrachten wir einen schönen Abend. Die insgesamt fünf Kinder verstanden sich super, Samuel sprach sogar etwas Englisch und Maila bekam nicht genug davon, einen der großen Hunde zu Streicheln… wer sie und ihre am Kühlungsborner Strand gemachten, schlechten Hunde-Erfahrungen kennt, weiß das zu würdigen!

Eigentlich sollte es unser Abschiedsabend werden. Unsere Vorbereitungen waren abgeschlossen, für den nächsten Tag standen die Ausreiseformalitäten und die Abfahrt aus Ushuaia auf dem Programm. Es ist kein Geheimnis, dass es anders kam.