11. – 13. Mai 2022
Wir hatten ja schon so manchen weniger oder gleich gänzlich unerwünschten Besuch an Bord und unter Deck. Das beginnt mit „Authorities“ auf Bootsinspektion. Wobei das ja ok ist, wenn sie ihren Job ernsthaft betreiben (Ushuaia, Laguna). Wenn die von uns chauffierten Uniformierten dagegen auf dem Vordeck für schicke Selfies posieren (Obaldia), ist es nur noch nervig. Ansonsten hatten wir auf dem Ozean schon viele tierische Besucher, die für Arbeit an Deck sorgen: Fliegende Fische und Glaskalmare. Und natürlich hat sich auch der ein oder andere Vogel auf unsere Samai erleichtert. Für einen bösen Schrecken an Deck sorgte die ein oder andere Kakerlake, welche es zum Glück nie in Bootsinnere geschafft haben. Unter Deck sorgten verirrte Vögel und eine Fledermaus für Aufregung. Und nun das…
Wir liegen bei der Île Royale am Steg. Das ist zwar nicht ganz offiziell, aber die letzte Fähre des Tages hat abgelegt und bis morgen früh ist hier Ruhe. Verglichen mit dem schaukeligen Ankerplatz, insbesondere auch im Boot. Trotzdem haben wir keine ruhige Nacht. Der Steg knarzt laut und trotz der abgeschwächten Wellen rucken wir immer wieder in unsere Leinen. Und ja, natürlich haben wir Ruckdämpfer dabei, aber für eine Nacht habe ich mir den Aufwand erspart.

Es ist also selbst am Steg eher bewegt und geräuschvoll. Da kann man das ein oder andere Rascheln schon mal überhören. Der Skipper weiß nicht, ob er geträumt hat, muss aber mitten in der Nacht mal wohin. Kurz danach schließt sich La Skipper an, wobei sie sich bezüglich komischer Geräusche im Ohr recht sicher ist. Danach herrscht jedoch Ruhe unter Deck. Doch nur geträumt?
Szenenwechsel. Der nächste Morgen. Wir decken den Frühstückstisch. Doch was ist das? In der Plastiktüte des frischen Mohnbrotes ist ein Loch. Und auch das Brot ist nicht mehr unangetastet. Gleiches gilt für die Schweineohrhälfte, die sich der Skipper extra noch aufgehoben hat. Angeknabbert. Ein böser Verdacht keimt auf. Wir schauen uns weiter um und finden kleine, dunkle, längliche Knödel. Ein kurzer Check im Internet räumt die letzten Zweifel aus: Rattenalarm!

Die Stimmung an Bord ist am Tiefpunkt. Ausgerechnet jetzt, kurz vor der Atlantiküberquerung sollen wir uns so einen Plagegeist eingefangen haben? Die nächsten Wochen sind wir unterwegs oder liegen vor Anker. Keine Chance, die Ratte zu vertreiben. Wir müssen sie fangen. Tot oder lebendig. Falls sie noch an Bord ist?!
Während unseres Spaziergangs auf der Île Saint Joseph versuchen wir, Gewissheit zu erlangen. Wir legen das geliebte Mohnbrot offen auf den Tisch. Daneben die GoPro im Zeitraffer-Modus. Jede Sekunde nimmt sie ein Bild auf. Werden wir unseren ungebetenen Gast sehen? Fehlanzeige. Das ist zwar eine gute Nachricht, gibt aber keine Gewissheit.
Zurück vor Anker in Kourou überlegen wir die nächsten Schritte. Wo bekommen wir hier gute Fallen? Brauchen wir sie überhaupt? Wo kann sie sich versteckt haben? Vom Salon aus waren eigentlich (fast) alle Fluchtmöglichkeiten in die dunklen Ecken der Samai versperrt. Auch an Deck waren Rattenknödel. Ist sie nach dem Essen wieder von Bord geklettert? Wir beschließen, noch eine Nacht darüber zu schlafen… bzw. im Halbschlaf zu lauschen. Wieder kommt das leckere Brot auf den Tisch. Welche Ratte könnte da widerstehen?
Die Nacht ist ruhig und das Brot bleibt unangetastet. Keine weiteren Knödel zu finden. Hoffnung macht sich breit. Wir kaufen keine Fallen. Eine weitere ruhige Nacht später sind wir ziemlich sicher, mit dem Schrecken (und zwei angeknabberten Teigwaren) davon gekommen zu sein. Anscheinend war Rémy nur auf Stippvisite auf der Samai. Trotzdem ein ausgesprochen unerwünschter Besuch an Bord.
