Bürokratie in der Karibik: ABC-Inseln

Stand Ende 2021

Aruba

Früher konnte man in Aruba an mehreren Stellen einklarieren, so z.B. auch in der zentral gelegenen Renaissance Marina. Diese Zeiten sind vorbei. Ankommende Segler benötigen einerseits eine Reservierung in einer der Marinas. Außerdem müssen sie zwingend an die lange Holzpier im Handelshafen Barcadera um dort die Formalitäten zu erledigen. Bei der Ansteuerung ist dringend darauf zu achten, nicht den direkten Weg zu nehmen, sondern sich zwischen Pier in dicht davor liegendem Wrack zu zwängen. Nur dort ist es zumindest halbwegs tief.

Wichtig: Das Wrack an seinem Bug passieren!

Bei der Einreise schlägt dann zunächst die lokale Test-Mafia zu. Erst nachdem das Stäbchen in der Nase war (und ausdrücklich bevor irgendwelche Ergebnisse vorliegen!) darf der Skipper das Boot Richtung Behördenbüros verlassen. Zuerst zur Immigration zum Stempeln der Pässe, danach zu Customs. Sowohl bei Ein- wie auch der analog ablaufenden Ausreise brauche ich für die eigentlichen Formalitäten kaum 20 Minuten.

Direkt nachdem die Papiere fertig sind, dürfen wir weiter zum Hafen. Offiziell sollen wir bis zum Vorliegen der Ergebnisse vor Anker warten. Aber einmal in der Varadero Marina festgemacht, jagt uns selbst Captain Paul nicht mehr davon. Alles ganz entspannt.

Curaçao

Über die Formalitäten in Curaçao können wir nicht aus ersten Hand berichten. Der Grund sind die aktuellen Regelungen. Wie andernorts auch gibt es eine Einteilung der Herkunftsländer von „Very low risk country“ bis „Very high risk country“. Aruba ist Mitte Dezember immerhin als „Low risk country“ geführt. Das ist jedoch obsolet, wenn man mit dem eigenen Segelboot einreist. In diesem Fall ist die Einreise grundsätzlich als von einem Hochrisikoland kommend eingestuft… auch wenn man gerade mal einen halben Tag zuvor aus Aruba abgefahren ist.

Diese Einstufung hat neben der ohnehin obligatorisch auszufüllenden „Passenger Locator Card (PLC)“ einige Konsequenzen. PCR-Test vor Abfahrt, spätestens aber direkt bei Ankunft sowie zusätzlich ein Antigentest drei Tage nach Ankunft. Unabhängig vom Impfstatus. Und in dieser Gegend der Welt gehen PCR-Tests richtig ins Geld! Darauf können wir verzichten.

Ende des Jahre wird die Liste dann angepasst. Letztlich sind ab dem 31. Dezember ALLE Länder ausnahmslos als „very high risk“ eingestuft. Aktuelle Informationen finden sich auf der offiziellen Website.

Bonaire

Auch in Bonaire muss man sich vor Abfahrt anmelden und eine „Health Declaration Form“ ausfüllen. Erfreulicherweise sind bei weitem nicht alle abgefragten Information Pflichtfelder. So geht das recht schnell von der Hand. Ebenso erfreulich ist, dass es eine Sonderregelung für Reisende von den ABC-Inseln mit vorherigem Mindestaufenthalt von zwei Wochen gibt: wenn man geimpft ist, entfallen alle Tests!

Normalerweise gibt es jedoch ein ganz anderes Problem. In Bonaire ist das Ankern grundsätzlich streng verboten. Vor der Küste liegen Mooringbojen. Außerdem gibt es drei mehr oder weniger kleine Marinas. Findet man bei Ankunft keinen Platz, kann man gleich wieder die Segel setzten und weiter fahren. Daher legt der Hafenkapitän Wert auf eine Reservierung, ohne die man offiziell nicht nach Bonaire kommen darf. Wir haben Glück. Zwei der Marinas bestätigen uns, dass außergewöhnlich viele Mooringbojen frei sind. Bei der Ankunft haben wir die Qual der Wahl.

Die Einreise selbst ist sehr unkompliziert. Ein kurzer Spaziergang führt zu Customs. Hier werden wir nach der Antwort auf unsere Health Declaration gefragt… sind wir willkommen? Keine Ahnung. Bisher ist nichts bei uns angekommen. Doch das lässt sich mit einem kurzen Telefonat schnell klären. Ja, wir sind willkommen!

Alle Formalitäten unter einem Dach.

Sind die Zoll-Papiere fertig, wird der Kollege von der Immigration angerufen. Kurze Zeit später sitzt er an seinem Schreibtisch und nach ein paar banalen Rückfragen sind die Formalitäten erledigt. Zu beachten ist dabei, dass ALLE Crewmitglieder zumindest mal durch die Scheibe winken müssen. Bei der Ausreise läuft das dann genauso.

Zum 23. Dezember wird die Risiko-Einteilung der Länder überarbeitet und dabei auch die „CAS-Bubble“ abgeschafft. Letztlich kommt man ohne PCR-Tests nun nicht mehr rein. Aktuelle Informationen finden sich auf der Crisis Website of the Public Entity Bonaire.

Ein abschließender Hinweis noch zu den beliebten Mooringbojen vor Bonaire. Zurzeit (Ende 2021) kosten diese pro Tag durchaus moderate 10$ + kürzliche Preiserhöhung von 10% + Steuern. Aktuell wird jedoch aufgrund der offensichtlich ausgesprochen negativ aufgenommen Auswirkungen der Segler auf die Unterwasserwelt eine Erhöhung auf 45$ + Steuern (sic!) geplant. Mitte 2022 soll es soweit sein. Wir werden von dem ganzen „Segler-Paket“ noch berichten. In diesem Zusammenhang ist schon jetzt anzumerken, dass viele Haushalte auf Bonaire noch nicht einmal an eine (immerhin gerade entstehende) Kanalisation angeschlossen sind.. Und nun ratet mal, wohin deren Abwässer letztlich fließen. Genau… aber die Segler sind mal wieder an allem Schuld. *sigh*

Das karibische Königreich der Niederlande

West-Indische Compagnie (1621-1792)

Die Niederlande haben wie andere europäische Länder auch eine koloniale Geschichte, dessen Wegbereiter die in Amsterdam beheimatete West-Indische Compagnie (WIC) ist. Gegründet am 3. Juni 1621 als Privatgesellschaft mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben kümmerte sie sich im 17. Jahrhundert vor allem um den transatlantischen Dreieckshandel in Westafrika, der Karibik sowie Nord- und Südamerika. Anscheinend nicht immer erfolgreich wird sie 1674 aufgrund finanzieller Probleme aufgelöst.

Doch können und/oder wollen die geschäftigen Niederlande die Gewinnmöglichkeiten nicht ignorieren und schon 1675 wird als Nachfolger die Tweede Geoctroyeerde West-Indische Compagnie (auch Nieuwe West-Indische Compagnie) gegründet. Ganz pragmatisch übernimmt sie die alten Handelsbereiche, Schiffe, Festungen und dergleichen. Der Fokus liegt fortan auf dem transatlantischen Sklavenhandel.

So ganz nebenbei gründet und erobert die WIC im Namen der Niederlande diverse Kolonien. In der Karibik sind das unter anderem die noch heute mit dem Königreich verbundenen, „westindischen Inseln“ Aruba, Curaçao, Bonaire, Saba, St. Eustatius und St. Maarten.

Flagge West-Indische Compagnie

Curaçao en Onderhorigheden (1845-1954)

Nach dem Sturz von Napoleon erobern die Niederlande ab 1815 ihre ehemaligen, karibische Kolonien zurück. Einerseits handelt es sich dabei um (das seit 1975 unabhängige) Suriname. Die sechs Inseln der zwei anderen Kolonien Curaçao und Abhängigkeiten (Aruba, Bonaire) sowie St. Eustatius und Abhängigkeiten (niederländischer Teil von St. Maarten, Saba) sind ab 1845 erstmals in einer Kolonie vereint. Anfang des 20. Jahrhunderts wird die außer Mode gekommene Begrifflichkeit „Kolonie“ nach und nach fallen gelassen. Namen kommen und gehen. Von 1936-1948 heißt die nicht-mehr-Kolonie Gebiedsdeel Curaçao und ab 1948 Nederlandse Antillen.

Flagge Koninkrijk der Nederlanden

Nederlandse Antillen (1954-2010)

Am 15. Dezember 1954 werden die Niederländischen Antillen offiziell ein eigener Staat im Königreich der Niederlande. Doch dieser sechs-Insel-Staat ist brüchig. Schon 1986 steigt Aruba aus und wird ein eigener Staat im Königreich der Niederlande. Zugleich wird für 1996 die vollständige Unabhängigkeit vereinbart, das Vorhaben 1994 auf Wunsch Arubas jedoch wieder fallen gelassen. Nicht ganz unverständlich. Letztlich bringt dieser spezielle Status mit sich, dass Aruba sich außenpolitisch praktisch um nichts kümmern muss, zugleich innenpolitisch völlig freie Hand hat. Das sehen Curaçao und Sint Maarten wohl ganz ähnlich. Ab 2010 sind auch sie jeweils unabhängige Länder im Königreich der Niederlande. Die Niederländischen Antillen werden aufgelöst und die drei verbleibenden Inseln bekommen den Status sogenannter besonderer niederländische Gemeinden.

Flagge Nederlandse Antillen

CAS-landen und BES-eilanden (seit 2010)

Heute haben sich für die sechs Inseln mit ihrem jeweils besonderen Status Begrifflichkeiten der CAS-Länder und BES-Inseln (bzw. Caribisch Nederland) herausgebildet.

CAS meint die drei unabhängigen Länder innerhalb des Niederländischen Königreichs: Curaçao, Aruba und (der niederländische Teil von) Sint Maarten.

BES meint die drei besonderen Gemeinden der Niederlande: Bonaire, St. Eustatius und Saba.

Dabei können gemeinsame Namen nicht über teilweise gravierende Unterschiede hinwegtäuschen. Die geografisch zusammengehörigen ABC-Inseln „unter dem Wind“ (Leeward) Aruba, Bonaire und Curaçao vor der Küste Venezuelas sind flächenmäßig größer (ca. 180/288/444 km²) und – abgesehen von Bonaire – auch bevölkerungsreicher (ca. 120t/21t/160t) als die drei gut 800km nordwestlich gelegenen SSS-Inseln „über dem Wind“ (Windward) St. Maarten, St. Eustatius und Saba (ca. 34/21/13 km² bzw. ca. 44t/3,5t/2t). Auch kulturell blickt man natürlich auf eine andere Historie zurück. Ach ja, einig sind sie sich darin, dass man mit dem Euro auf keiner der Inseln etwas anfangen kann…

unten ABC – oben SSS (Quelle: Wikipedia)

Trotzdem scheint man sich auch verbunden zu fühlen. Hier auf Bonaire gibt es bis Ende Dezember für die Einreise eine sogenannte „CAS-Bubble“ (keine PCR-Tests). Und nach einer neuen Risikobewertung zum 23. Dezember sind nur noch die „BES-Freunde“ St. Eustatius und Saba als „very low risk“ eingestuft. Die Gruppe „low risk“ ist aktuell leer (sic!), „very high risk“ dagegen mit immerhin 13 Ländern (vorwiegend afrikanisch, aber auch mit UK und Nachbar Venezuela) besetzt. Der ganze Rest tummelt sich zusammen mit den Niederlanden in „high risk“. Doch das ist jetzt eigentlich ein bisschen zu viel Tagesaktualität für einen eher allgemein gedachten Artikel über die heute noch spürbaren kolonialen Auswirkungen im karibischen Königreich der Niederlande.

Curaçao bleibt an Steuerbord liegen

12./13. Dezember 2021

Wir schon das ein oder andere Mal erwähnt, kommt der (Passat-)Wind hier in schöner Regelmäßigkeit aus Osten. Und da müssen wir hin. Es wird die Zeit und der Schlag kommen, da wir tagelang dagegen kreuzen müssen. Für den kurzen Hüpfer innerhalb der ABC-Inseln warten wir jedoch lieber auf eine Atempause des Windes und werfen faul den Motor an. Trotzdem sollte man sich die Route gut überlegen.

Unsere erste Idee ist, nördlich um Aruba rum und dann nach steuerbord abzubiegen um an der Südküste von Curaçao herum Kurs Richtung Bonaire zu setzen (rot). Der Weg ist zwar etwas länger, bietet jedoch einige Vorteile. Schiebender Strom bei Aruba. Wellenabdeckung dicht an der Westküsten von Curaçao. Außerdem hätten wir einen besseren, wahrscheinlich sogar streckenweise segelbaren Wind. Doch dann habe ich mir mal die typische Strömungskarte der Region angeschaut:

Quelle: Windy

Die geplante Route hätte uns in einen kräftigen Gegenstrom von über 2kn (blau-türkis) geführt. Darauf kann wohl so ziemlich jeder Segler herzlich gerne verzichten. Daher wählen wir letztlich den so ziemlich direktesten Weg (grün). Südlich an Aruba und dann an der Nordspitze von Curaçao vorbei.

Doch warum erzähle ich hier eigentlich immer davon, an Curaçao vorbeizufahren?!? Der Grund ist schnell erzählt. Kommt man als Segler auf die Insel, gilt grundsätzlich die Fiktion der „Einreise aus einem Hochrisikoland“… mit allem drum und dran wie umständlicher Immigration in Willemstad und teuren PCR-Tests für die gesamte Crew. Lange wägen wir ab. Letztlich geben zwei Punkte den Ausschlag. Einerseits würden wir ohnehin nicht allzulange bleiben wollen. So langsam drängt die verbleibende Restzeit bis zur geplanten Rückkehr nach Deutschland. Andererseits sind sich die Berichte anderer Segler darin recht einig, dass Bonaire einfach schöner sei. So fällt der Entschluss, dass Curaçao an Steuerbord liegen bleibt.

Die etwas mehr als 100sm lange Fahrt verläuft unspektakulär. Morgens werfen wir die Leinen los. Vorbei an Wracks und Müllkippe geht es an den Immigration-Steg.

Abfahrt aus der Varadeo Marina
Opfer einer kniffligen Passage
Müllkippe aus der Nähe

Die Formalitäten sind schnell erledigt. Richtung Süden haben wir nur leichten Gegenstrom und schon gegen Mittag ziehen wir das Groß als stützende Hilfe hoch und biegen ab Richtung Curaçao.

Im Süden von Aruba
Segelmodus
Adiós Aruba

Der Wind bleibt sogar ruhiger als vorhergesagt. Am späten Nachmittag kommt die Nachbarinsel in Sicht, deren Nordpunt wir gegen halb elf passieren. Hier wird es dann auch das einzige Mal etwas unruhiger. Die schaukelnden Wellen sorgen schnell für Ruhe in der sich in die Kojen zurückziehenden Crew. Der Skipper hält Wache.

Curaçao am Horizont

Am Vormittag sind immer mehr Details von Bonaire zu erkennen. Vorbei an den großen Ölsilos im Norden steuern wir Kralendijk an. Die Silhouette eines Kreuzfahrers zeichnet sich deutlich ab. Aber da sind auch ganz viele Masten im Bojenfeld von Bonaire. Wir sind gespannt, was uns hier auf Bonaire erwartet…

Bonaire in Sicht
Die AIDAperla ist schon von weitem unübersehbar