Anfang Mai 2022
Den Namen Kourou hat wohl fast jeder Deutsche schon mal gehört. Hier ist der europäische Weltraumbahnhof, von dem die Ariane-Raketen starten. Doch es ist auch ein kleines Städtchen und man kann hier entspannt mit dem Segelboot liegen. Wobei „entspannt“ nicht uneingeschränkt wörtlich zu nehmen ist.
Etwas flussaufwärts liegen zwei Stege. Die kleine Marina ist praktisch immer voll und die Fischer lässt man lieber in Ruhe. Was bleibt ist der eigene Anker zwischen Fahrwasser und grün bewachsenem Ufer.


Dabei zeigt sich mal wieder, dass Strömung in aller Regel den Wind schlägt. Je nach aktueller Gezeit liegen wir bei Flut bzw. Ebbe mit dem Bug bzw. Heck in Richtung Flussmündung. Und von dort kommt der Wind. Das führt gerade bei Ebbe zu der komischen Situation, dass der Wind vor Anker nicht unbedingt von vorne kommt. Und der Wind weht gegen den Strom und baut so eine kurze Welle auf. Und der Wind bringt den Regen mit, der dann schön das Cockpit wässern kann. Immerhin einigen sich Strom und stärkerer Wind darauf, das Boot seitlich zu allem zu positionieren… zu Strömung, Wind, Regen und leider auch Welle. Leidlich entspannt.

Natürlich liegen wir hier nicht alleine vor Anker. Es ist eine bunte Mischung aus gepflegten Booten auf Kurzbesuch und einigen Dauerliegern, die schon arg vom Zahn der Zeit in tropischem Klima geprägt sind. Man könnte einige auch guten Gewissens als Ruinen bezeichnen, aber sie schwimmen noch und sind teilweise sogar bewohnt. Und alle diese Boote bewegen sich im Rhythmus der Gezeiten munter umher. Fast wie ein leidlich koordiniertes Ballett. Besonders unstet liegt ein Geisterboot mit offensichtlich sehr viel Ankerkette. Im Laufe des Tages macht er das Ankerfeld in einem Umkreis von mehreren Bootslängen unsicher. Da halten wir lieber Abstand.

Wir ankern auf Empfehlung etwas weiter entfernt. Hier soll der Anker besser halten und wir liegen nicht so gedrängt. Der Weg zum Steg hält sich trotzdem in Grenzen. Der Dinghy-Anleger ist eine große Doppelbox. Manchmal liegt da zwar einer der großen Ausflugskatamarane drin, aber er lässt genug Platz. Am Steg gibt es dann sogar Trinkwasser und zur Freude von Samuel viele Vögel, aber auch interessante Vieraugen zu beobachten.


Ansonsten gibt es in der näheren Umgebung nicht viel zu sehen. Ein kleiner Fischmarkt und ein leckerer Bäcker. Aber sonst? Nun ja, Kourou selbst ist auch nicht gerade für sein pittoreskes Erscheinungsbild bekannt. Dieses Vorurteil wird eindrücklich bestätigt. Die kleine, ich nenne sie mal „Hauptstraße“ entlang liegen ein paar Geschäfte, eine (geschlossene) Kirche und ein (unter der Woche geschlossene) Markt. Das Rathaus könnte einen Eimer Farbe vertragen. Ganz im Gegensatz zu der gut gepflegten Kaserne der Fremdenlegion, die in Französisch Guyana unter anderem Dschungeltrainings durchführt.


Abschließend noch ein paar weitere, praktische Tipps (nicht nur) für Segler…beginnend mit dem nicht ganz unwichtigen Hinweis, dass es nach unseren Informationen aktuell keine Möglichkeit gibt, hier ein- oder auszuklarieren. Die entsprechenden Stellen sind geschlossen. Wir haben das alles in Saint-Laurent-du-Maroni erledigt.
Praktisch ist unbestritten die in Fußreichweite vom Steg gelegene Autovermietung, bei der wir für verhältnismäßig erschwingliche 46€ am Tag einen Kleinwagen bekommen. Außerdem waren sie so nett, mein kleines Missgeschick beim Rückwärtsfahren an der Tankstelle ebenso wie die Dame im anderen Auto zu übergehen. Laut Preisliste waren für den kleinen Kratzer an der lackierten Stoßstange 285€ fällig. Nach Rücksprache der netten Dame am Schalter mit ihrem Chef erfolgt keinerlei Abzug bei meiner Kaution. Nochmal vielen Dank! :-)

Ein Auto ist in Kourou dringend nötig, wenn man etwas in der Umgebung kennenlernen möchte oder Erledigungen hat. Öffentlicher Nahverkehr ist unbekannt und Taxis haben wir auch nicht gesehen. Die großen Supermärkte sind zum Laufen gerade etwas zu weit weg. Wir fahren meist zum „Super U“, der eine große Auswahl zu guten Preisen bietet. Gegenüber findet sich im McDonalds kostenloses Internet… zumindest für eine halbe Stunde. Es gibt auch eine Art Wäscherei. Mitten in einem Gebiet mit Wohnblocks stehen in einem Durchgang Waschmaschinen und Trockner zur Selbstbedienung. Gerade nachmittags sicher auch ein Ort sozialer Begegnung.

Etwas weiter entfernt ist das Industriegebiet. Dort finden sich unter anderem ein gut sortierter Baumarkt (Le GAC), ein Angelladen (Nautic Auto Caraïbes) sowie auch das Centre d’Archéologie Amérindienne de Kourou mit aktuell leider sehr eingeschränkten Öffnungszeiten. Am geplanten Nachmittag unseres Besuchs haben sie spontan geschlossen.
Insgesamt ist Kourou für Segler ein praktischer, nicht zuletzt weil günstig gelegener Zwischenstopp. Unsere Besuchsziele (Cayenne, Weltraumbahnhof, Îles du Salut) sind gut erreichbar. Letzte Vorbereitungen für unsere anstehende Atlantiküberquerung schnell erledigt. Der Besuch hat sich gelohnt.
