Quito, 13. Februar 2021 (nachmittags)
Nach dem ersten Pflichtbesuch bei der Virgen de El Panecillo geht es zum nächsten Pflichtbesuch, dem Weltkulturerbe Quito Colonial. Wir beginnen den Rundgang in der Vergnügungsmeile Calle de La Ronda. Sie ist wie ausgestorben, nur 2-3 Restaurantwerber halten uns erfolglos ihre Speisekarten unter die Nase. Wahrscheinlich ist es aber auch noch etwa zu früh am Tage?!


Alleine hier in der Altstadt finden sich etwa 30 römisch-katholische Kirchen. Deren älteste steht am Plaza de San Francisco und ist bei diesem Namen wenig verwunderlich eine Franziskanerkirche nebst Kloster aus dem 16. Jahrhundert. Es ist geöffnet und sogar die Kinder sträuben sich nicht gegen einen Besuch.

Zunächst genießen wir die Stille der Klosterhöfe, die wir fast für uns alleine haben. Es finden sich heute tatsächlich mehr Papageien als andere Menschen. So schlendern wir zwischen in den Himmel ragenden Palmen, intensiv duftender Zitronenmelisse und großem Rosmarin umher.



Es schließt sich ein kleiner Museumsrundgang an. Und wieder sind viele Beispiele des hierzulande typischen Synkretismus zu entdecken. Natürlich finden sich mehrere Versionen der berühmten Jungfrau von Quito. Die Statuen sind allgemein sehr naturgetreu gestaltet. Ihre Augen aus Glas und die intensiven rote Wangen seien ein indigener Akzent der Künstler. Auffällig ist auch, dass sich in den Bildern immer wieder in einer Ecke oder einer Höhle dunkelhäutige Menschen (gerne mit Hund oder Ziege) finden lassen. Wie oft auch in der europäischen Kunst haben sich die Maler hier selbst verewigt… nur halt weniger versteckt, da eindeutig indigen.




Als Höhepunkt besuchen wir die Kirche. Und es ist gerade Hochzeit. Daher schauen wir nur vom hinteren Chor in den großzügig ausgestalteten Raum hinein. Ach was… das ist fast schon übertriebene Opulenz, deren goldener Schein uns fast blendet.



Weiter geht der Spaziergang durch die engen Straßen der Altstadt. Die Iglesia La Compañia de Jesús aus dem 17. Jahrhundert gilt manchen (vor allem Ecuadorianern ;-) als schönstes Gotteshaus der Welt, zumindest aber doch im lateinamerikanischen Raum. Mehr als eine Tonne Gold soll hier verarbeitet und schönste Kunstwerke der Escuela Quiteña darin enthalten sein. Leider geschlossen. Uns bleibt nur der Blick von außen.

Im Zentrum der Altstadt liegt der Plaza Grande, bzw. auch Unabhängigkeitsplatz. Sehr gepflegt, mit Palmen und Bänken versehen sowie einem großem Heldenmonument (Monumento a la Independencia) in der Mitte lädt er zum Verweilen ein und bildet so einen Anziehungspunkt für die Quiteños. Selbst heute. Es ist wirklich ziemlich voll. Für unsere Zeiten ungewohnt voll. Nicht nur hier herrscht leider fremd gewordene Normalität. Es ist nicht immer leicht, den heutzutage als sittlich empfundenen Abstand zu halten. Doch wir geben uns Mühe. Zur Not meiden wir besonders belebte Ecken und laufen Umwege.



In der Umgebung des Platzes finden sich wenig überraschend einige Sehenswürdigkeiten. Die eher spartanische Kathedrale (Catedral Metropolitana de Quito) ist gerade geschlossen. So entgeht uns leider das schon erwähnte Abendmahl mit Meerschweinchen im Original. Am Präsidentenpalast (Palacio de Carondelet) stehen noch Absperrungen. Der aktuelle Bewohner hatte wohl eine Zeitlang etwas zu viel Angst vor etwas zu viel Volksnähe…



Wir gehen in einen kleinen, mit weitgehend leeren Restaurants gefüllten Hof im Bischofspalast (Palacio Arzobispal). Nur wenige Besucher tummeln sich in der Mitte und am Rand. Gerade beginnt die Vorführung eines traditionellen Faschingstanzes. Es ist bunt und laut, die Akteure versprühen Lebensfreude und doch will der Funke zum Publikum nicht so recht überspringen. Schade, aber dann doch wieder verständlich. Bei aller einheimischen Aktivität auf den Straßen fehlt doch offensichtlich der sonst übliche Touristenstrom. In dieser Hinsicht sind wir unübersehbar die Exoten.



Den Abschluss unserer kleinen Tour bildet die neugotische, nach über 100 Jahren Bauzeit inzwischen (fast) vollendete Basilika del Voto National. Angedacht ist, auch ob der fortgeschrittenen Stunde, lediglich ein Blick von außen. Doch der Skipper möchte gerne rein. Die Crew fügt sich leise murrend. Es lohnt es sich. Auch, wenn wir wieder in eine Hochzeit platzen.

Nun gut, natürlich halten wir uns am Rand und versuchen unseren Rundgang möglichst leise und unauffällig zu gestalten… doch wenn die neuen Sohlen auf dem glatten Steinboden quietschen… ups… für manchen Hochzeitsgast sind wir dann doch eine (jedoch nie unfreundliche!) Kopfdrehung wert.
Unser abschließender Blick fällt draußen auf die vielen verschiedenen Wasserspeier der Basilika. Hier vermischen sich Fantasiewesen mit landestypischen Tieren wie Affen, Schildkröten, Krokodilen, Jaguaren, Ameisenbären, Pelikane oder auch Albatrossen. Das ist an einer Kirchenfassade eher selten zu sehen. Ein denkwürdiges Bild zum Abschied aus Quito Colonial.

Kann nur kurz sagen: wunderschön! Und gut dass Ihr die Zeit hattet, dies alles zu besuchen!
Ja, es war wirklich ein sehr schöner Tag voller Eindrücke. Man muss aber auch ehrlich einräumen, dass nur ein Tag für Quito im Grunde viel zu wenig ist. In der Tat mussten wir an vielen schönen Eindrücken vorbei gehen. Und doch ist es in den heutigen Zeiten wahrscheinlich gar keine schlechte Idee, seine Zeit in solchen Ballungszentren eher kurz zu halten… wir sind dankbar für das, was wir erleben durften.
Liebe Grüße,
Micha
Liebe Familie Gramse,
ich freue mich so, dass Sie endlich wieder etwas von der Welt außer Wasser in seinen vielfältigen Varianten sehen dürfen! Ich hoffe, es bleibt so.
Ihre Beiträge lesen sich spannender als jeder Krimi!
Ich bin immer wieder über Ihren Sprache erfreut: witzig, treffend, nette Formulierungen, überraschende Sprachwitze!
Eva Kluge
Liebe Frau Kluge,
schon wieder so ein schönes und ermutigendes Kompliment aus berufenem Munde. Vielen Dank dafür (… auch wenn es den Druck natürlich hoch hält ;-). Aktuell sieht es mit den Eindrücken jenseits des Wassers gar nicht mal schlecht aus… Costa Rica: wir kommen!
Liebe Grüße,
Michael