Schon wieder die Batterien… das Jahr fängt ja gut an!

Pazifik, 1. Januar 2021

Das letztlich nicht ganz unerwartete Problem deutet sich schon am vorhergehenden Silvestermorgen an. Für ein Segelmanöver wollen wir den Motor starten, doch außer einem kurzen Zucken des Anlassers passiert nichts. Schon wieder. Die Verbraucherbatterien stehen auf 92% und die Spannung der Starterbatterie sieht mit 12,6V auch gut aus. Trotzdem gibt es anscheinend nicht genug Saft zum Motorstart. Wir hatten über das Thema ja schon unter Alltagsprobleme in hohen Breiten: Batterien berichtet. Nun zerschlägt sich die dort geäußerte Hoffnung auf Besserung bei höheren Temperaturen. Nur gut, dass ich die Überbrückungskabel in weiser Voraussicht nicht zu weit weggestaut habe.

An Neujahr reißt mich dann um 5:59 Uhr, genau eine Minute vor dem Handywecker, ein Piepen im Salon aus meinem kurzen Nickerchen. Batteriealarm. Laut Anzeige sind die Verbraucherbatterien wiederum bei 92% Ladung, haben aber nur noch 10,6V Spannung. Folgerichtig blinkt der rote Hinweis Batterie leer. Der Unterschied zu gestern ist, dass wir diese Nacht die Starterbatterie abgeklemmt haben. Die sollte zwar offiziell von den Verbrauchern getrennt sein, genau um Situationen wie die gestrige zu verhindern. Bei uns scheint es da aber einen Schleichweg zu geben. Unbestrittener Vorteil ist, dass nach dem Anklemmen der Starterbatterie der Motor heute umgehend startet.

Inzwischen verkündet die Batterieanzeige 0% und fordert Bitte nachladen!. Ach nee! Wir lassen den Motor also laufen und die Lichtmaschine lädt anfangs mit gut über 20A. Nach etwas über einer Stunde sind wir bei 4%. Das kann also noch etwas dauern. Oder auch nicht. Kurz danach verringert sich der Ladestrom allmählich auf unter 9A. Das ist eigentlich ein Zeichen dafür, dass die Batterien so langsam voller sind. Nach insgesamt gut 1½ Stunden ist es dann soweit. Die Anzeige springt spontan von 5% auf 100%. Ein Ladegerät, das das bei unseren nominell 500Ah schafft, muss jedoch erst noch erfunden werden. Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand. Unsere direkt vor Abfahrt zur Sicherheit neu angeschafften Verbraucherbatterien werden uns nicht – wie erwartet und versprochen – um die Welt bringen, sondern haben im Laufe des letzten Jahres auf gut deutsch den Arsch hoch gemacht. Die aktuell vorhandene Kapazität schätze ich auf maximal 50Ah ein Zehntel!

Für solche Nachrichten gibt es naturgemäß keinen guten Zeitpunkt. Aber mit einen Tag nach Verlassen des Hafens und über 2000sm ohne Nachschubmöglichkeit vor dem Bug ist dieser Zeitpunkt nicht einmal ansatzweise nahe dran an gut. Soooo schlimm ist es aber dann auch wieder nicht. Wir haben mehr als genug Diesel für eine tägliche Laderunde dabei. Außerdem nähern wir uns dem sommer-sonnigen Äquator. Da haben wir mit unserem Solarpaneel tagsüber praktisch keinen Nettostromverbrauch. Wir werden es also sicher bis Ecuador schaffen. Dort stehen dann aber neue Verbraucherbatterien ganz oben auf der Einkaufsliste.

Ansonsten verläuft der Tag entspannt und ähnlich wie gestern. Na wenigstens schaut Samuel sich mal ein paar Vokabeln an und auch Maila macht zumindest etwas Schule. Erste Schritte auf dem Weg zur Bordroutine unter Segeln. Ansonsten verbringen beide wieder viel Zeit im Cockpit. Nachdem Maila sich gestern einen kleinen Sonnenbrand im Gesicht holte, hat sie nun Papas Schlapphut als modisches Schutzaccessoire entdeckt echt süß!

Maila hat sich Papas Schlapphut stibitzt…

Der Skipper hat mal wieder einer alter Seglertradition folgend dem lieben Rasmus ein Schlückchen Rum geopfert. Nach vier Monaten im Hafen scheint eine Erneuerung der hoffentlich guten Beziehungen angemessen. In diesem Zusammenhang geht ein besonderer Gruß und Dank für die Inspiration an Skipper Thomas!

Die Wellen schaukeln uns hin und her…
man merkt, wir sind hier auf dem Meer.
Drum Rasmus altes Rübenschwein,
schenk uns Wind und Sonne ein!

Das Opfer wird anscheinend angenommen. Der Wind pendelt sich ziemlich konstant bei angenehmen 5-6 Bft. Süd ein. Das Großsegel wird ausgerefft und bringt uns weiter zügig voran. Auch die Welle nimmt etwas ab und wird trotz weiterhin 2-3m Höhe irgendwie angenehmer. Rundherum nur das Blau und Weiß von Himmel und Wolken, von Meer und Schaumkronen. Auf AIS und Radar herrscht weiterhin gähnende Leere. Lediglich zwei Landsignale der Einfahrt zur Bahía Concepción erreichen uns einmal aus fast 150sm Entfernung. Wir sind wohl im Umkreis von mindestens 100km die einzigen Menschenseelen. Irgendwie ein tolles Gefühl.

Weit und breit weder Schiff…

Heutzutage gibt es immer weniger Orte auf der Welt, an denen das möglich ist insbesondere wohl in (Eis-)Wüsten und auf den Meeren. Obwohl letztere auch alles andere als vereinsamt sind. Man zoome sich bei Marinetraffic oder Vesselfinder einfach mal raus und staune und das sind nur (nicht einmal alle) Schiffe mit AIS! Doch der hier gewonnen Eindruck täuscht auch etwas. Ja, es sind viel zu viele. Es ist aber auch nicht so, dass man trockenen Fußes von Küste zu Küste käme. Zumindest abseits der großen Schifffahrtswege und Fischereigebiete verlaufen sich die vielen kleinen Schiffe in der Praxis dann schon ein wenig auf dem großen Ozean und man kann ein klein bisschen das hoffentlich nicht allzu trügerische Gefühl großer Freiheit genießen.

… noch Land in Sicht!

In der nächsten Nacht beginnt der Batteriealarm dann schon um 4 Uhr. Innerhalb einer halben Stunde ist die Spannung von 12,7V auf 10,7V abgefallen. Motor an zum Laden. Das ist dann wohl der Beginn einer neuen Routine.

Ein Gedanke zu „Schon wieder die Batterien… das Jahr fängt ja gut an!“

  1. Lieber Michael, gestern ließ sich mein Kommentar nicht senden, mal sehen, ob ich heute mehr Glück habe.
    Nach den ständigen Enttäuschungen in Valdivia – meinte da vielleicht jemand, er würde sein Gesicht verlieren, wenn er aus seinen Absagen später eine Zusage macht?- wünsche ich Ihnen von Herzen, dass Sie in Ecuador herzlich willkommen geheißen werden und viele Eindrücke aus dem Land mitnehmen können.

    Ihnen und der Familie ein gesundes Neues Jahr und allzeit eine Handbreit Wasser unterm Kiel!
    Herzliche Grüße!
    Inja

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