Pazifik, Anfang April 2021
Wer schon einmal nachts über das weite Meer gesegelt ist, wird sich bei diesem Artikel sicher fürchterlich langweilen. Nichts als altbekannte, langweilige Dinge. Andere mögen dagegen vielleicht ebenso überrascht sein, wie ich es einst bei meinen ersten Nachtschlägen auf dem offenen Ozean war. Und selbst oft gesehen, werden sie in der Realität gar nicht so schnell langweilig: Lichter im Wasser.
Eigentlich ist der Ozean ein perfekter Ort für Dunkelheit. Wenn man nicht gerade im Lampenmeer eines Kreuzfahrtschiffes unterwegs ist und am Besten die Lichtschalter des Bootes in eigener Verantwortung hat, gibt es gerade bei Neumond kaum einen besseren Platz, um den Sternenhimmel zu betrachten. Deutlich zieht sich das Band der Milchstraße quer über das Firmament, die Planeten leuchten auf ihrer Ekliptik und manchmal hat man ob der vielen Lichtpunkte sogar Probleme ein gesuchtes Sternzeichen sicher auszumachen. Zum Glück gibt es da viele helfende Apps…
Doch eigentlich möchte ich ja von den Lichtern im Wasser erzählen, denn auch der Ozean ist nachts alles andere als pechschwarz. Zunächst sind da diese kleinen, einzeln gar nicht erkennbaren, biolumineszierenden Organismen, die bei Bewegung kleine Lichtpunkte aussenden. Und so ein Boot im Wasser sorgt für Bewegung. Hinter dem Heck ziehen wir also eine breite Leuchtspur hinter uns her. Deutlich ist an den zwei helleren Streifen zu erkennen, dass wir ein Doppelruder haben. Als wäre das nicht genug, leuchten dann noch immer mal wieder größere Flecken hell auf. So wie kurz eingeschaltete Lampen. Leuchtquallen? So manche Nacht habe nicht nur ich schon hinten gesessen und unserer Spur verträumt hinterher geschaut. Gerade unsere Jüngste ist mindestens ebenso begeistert.
Und es gibt noch mehr Bewegung auf dem Wasser. Natürlich macht so ein Boot eine Bugwelle, die in der Nacht fluoreszierend schimmert. Endgültig surreal wird es jedoch, wenn bei etwas mehr Wind die leuchtenden Schaumkronen der Wellen auch in der Ferne gut erkennbar über das Wasser tanzen…
Dann gibt es noch die Bewegungen IM Wasser. Ein leider eher seltenes, dann aber beeindruckendes Erlebnis sind Delfine bei Nacht. Die Tiere selbst erkennt man dabei kaum bis gar nicht. Wohl aber die torpedoartigen Leuchtstreifen, welche sie durch das Wasser ziehen. Besonders glücklich kann sich schätzen, wer Delfine nachts bei der Jagd auf kleine, von der Bugwelle aufgeschreckte Beute beobachten kann. Dafür lohnt es sich sogar, extra aufzustehen.
Solche kleine Meeresbewohner bieten auch einen unvergesslichen Anblick, wenn man nachts mit einer starken Lampe über das ruhige Wasser leuchtet. Überall schwimmen, zucken und springen kleine, orange reflektierende Lichtpunkte umher. In der Nähe erkennt man sogar die Augen der kleinen Tierchen. Doch streift der Blick in die Ferne, scheint es fast so, als ob der Ozean selbst lebt.
Schließlich erspäht man hin und wieder auch einfach nur eine etwas größere, schwach leuchtende Fläche im Meer. Gerade vorletzte Nacht sind wir durch eine solche gefahren. Unscharfe, immer in Bewegung scheinende Ränder lassen es wie eine einzelne große Amöbe erscheinen. Und doch ist es wohl eher ein Fischschwarm, der für das diffuse Licht sorgt. Oder vielleicht doch ein Wal? Wir wissen es nicht genau. Doch es hält uns natürlich nicht davon ab, dieses nur anfangs überraschende, später zwar gewohnte, aber stets faszinierende Spektakel zu genießen: Lichter im Wasser.
Wunderschöne Beschreibung der Lichter im Meer. Man wird an den Film „Das Leben von PI“ erinnert. Vielen Dank für diese erzählten Lebenserfahrungen.
Vielen Dank. In der Tat hat es manchmal wirklich etwas Magisches… zwar nicht ganz so. wie in dem genannten, wirklich tollen Film, aber das ist ja auch „nur“ eine Fabel ;-)
Liebe Grüße aus Costa Rica,
Micha