Rückzug aus Valdivia

Valdivia, 30. Dezember 2020

Die letzte Antwort bzgl. unserer Immigration war dann schließlich der berühmte Tropfen zu viel. Es reicht ausnahmslos der gesamten Crew, jeder Tag hier wird immer mehr zur Belastung. Wir haben zu oft gehört, wie schön Valdivia doch sei, wie schade es doch sei, unverständlich… oder die Aussage eines gerade aus Europa eingereisten Touristen, er wolle endlich mal wieder mit einem Bier auf einer Terrasse sitzen. Alles lieb gemeint, inzwischen können wir es aber nicht mehr hören, ohne dabei TIEF durchatmen zu müssen.

Wir sind also nochmal zum stadtnahem CYV gefahren. Hier bekommen wir eine letzte große Supermarktlieferung, geben die kleine Gasflasche zum Nachfüllen ab, bezahlen die Hafengebühr für die letzten vier Monate. Jorge meinte, er wolle uns am liebsten gar nichts berechnen, aber das könne er leider nicht machen. Daraufhin gibt er uns 50% Nachlass. Und der Landgang der Samai ist dabei natürlich auch inklusive. Vielen Dank! Für alles!!! Jorge hat gerade am Anfang für uns eingekauft, war immer für uns da, hat organisiert, besorgt und wegen uns im Hintergrund auch so manches Tänzchen mit der Gobernación de Maritima geführt.

¡Siempre tranquilo!

Wegen der angesagten Böen sind wir gestern dann noch für eine Nacht zurück La Estancilla gefahren. Ein letztes mal an der Isla Haverbeck vorbei. Das Schnellboot der Armada überholt uns mit über 30kn, zeigt aber kein Interesse. Das war kurz danach bei der Ankunft anders. Da warteten schon zwei Kollegen von der Policía de Investigaciones (PDI). Das ist neu. Man habe gehört, dass wir abfahren wollen und brauche noch ein paar Information über das genaue wann und wohin. Auch wolle man bitte unsere Pässe fotografieren. Hey, das war tatsächlich das allererste Mal, dass uns ein Chilene nach den Pässen gefragt hat! Auch sie äußern mal und immer wieder Worte des Bedauerns… leere Worte…

Richtig lustig ist jedoch die Geschichte, die Jorge später noch erzählt. Die Gobernación de Maritima (Armada) hat wegen uns bei ihm angerufen. Auch sie haben gehört, dass wir abfahren wollen. Da müsse man uns nun doch noch ein Zarpe ausstellen… also das in Chile für Seefahrer eigentlich notwendige offizielle Dokument. Jorge, der auf den Umgang der chilenischen Offiziellen mit uns ohnehin alles andere als gut zu sprechen ist, kann es nicht fassen. Und er macht aus diesem Umstand kein Geheimnis. Ich möchte jedenfalls nicht derjenige gewesen sein, der bei seiner „emotionalen“ Antwort am anderen Ende der Leitung saß! ;-)

Abschied vom Club de Yates Valdivia

Später bringen dann noch unser Honorarkonsul Kurt mit seiner Frau Sabine unsere letzte Bestellung an Fleisch und frischem Gemüse zum Boot. Es tut uns so unendlich leid, wie wir sie die letzten Monate in Anspruch genommen haben… nehmen mussten. Wir sind es eigentlich gewohnt, für uns selbst zu sorgen. Umso größer ist unsere Dankbarkeit für all ihre Unterstützung… und auch den sehr netten, offiziell natürlich nie stattgefundenen Raclette-Abend bei ihnen zu Hause ;-)

Isla Haverbeck

Die Böen von gestern sind durch, der Fluss liegt ruhig vor uns. Wir treffen die letzten Vorbereitungen, alles wird sicher verstaut, das Wasser nochmal nachgefüllt, die Crew geduscht. Am Nachmittag fahren wir mit ablaufenden Wasser los. Auf den ruhigen Fluss noch alle Fender „verstecken“ und danach das Dinghy auf dem Vordeck richtig festzurren. Vor uns liegen knapp 500sm zu den Islas Juan Fernandez. Wir erwarten natürlich nicht, auch nur einen Fuß auf die Isla Robinson Crusoe setzen zu dürfen, doch wenigstens werden wir einen Blick auf dieses abgelegene Eiland werfen. Und viel wichtiger noch: Wir sind endlich wieder unterwegs!

Armada in gewohnter Schleichfahrt

Anders als bei unseren letzten längeren Offline-Passagen haben wir im Blog die Gegenwart erreicht und keine Beiträge zum Einplanen in der Hinterhand. Daher werden wir nun endlich mal nur noch so richtig aktuell berichten und auf dem Pazifik immer mal wieder Berichte über Kurzwelle bzw. Satellitentelefon einstellen, naturgemäß dann allerdings ohne Bilder. Diese werden nachgereicht, wenn wir mal wieder ein WiFi in Reichweite haben.

P.S. Kurz vor der Abfahrt ist es dann doch noch soweit: die Armada steht mit drei Mann und viel Papier am Steg. Wir sollten das bitte ausfüllen. Ich bin ja eigentlich ein eher ruhiger Typ. Es braucht etwas, bis ich mich wirklich so aufrege, dass meine Mitmenschen das direkt zu spüren bekommen. Tja, heute war es mal wieder soweit. Ich habe die Zettel schließlich streng nach Vorschrift ausgefüllt. Den Abschnitt mit Änderungen im Vergleich zum (nicht vorhandenen) Ankunfts-Zarpe habe ich schlicht durchgestrichen und mit dem Kommentar „All the same!“ versehen. Sie wagten es nicht, das zu hinterfragen!

Die Armada heuchelt Interesse…

Zu guter Letzt habe ich noch den Filter vom Wassermacher gewechselt. Nun endlich, kurz nach drei geht es also los. Kurt und Sabine stehen winkend am Steg, vor uns liegt der Pazifik… Segel frei! ;-)

2 Kommentare zu „Rückzug aus Valdivia“

  1. Hi, buenos tardes y prospero ano, liebe SAMAI-Crew.
    Ich bin ja voll auf Eurer Seite!!! Wie Ihr das solange ausgehalten habt, Hut ab……
    aber nun seid Ihr ja motiviert für neue Abenteuer.
    Die Susanne und Kees sind jetzt wieder in Antofagasta und sind b.a.w. unter mooszÄttprotonmail.com
    erreichbar. Euch fair winds und ein gutes und gesundes Neues Jahr2021.
    PS: Tolles Foto from the family on board….
    Euer Dierk

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