Capture the Experience in Caiman House

27. März 2022

Da stehen wir nun an Ginip Landing und warten. Es ist 9:20 Uhr und damit 20 Minuten nach der uns genannten Abholzeit. Während der Fahrt hierher hatte ich mich noch über die Schleichfahrt unseres Fahrers gewundert. Allerdings wurde ihm 9:30 Uhr als Zielzeit gegeben. Dreiviertel zehn sehen wir schließlich das Boot mit unserem Guide heran rauschen. Ihm wurde 10 Uhr gesagt. Aber nun ist ja alles gut… ;-)

Schnell sind unsere Sachen eingeladen und der Tank des Außenborders nachgefüllt. Vor uns liegen gut zwei Stunden kurvige Bootsfahrt gegen den Strom des Rupununi River. Und irgendwie scheint jeder Guide in Guyana automatisch ein Vogelexperte zu sein. Das ist heute nicht anders. Es gibt aber auch wieder wirklich viele gefiederte Freunde zu sehen… aber nicht nur!

Cayennekiebitze
Amazonasfischer
Braunwangensittiche
Amerika-Schlangenhalsvogel
Schwarzbrust Mangokolibri (w)
Cocoireiher
Cocoireiher

Das im Jahr 2005 von einem Amerikaner für seine Doktorarbeit gegründete Caiman House liegt mitten im indigenen Yupukari Village. Als die Arbeit geschrieben ist, geht der Gründer wieder nach Hause. Doch die Arbeit vor Ort kann fortgeführt werden. Ziel ist die Erforschung des Black Caiman / Schwarzen Kaimans (Melanosuchus niger), die Erstellung von Protokollen zur Vermeidung von Mensch-Kaiman-Konflikten, die Ausbildung indigener Naturforscher und die Aufklärung sowie Bildung der lokalen Bevölkerung. Für letzteres wird die einzige öffentliche Bibliothek weit und breit unterhalten. Die Finanzierung erfolgt inzwischen vor allem durch den Tourismus. Doch auch wenn Kaimane nur noch im Beisein zahlender Gäste eingefangen werden, kommen die dabei gewonnen Daten weiterhin der wissenschaftlichen Nutzung zugute.

Glitzerkehlamazilie

Wir bekommen zunächst jedoch ein anderes Projekt präsentiert. Seit 2011 widmet sich das Caiman House auch dem Schutz der Yellow-Spotted Amazon River Turtle / Terekay-Schienenschildkröte (Podocnemis unifilis). In den ersten Jahren wird das Projekt von zwei britischen und dann einem amerikanischen Zoo unterstützt. Aktuell hilft das Sustainable Wildlife Management – Programme Guyana.

Menschliche sowie tierische Jäger, aber auch schwindende Sandbänke (gerade in diesem Jahr werden diese viel zu früh überflutet!) setzen die Population unter Druck. Daher werden die gelegten Eier gesammelt. Das können jährlich zwischen Dezember und April bis zu 1000 Stück sein! Die Babys schlüpfen in geschützter Umgebung und verbleiben ihr erstes Jahr im Schwimmbecken. Sind sie aus dem Gröbsten raus, werden sie in die Freiheit entlassen. Und wenn die Weibchen die nächsten knapp 15 Jahre überleben, legen sie selbst ihre Eier ab…

Kurz vor Sonnenuntergang geht es los. Das Wasser im Rupununi River steht ungewöhnlich hoch. Daher versuchen wir unser Glück auf dem südlich gelegenen See. Es sieht gut aus. Wir sitzen noch nicht im Kanu, da erspähen wir schon den Kopf eines Kaimans auf dem Wasser.

So geht es weiter. Immer wieder lugt ein Kaiman hervor. Manchmal treibt er gelangweilt umher. Manchmal kommt er mit neugierigem Blick näher. Sie sind an die lokalen Fischer gewöhnt und schauen auch bei uns mal nach, ob nicht eine Kleinigkeit abfällt.

Und natürlich ist Samuel wieder auf der Jagd nach dem schönsten Vogelfoto. Maila assistiert bei der Bestimmung.

Gelbbürzelkassike
Humboldtscharbe
Grünfischer

Am Ende des Sees machen wir den Motor aus und paddeln leise durch die im Wasser stehenden Bäume. In dieser Ecke liegt das bevorzugte Nachtlager einer Gruppe Kapuzineraffen. Pünktlich zum Tagesende rascheln die Baumkronen. Doch leider halten sie nicht nur Abstand, sondern sich auch recht gut versteckt.

Dann sehen wir noch einen Riesenotter und fragen uns, ob das für den hier nicht etwas zu gefährlich sei… so mit all den Kaimanen?! Mitnichten. Es ist eher anders herum so, dass die in Gruppen jagende Riesenotter sich eher mal an einen Kaiman heranmachen. Wow!

Zurück am Strand warten wir auf das zweite Boot. Darin sitzen und stehen vier Männer. Am Motor der Kapitän, davor der Lampenmann, dann der Verantwortliche für die Leinen und ganz vorne hat man „das große Los“ gezogen. Die lange Stange mit der Schlaufe weist den eigentlichen Kaimanfänger aus. Bei einer kurzen Begrüßung wird uns auch der extra verstärke Bug der Kanus gezeigt. Wir werden gleich sehen, warum er so verbeult ist.

Wir halten uns im Hintergrund, während das andere Boot einen ersten Fangversuch unternimmt. Erfolglos. Das Tier taucht zu schnell ab. Danach leuchten Kaimanaugen im Gebüsch einer kleinen Insel. Das andere Boot schaut nach und kommt recht schnell scheinbar unverrichteter Dinge zurück. Welch Irrtum. Kurz danach hält Maila einen Baby-Kaiman in den Händen und ist begeistert. „Man spürt richtig, wie es atmet.“ So süß!!! Auch Samuel nimmt und streichelt den Kleinen, bevor sie ihn wieder zurück bringen.

Dann wird es wild… Mama taucht auf! Eigentlich wird das Einfangen im Gebüsch vermieden. Wir sehen warum. Leinen verwickeln sich im Unterholz. Die Schlinge liegt nicht um den Hals, sondern am Bauch des mächtigen Kaimans. Wir haben Glück. Es ist wirklich ein recht großes Exemplar, dass das andere Boot irgendwann auf das offene Wasser ziehen kann. So richtig glücklich wirkt Mama-Kaiman dabei nicht. Sie tobt herum, windet sich, greift das Boot an. Doch plötzlich herrscht Ruhe. Der Grund ist letztlich banal. In dem Moment, wo ihr das Maul zugebunden wird, gibt sie auf. Der einzigen wirksamen Waffe beraubt, ergibt sich der sonst unerschrockene Jäger in sein Schicksal.

Kurze Zeit später liegen stattliche 3m Schwarzer Kaiman vor uns am Strand. Ja, es ist tatsächlich ein Weibchen. Sie bekommt einen Chip mit der Nummer 797. Wir helfen beim Vermessen, Umdrehen und Wiegen. Gänsehautmomente! Wann hat man schon mal die Chance, einen lebenden Schwarzen Kaiman zu streicheln?

Mit etwas Unbehagen sehen wir, wie sie auch am Schwanz markiert wird. Über ein Nummernsystem kann das Tier so auch mit dem Fernglas identifiziert werden. Man versichert uns, dass es ihr nicht schadet.

Die Minuten rasen. Noch ein letztes Mal die Hand auf den harten Rückenpanzer gelegt. Dann heißt es „Abstand!“. Näher zum Wasser gezogen wird als Letztes das Klebeband vom Maul des Raubtieres entfernt. Sie ist frei… und bleibt erst einmal liegen. Mit dem Boot versucht man sie zu motivieren. Nichts. Dann plötzlich rennt sie los. Allerdings nicht ins Wasser, sondern zum Land. Einer der Fänger klettert in Windeseile einen Baum hoch. Das wird er noch lange zu hören bekommen. Dann geht alles ganz schnell. In Sekundenbruchteilen verschwindet der Kaiman im Wasser. Was für ein Erlebnis!

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