6. Februar 2022, Bordzeit 09:40 Uhr
Position: 14 Grad 32 Minuten Nord / 061 Grad 31 Minuten West
Damit meine ich jedoch nicht den gestrigen Tag. Der Wind bleibt wie angesagt unter 10kn und kommt von vorne. Dazu der allgegenwärtige Gegen- oder zumindest doch Seitenstrom. Entspannt motort die Samai gemütlich ihrem Ziel entgegen, wobei am späten Nachtmittag eine Delfinschule für willkommene Abwechslung zur Bordschule sorgt.



Wir sind zwar nur 14,5 Grad nördlich des Äquators, damit aber halt auf der Nordhalbkugel. Und auf dieser ist bekanntermaßen gerade Winter. Selbst hier. Zumindest die Nächte sind ungewohnt kühl. Insbesondere im zugigen Cockpit. Ja klar, es sind sicher immer noch deutlich über 20, wenn nicht 25 Grad. Trotzdem fröstelt es mich in der Nachtwache. Brrrr… Zum ersten Mal seit Monaten hole ich erst eine lange Freizeithose und danach sogar noch einen Pulli raus. Luxusprobleme. Und ganz ehrlich: irgendwie freuen wir uns schon ein bisschen, noch dieses Jahr mal wieder einen richtigen Winter zu erleben…


Ansonsten sehen wir schon in der ersten Nachthälfte ungewohntes Licht am Horizont. Geradezu liegt das französische Übersee-Département Martinique (die EU!) und leuchtet in die Nacht. Bonsoir! Etwas weiter links ist auch schon der etwas schwächere Schein von Dominica zu erkennen. Und all das, obwohl wir noch locker 120km von den Inseln entfernt sind. Zum Vergleich: Das ist in etwa die Entfernung vom Fernsehturm im Berliner Zentrum bis nach Magdeburg… oder München-Salzburg,.. oder Frankfurt/M.-Karlsruhe… und deutlich weiter als Hamburg-Bremen.
Um 3 Uhr früh reibe ich mir (warm eingepackt ;-) die Augen. Da ist noch ein neuer Lichtschein zwischen den Inseln. Nein es sind derer sogar zwei. Habe ich mich getäuscht und Martinique ist größer als gedacht? Doch Blick auf das AIS bringt schnell die Erklärung. Es sind zwei Kreuzfahrer („Anthem of the Sea“ & „Nieuw Statendam“) mit Ziel Saint Lucia, deren Beleuchtung wir hier aus etwa 40km(!) Entfernung sehen. Dabei gibt es gerade in einer dunklen Nacht auf See den schönsten Sternenhimmel zu beobachten. Zumindest wenn das eigene Boot nicht strahlt wie Erichs Lampenladen.
Bei Sonnenaufgang erkennen wir deutlich die noch von Wolken bedeckten, bergigen Inseln. Martinique erreicht immerhin fast 1.400m. Dominica bietet mit 1.447m sogar den zweithöchsten Berg der Kleinen Antillen. Tja, damit sind wir nun also endgültig in der „klassischen Karibik“ angekommen. Ein Zwischenstopp ist natürlich schon irgendwie verlockend, doch wir bleiben bei unserem Plan. Die Route führt weiter zwischen Martinique und dem südlicheren Saint Lucia (erster Anlaufpunkt vieler Atlantiküberquerer) weiter nach Barbados. Wir haben wieder ein ordentliches Stück Strecke geschafft.

Zwischenbericht „Luftlinie Samai-Barbados“ nach gesegelten Meilen:
- in Bonaire ca. 520sm (auf 84 Grad)
- nach 100sm ca. 485sm (auf 94 Grad)
- nach 200sm ca. 425sm (auf 95 Grad)
- nach 300sm ca. 405sm (auf 108 Grad)
- nach 400sm ca. 400sm (auf 121 Grad)
- nach 500sm ca. 325sm (auf 122 Grad)
- nach 600sm ca. 235sm (auf 120 Grad)
- aktuell ca. 140sm (auf 128 Grad)
Morgen sollten wir ankommen! :-)
Ein Gedanke zu „700sm – Winter vor Martinique“