6. – 9. Juli 2020
Angostura Inglesa
Es gibt immer mal wieder eine Engstelle, vor der man als Segler Respekt haben sollte. Die Angostura Inglesa gehört definitiv dazu. Es fängt damit an, dass die Gezeitenströmung zu Springzeiten (also bei Voll- und Neumond) hier gerne mal 6-8kn erreichen können. Es ist also Timing gefragt, wenn man denn nicht ein paar Stunden auf der Stelle fahren möchte. Dazu kommt der hier immer wieder gerne zwischen den Bergen kanalisierte Wind, der einem tunlichst nicht auf die Nase blasen sollte. Ja, es wird schon einen Grund dafür geben, dass Fischer darin auf der kleinen Islote Clío eine weiße Statue „La Virgencita“ errichtet haben, die regelmäßiges Ziel von lokal organisierten Pilgerfahrten ist.

Wir hatten gerade Puerto Eden passiert und wollten eigentlich in der kleinen Caleta Lucas festmachen um dort gute Bedingungen für die Passage der Angostura Inglesa abzuwarten. Doch wir hatten Glück. Ein Blick auf den tief einstellig anzeigenden Windmesser sowie wichtiger noch die Ebbe anzeigende Gezeitentabelle brachte die Gewissheit, dass genau jetzt schon die bis auf Weiteres besten Bedingungen herrschten. Wir fuhren also direkt durch und bewunderten die Wunder der (Gezeiten-)Strömung. Vorher mit knapp 6kn über Grund gefahren machten wir in der Engstelle plötzlich 9kn, nur um nach Durchfahrt einer verwirbelten Stelle (mit entsprechendem Versatz) gleich wieder auf gut 6kn zu fallen. Vorbei an der Statue, welcher zufälliger Weise gerade von einem Fischer gehuldigt wurde, kamen wir problemlos durch.



5.17 Caleta Saubada (Isla Vittorio)
Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichten wir die sehr kleine, wunderschöne und augenscheinlich gut geschützte Caleta Saubada. Eigentlich sollten zwei Landleinen reichen. Nach einer ruhigen Nacht stand dann erst einmal die Pflicht auf dem Programm. Wir hatten mittlerweile unseren Dieseltank leer gefahren. Ich zerrte also 17 unserer Dieselkanister aus dem Heck und sorge für Nachschub. Das sollte erst einmal wieder etwas reichen.
Was das Propangas angeht hing zu unserem eigenen Erstaunen immer noch die erste 5kg-Flasche dran. Sogar die abendliche Pizza hatte sie noch verkraftet. Wir schienen wirklich sparsam zu sein. Nun gut, Brot machten wir nicht im Ofen, sondern füllten den vorbereiteten Teig zum Backen (bei Motorfahrt) in den Brotbackautomaten und wann immer es ging nutzten wir, gerade für Fleisch, den Grill. Das hilft beim Sparen…


Viele Skipper kennen dieses Gefühl. Dieser kleine, nagende Zweifel, ob das auch alles so passt. Hält der Anker? Haben wir ausreichend Leinen? Was passiert, wenn etwas nicht hält? Ist diese Saat erst einmal gesäht, ist an Schlaf meist nicht zu denken. Genau solche Gedanken kamen dem Skipper der Samai um 3 Uhr. Ja, nachts. Geweckt vom aufkommenden Wind kündenden Propeller (aka Silentwind-Generator) begann das Kopfkino. Wir lagen vor Anker mit zwei Landleinen achteraus (also eher nach hinten). Die linke Leine hing durch, schließlich kam der Wind von Steuerbord (= in Fahrtrichtung rechts) hinten. Natürlich drückte dieser das Boot nach links. Wäre im Grunde ja auch nicht weiter schlimm, wenn die kleine Bucht etwas breiter gewesen wäre. Gerade mal gut 20m trennten die Ufer rechts und links von uns. Also insgesamt. Und das linke Ufer war schon zum Greifen nahe. Um halb vier quälte sich der Skipper also in sein Ölzeug, quetschte die gerade mal halbwegs warmen Füße in kalte Gummistiefel und machte das Dinghy los. Die Kontrolle der von Samuel ausgebrachten Leine war positiv. Ein stabiler Baum und auch der Knoten sah gut aus. Dann wurde noch eine weitere Landleine steuerbord querab (also nach rechts) ausgebracht und auf unsere Mittelklampe gelegt. Irgendwann nach 4 Uhr lag ich wieder im Bett. Schlaf? Nun ja… so leidlich. Gegen 7 Uhr früh brachten kräftige Böen dann die Gewissheit, dass sich der nächtliche Ausflug gelohnt hatte. Aber so richtig los wird man die Zweifel dann doch nur sehr schwer.

Der nächste Tag brachte dann so richtig deprimierenden Dauerregen mit immer mal wieder durchgehenden Böen. Der Skipper quälte sich zu einer vierten Landleine und die Kinder quälten sich zur Schule. Ja, in Berlin sind schon Sommerferien. Doch abgesehen davon, dass das hier alles andere als Sommer ist, wurden in den letzten Wochen ja schon immer mal wieder gerne ruhigere Schultage eingelegt. Letztlich kommt es ja „nur“ darauf an, den Stoff durchzubekommen… und da hat zum Beispiel der arme Samuel noch einiges an Englisch, Französisch und Musik vor sich.

Nach der dritten Nacht war der Wind dann um halb sieben spontan weg. Sollte die Vorhersage tatsächlich mal Recht haben und wir heute einen ruhigen Tag haben? Das werden wir draußen im Kanal ja sehen… Leinen los!


