(Kein) Feiertag in Valdivia

3. Oktober 2020

Heute ist der „Tag der Deutschen Einheit“. Ganze 30 Jahre ist das jetzt schon her. Der Skipper erinnert sich noch gut an die Höhepunkte dieser zumindest in Deutschland recht verrückten Zeit. Überfüllte Berliner U-Bahn und Innenstadt Anfang November. Silvester 1989/90 auf (sic!) dem Brandenburger Tor. Und dann vor genau 30 Jahren um Mitternacht am Reichstag die Nationalhymne für ein vereinigtes Deutschland gesungen. Das letzte Ereignis wurde seitdem 29 mal gefeiert, wobei ich mich ehrlich gesagt nur selten daran erinnern kann, wo ich diesen Feiertag jeweils verbrachte. An dieses Jahr werde ich mich aber definitiv erinnern.

Wir sind immer noch in Valdivia. Wir durften immer noch nicht einreisen. Wir sind weiterhin offiziell ans Boot bzw. geduldet an das Hafengelände gebunden. Wir brauchen weiterhin die Hilfe unseres unglaublichen Honorarkonsuls um überhaupt den laufenden Bedarf an Lebensmitteln zu decken. Wir konnten diese Woche immerhin das Boot aus dem Wasser holen und uns um Opferanoden und Antifouling kümmern.

All das ist natürlich nicht an den heutigen, deutschen Feiertag gebunden. Dieser ist selbst in dieser deutschen Hochburg Chiles – vorsichtig gesagt – wenig beachtet. Und doch hat sich heute auch hier etwas geändert: um 5 Uhr wurde (nicht nur) die Gemeinde Valdivia von der besten Kategorie 4 „Apertura Inicial“ (Erstöffnung) auf Kategorie 2 „Transición“ (Überleitung) runter gestuft. Auf der Übersichtskarte ist das der Wechsel von „blau“ auf „orange“. Für das Leben vor Ort bedeutet das dann gleich mal eine Ausgangssperre für dieses Wochenende. Nicht, dass das nennenswerte Auswirkungen auf unseren Tagesablauf haben könnte. Wir dürfen ja so oder so nicht durch das Tor auf die Straße. Trotzdem stellt sich natürlich die Frage nach der weiteren Entwicklung.

Die Grenzschließung wurde bis zum 14. Oktober verlängert. Die Bemühungen um eine Ausnahmegenehmigung für uns sind weiterhin vergebens. Selbst die Bitte an die Deutsche Botschaft in Santiago, einen zweiten Versuch in dieser Angelegenheit zu unternehmen, wurde abschlägig beantwortet: „Wir haben alles getan, was möglich ist.“ Das mag ja sein, ist nun aber auch schon wieder einen Monat her. Bestünde auch nur die kleinste Möglichkeit, dass sich an der richtigen Stelle mal etwas gesunder Menschenverstand breit gemacht haben könnte, sollte man diesen doch bitte suchen. Oder wir folgen vielleicht doch mal dem Rat unseres (deutschen) Päckchenliegers und versuchen, das Lokalfernsehen für unsere Geschichte zu begeistern?!

Wie auch immer. Es ist nicht schön, aber nun mal so, wie es ist. Natürlich kommen immer mal wieder Gedanken daran, wie es jetzt wäre, woanders zu sein. Doch dieses „woanders“ ist zugegebener Maßen nicht Deutschland. Nein, wir stellen unsere grundsätzliche Entscheidung zu dieser Fahrt und insbesondere auch deren Fortsetzung nicht in Frage. Zu wertvoll ist das, was wir hier als Familie in unserem kleinen schwimmenden Zuhause erleben… trotz allem. Etwas Bewegung, in mehrfacher Hinsicht, wäre trotzdem wünschenswert.

Abschließend noch einmal ein riesengroßes „DANKESCHÖN“ an unseren Honorarkonsul in Valdivia. Er steckt viel Energie in seine Bemühungen, uns zu helfen… sowohl bei der Einreise als auch der Versorgung mit Lebensmitteln und anderem. Er macht das alles selbstlos für eine ihm zumindest vor gar nicht so langer Zeit ja völlig unbekannte Familie… dafür gebührt ihm (nicht nur unsere) Hochachtung!

In diesem Sinne einen schönen Feiertag an alle, die ihn (natürlich den aktuell verrückten Zeit angemessen) feiern und allen anderen zumindest ein schönes Wochenende. Macht es bei allen misslichen Umständen so, wie auch wir es immer versuchen:

Genießt das Leben!