Bonaire, 24./25. Januar 2022
Seit mehreren Wochen habe ich mir vorgenommen, nachts ins Wasser zu gehen. Das erste mal, als Eike und Jörg nachts zu uns kommen habe ich mich überwunden. Ich ziehe mir die Badesachen an, nehme die Taschenlampe und die GoPro. Kurz darauf springe ich ins Wasser. Die Taschenlampe wird angeschaltet. Ich leuchte um mich und sehe… nichts außer Sand unter mir. Das Wasser ist kälter als ich es erwartet habe. Trotz der Kälte schwimme ich los.
Nach wenigen Metern entdecke ich am Boden eine noch nie gesehene Pflanze. Sie hat Dutzende kleiner Fangärmchen und ragt bestimmt 5- 10 cm in das Wasser hinein. Am Tag ist sie sicherlich eingezogen, denn eine solche Pflanze kann ich tagsüber eigentlich nicht übersehen.


Ich schwimme weiter. Um mir ist nichts außer Sand und Dunkelheit. Ich muss zugeben, dass ich da an meinem Vorhaben gezweifelt habe. Ich leuchte regelmäßig (eigentlich die ganze Zeit) um mich und erblicke plötzlich einen Aal am Boden. Es handelt sich um einen Weißgefleckten Schlangenaal.

Plötzlich sehe ich eine Bewegung genau vor meinem Kopf. Ich leuchte hin. Mein Herz klopft wie wild. Dann sehe ich ihn. Einen Fisch, so lang wie mein Zeigefinger. Er ist recht durchscheinend mit einem leicht bläulichen Körper.
Weiter geht es. Ich erreiche kurz nach der letzten Sichtung die mit toten Korallen bedeckten flachen Gewässer. Dort entdecke ich auch gleich Heerscharen von kleinen Grunzern. Sie sind wirklich niedlich. Ich nehme an, dass es sich bei ihnen um junge Französische Grunzer handelt.


Wenn wir schon bei Grunzern sind… auf dem weiteren Weg sehen ich auch noch einen Spanischen Grunzer vorbei schwimmen.

Ich komme schon wenig später zu der Kante, wo sich tagsüber einige Fische und gelegentlich Muränen verstecken. Dort entdecke ich zwei Arten, die nicht schwimmen können: Gebänderte Scherengarnele (Stenopus hispidus) und Pedersons Partnergarnele (Periclimenes pedersoni)

Ich erblicke weitere Fische, die ich als Flammenfische identifiziere.
Ich schwimme weiter und erschrecke. Ein gefleckter Adlerrochen schwimmt genau vor meiner Nase am Grund und stampft mit seiner platten Schnauze auf dem Boden.

Gerade als er wegschwimmt und mein Herz sich beruhigt, entdecke ich ein riesiges Auge. Ich kann es nicht verhindern, aber langsam werde ich unruhig. Das Auge stellt sich als das eines Tarpun heraus. Der Tarpun ist ein bis zu drei Meter großer Koloss. Meiner ist zwar nur etwa zwei Meter groß, doch das reicht schon völlig aus. Ich schwimme ihm kaum hinterher, weil er sich schnell entfernt. Ich kann und will ihm nicht so richtig folgen. Es ist schließlich nachts!

Ich erreiche die Oase. Nachts ist sie sehr viel leerer und gruseliger. Den Oktopus sehe ich aber trotzdem in seinem Versteck. Das wundert mich etwas, weil ich dachte, Kraken sein nachtaktiv.

Es gibt noch weitere Fische dort. Ich entdecke Krokodil-Hornhechte an der Wasseroberfläche schwimmen und Sandtaucher am Grund schlafen. Immer noch versteckt, aber nachts aktiver als am Tag ist der Dreistachelige Seifenfisch.



Ich mache mich auf den Rückweg und entdecke einen ersten jungen (schlafenden) Gelbschwanz Papageienfisch. Auf dem gesamten Rückweg entdecke ich weitere schlafende Gelbschwanz-Papageienfische.

Auf einer kleinen „Klippe“ unter Wasser sehe ich einen winzigen Kraken sich Zusammenkuscheln. Der Krake hat sich zwar gut getarnt, doch ich bin durch Zufall über ihn geschwommen. Das sah so süß aus, dass es mir schwer fiel, weiter zu schwimmen.

Während ich ihn noch beobachte, geht die Taschenlampe plötzlich aus. Ich bekomme leichte Panik. Erst als ich realisierte, dass ich ohne die Taschenlampe mehr erkennen kann, beruhige ich mich. Das Licht der Straße reicht, um sich unter Wasser zurechtzufinden. Nur reicht es nicht um Genaueres oder gar Farben zu erkennen. Also muss ich die verdammte Lampe, die mich einfach im Stich gelassen hat, wieder anbekommen. Das gelingt mir erstaunlich schnell, doch sie geht noch häufiger aus. Fünf mal insgesamt.

Und wie erwartet sehe ich noch Muränen. Gefleckte Muränen und auch eine Grüne Muräne, die sich entweder versteckt halten oder frei herumschwimmen. Doch waren es deutlich weniger als ich erwartet habe.

Ich entdecke auch noch kurz bevor ich zurückkehre einen Gefleckten Drachenkopf am Boden liegen und Igelfische umherschwimmen.



Die letzte Strecke blicke ich mich wieder ständig um. Ich sehe nur den Boden und Schwärze um mich herum. Wie schon beim Reinspringen beeile ich mich zum Boot zu kommen. Ja, während ich nachts im Wasser war hatte ich Angst. Zumindest manchmal.


Meeräsche




Das hält mich aber natürlich nicht davon ab, noch ein zweites Mal nachts ins Wasser zu gehen! Die Bilder in diesem Beitrag habe ich also in zwei Nächten gemacht.
Samuel
Da hätte ich viel zu viel Angst und alleine nachts im Meer schwimmen geht bei mir nicht
LG Andrea