7./8. Februar 2022
Nur noch gut 100sm. Der kräftige Wind verspricht eine schnelle Überfahrt. Doch erst einmal werfen wir noch einen kurzen Blick in die benachbarte Ankerbucht vor Sainte-Anne. Es war eine gute Entscheidung, diese bei Nacht nicht anzulaufen. Schnell weg hier. Segel im zweiten Reff, Fock und los geht es auf direktem Kurs nach Barbados.


Da gibt es vor Martinique allerdings ein kleines Problem. Also eigentlich sind es viele kleine Probleme in Form von in der bewegten See kaum bis spät auszumachenden Plastikflaschen. Die schwimmen da aber nicht unmotiviert umher. Vielmehr geht von jeder einzelnen eine Leine zu einem Fischernetz ab. Rund um die 20m-Tiefenlinie wimmelt es davon. Im Slalom kurven wir so schnell wie möglich in tieferes Wasser. Puh… nochmal gut gegangen.

Im Saint Lucia Channel werden wir erst einmal von einigen Vögeln begleitet. Das machen die allerdings nicht ganz uneigennützig. Unsere Samai schreckt immer mal wieder kleine Fliegende Fische auf, die dann sogleich von mindestens einem hungrigen Schnabel verfolgt werden. Oft geht es für den Fisch gut aus, aber so manches Mal freut sich auch der Vogel über einen Snack.



Der Wind weht recht konstant mit 4-5 (in Böen 6) Bft. aus erfreulicher, weil nordöstlicher Richtung. Trotz gerefftem Großsegel kommen wir richtig schnell voran. Also durch Wasser. Das leidige Problem ist halt wieder oder auch immer noch, dass sich dieses Wasser insgesamt in die falsche Richtung bewegt. Das nennt man Strömung und geht uns inzwischen so richtig auf die Nerven. Im Schnitt mit 1,5kn, zeitweise aber auch gerne mal mit über 2kn bremst sie uns aus. Später dreht der Strom und sorgt zusätzlich für 20 Grad Kursversatz. Nur gut, dass die Windrichtung genug Spielraum bietet. Obwohl wir nun höher an den Wind gehen müssen, können wir Barbados immer noch direkt anliegen.
Das macht auch die „Seaview“. Der >300m-Kreuzfahrer ist noch meilenweit hinter uns, als ich ihn erst auf dem AIS, dann aber auch gleich als Lichtpunkt am dunklen Horizont erspähe. Einige Zeit später überholt er uns in etwa einer Seemeile Entfernung. Seine Beleuchtung ist so hell, dass ich bei uns im Cockpit fast ein Buch lesen könnte. Ok, das ist jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben, aber trotzdem kann ich meine Stirnlampe eine Weile lang abnehmen. Cockpit und Segeltrim sind auch so gut erkennbar. Ebenso wie der Lichtschimmer von Barbados am Horizont schon auf viele Kilometer Entfernung auszumachen ist.


Leider macht die Welle unseren Mädels etwas zu schaffen. Im Laufe der Fahrt baut sie sich auf etwa 3m auf. Eigentlich nicht so schlimm, aber irgendwie halt die falsche Frequenz für sie. La Skipper gibt sich dem Segelmodus hin und auch Maila lässt es heute ruhig angehen.
Die Fahrt zieht sich deutlich länger als erwartet, doch das Tageslichtfenster ist groß genug. Um 14 Uhr fällt der Anker in der großen Carlisle Bay vor Barbados Hauptstadt Bridgetown. Vom Ufer weht die bekannte Melodie des Big Ben aus London zu uns. Sie kommt nur 7 Minuten nach der angezeigten Stunde. Ja, die Insel ist ganz offensichtlich britisch geprägt. Wir lassen es ruhig angehen. Erst einmal Winnie ab- und Bimini aufbauen… dazu eine kühle Anlegergerstenkaltschale. Die Formalitäten können sicher auch noch bis morgen warten. Wir genießen das Gefühl, eine der eher unangenehmeren Passagen unserer kleinen Fahrt geschafft zu haben. Von Bonaire gegen Wind und Strom nach Barbados. Ein gutes Gefühl!

Hallo Samai Crew,
herzlichen Glückwunsch dass Ihr diese extrem anstrengende Passage hinter Euch gebracht habt. Während ich Eure Reise anhand der Blogartikel verfolgt habe, habe ich mich die ganze Zeit gefragt: Warum habt Ihr Euch ausgerechnet Barbados, die östlichste aller Karibikinseln ausgesucht? Ihr hatte ja auch selber geschrieben, dass beispielsweise Guadeloupe viel näher gewesen wäre?
Jetzt erst einmal viel Spaß in Barbados, uns hat es damals sehr gut gefallen. Allerdings gibt es leider nicht so viele Ankerbuchten, um wirklich etwas von der Insel zu sehen empfiehlt es sich über Land zu fahren.
https://sailingescape.blog/2020/04/11/landausflug-auf-barbados-🇧🇧/
Liebe Grüße Annemarie
Hallo Annemarie,
vielen Dank für deinen netten Kommentar. Wie gesagt hat uns die überfüllte Karibik nie wirklich gereizt. Da wir aber aufgrund der notwendigen Planänderungen nun einmal hier durch müssen, wollen wir es so kurz und schmerzlos wie möglich halten. Die Entscheidung für Barbados hat mehrere Gründe.
Uns wurde gesagt, dass die Menschen und Atmosphäre hier sehr nett und entspannt sein sollen. Wenn ich an das heutige Einklarieren denke, kann ich das nur bestätigen.
Außerdem soll es hier weniger Schiffe geben als auf den Inseln des Antillenbogens… einfach weil viele (nicht zuletzt Katamarane ;-) keine Lust haben, hierher zu kreuzen. Wenn ich mich hier in der Carlisle Bay umschauen und dabei an unseren kurzen Zwischenstopp in Martinique zurückdenke, kann ich auch das nur bestätigen.
Schließlich haben wir noch unser nächstes Ziel im Auge: Suriname! Da liegt Barbados strategisch günstiger für die Weiterfahrt, als alles von Saint Lucia Richtung Norden. Und weiter südlich machen der starke Strom zwischen Trinidad/Tobago und Granada sowie die Nähe zu Venezuela tendenziell Probleme.
Darum halt Barbados.
Liebe Grüße,
Micha
Hallo Micha, vielen Dank für deine Erklärung. Klar, wenn Surinam das nächste Ziel ist verstehe ich Euren Törnplan. Hut ab, das war wirklich ein Wahnsinns-Törn. Das hätte ich nicht geschafft, aber ich bin ja auch so eine Art „Segel-Weichei😉“, Bin sehr gespannt auf Euren Bericht aus Barbados.
Herzlichen Glückwunsch zur Passage. Wir haben mitgefiebert und Daumen gedrückt, aber es bleibt halt (wind- und strömungstechnisch) der anstrengende Kurs. Jetzt erst mal durchatmen.
Liebe Grüße aus Panama
Wiebke & Ralf
Vielen Dank und liebe Grüße zurück. Und natürlich viel Spaß in Guna Yala… falls noch Anregungen und erprobte Liegeplätze gebraucht werden, wisst ihr ja wo die zu finden sind?! 😉
Micha
Moin, liebe SAMAI-Crew.
Toll gemacht!!! Eure KREUZ-FAHRT im Caribischen Meer habt Ihr gut gelöst, Hut ab…..
Den tieferen Sinn dahinter kann nur der verstehen, der DIE Karibik seit 30 Jahren kennt.
Alles richtig gemacht bis hierher. Allerdings werdet Ihr auf dem Heimtörn wieder alte Pfade
betreten müssen, aber die sind dann ja wesentlich kürzer…….
schönen Aufenthalt bei den britischen Kolonisten und bis bald.
Fair winds
Dierk
Moin lieber Dierk!
Vielen Dank für den netten Kommentar… aus Deinem erfahrenen und berufenen Munde zählt so ein tolles Lob mindestens doppelt!!!
Weiterhin gute Besserung und liebe Grüße,
Micha & Familie