4. – 7. Juli 2021
Dieser Tage fällt die Entscheidung, von Guna Yala nicht zurück nach Puerto Lindo, sondern den ganzen Weg weiter nach Obaldia zu fahren. Unter dem Strich ist das kürzer und führt über weniger ausgetretene Pfade. Doch vorher fahren vor noch ein kleines Stück zurück. Insbesondere die ursprünglich für den Rückweg vorgesehene Gunboat Island wollen wir uns nicht entgehen lassen. Korallenriffe bilden ein großes Dreieck. Am Rand liegt eine angeblich unbewohnte Insel mit Palmen und Strand. Postkartenidylle!?
Schon bei der Anfahrt sehen wir Hütten und Boote auf die anscheinend doch nicht so unbewohnten Insel. Ja, hier im Westen von Guna Yala hat sich in den letzten Jahren wohl wirklich was getan. Wir befürchten erneut zwiespältige Erfahrungen, doch wir werden positiv überrascht. Alles ist und bleibt entspannt. Auf der Insel wird noch an den Hütten gewerkelt, Fischer fahren vorbei, hin und wieder bieten Kanus ihre frischen Langusten an, immer wird freundlich gewunken. Ja, so in etwa hatten wir uns das gewünscht. Alles kann… nichts muss!


Doch es ist leider nicht alles perfekt. Schon vor ein paar Tagen hat es unser iSUP (aufblasbares Stand-Up-Paddle-Bord) erwischt. Die Seitennaht musste ich vorher schon ein paarmal flicken. Jetzt gibt es den großen Knall. Noch deutlich unter dem empfohlenen Maximaldruck platzt eben diese Naht lautstark auf. Ein Loch von gut 20cm Länge. Wir verstauen das Wrack erst einmal wieder in seiner Tasche. Der Skipper schwankt noch, ob ein Rettungsversuch Sinn macht oder reine Kleberverschwendung ist.

Nun wollen wir nach einer (nicht nur) gefühlten Ewigkeit endlich mal wieder unsere Drohne fliegen lassen. Asche auf unser Haupt, wir haben sie wirklich deutlich weniger fliegen lassen, als ursprünglich geplant. Doch nun möchte La Skipper definitiv und endlich mal schöne Luftbilder von unserer Samai in blauem Wasser vor palmenbedeckter Insel. So soll es sein. Sie baut die Drohne zusammen, der Skipper zieht nochmal die Muttern nach und macht sich dann an die angefragte Kalibrierung. Mehrfach. Streng nach Anleitung. Aber irgendwie scheint da was nicht zu klappen. Nun gut. Für einen ganz kurzen Probeflug sollte es reichen… nicht wahr? Falsch gedacht. Kaum drehen sich die Rotoren, da hebt die Drohne ab. Wohlgemerkt ohne, dass ein entsprechender Befehl von der Fernbedienung kommt. Sie steigt hoch, fliegt weg, hört nicht wirklich auf die Steuerbefehle, ignoriert offensichtlich selbst die „Coming Home“-Funktion, nähert sich trotzdem mal wieder an, fliegt über den Mast, dreht ab zu Insel und rast wieder davon. Ein Vibrieren in der Fernbedienung. Batterie (schon) leer? Sie scheint hinter der Insel runterzugehen. Wie weit dahinter ist schwer bis gar nicht abzuschätzen. Plötzlich ist sie verschwunden.

Doch es ist ja eine Drohne, die wasserdicht und schwimmfähig ist. Zumindest laut Werbung. Dinghy runter und losgefahren. Die freundlichen Kunas auf der Insel zeigen aufs Wasser, doch ist das wohl eher als ebenso gut gemeinte wie hilflose Geste zu verstehen. Samuel und ich fahren den weit bis hinter die Insel reichenden, flachen Bereich ab. Nichts zu sehen, weder über noch unter Wasser erspähen wir die grell-orange Drohne. Die Kuna schauen zur Sicherheit noch ihre Palmen ab. Wir tun es ihnen gleich. Nichts.
Der Verlust schmerzt gleich mehrfach. Zunächst natürlich, dass die Drohne weg ist. Dazu kommt, dass es letztlich eine liebe Dauerleihgabe war (reumütiger Augenaufschlag an V. – SORRY!!!). Zu guter Letzt ärgern wir uns sehr über die damit verbundene Umweltverschmutzung. Wir trösten uns leidlich mit dem Gedanken, dass unser Müll für Meeresschildkröten weniger verlockend(-tödlich) ist, als die unzähligen umhertreibenden Plastiktüten.


Da hilft nur Ablenkung. Rund herum schwappen Wellen über Korallenriffe. Flossen, Brille und Schnorchel raus, Dinghy runter gelassen, rasch rübergefahren, rein ins Wasser mit dem kleinen Dingy-Anker… und mit uns. Während die Mädels am Innenriff bleiben, schnorcheln die Jungs auch mal raus zum Außenriff. Auch auf die Gefahr hin, dass es langweilig wird kommen nun also schon wieder bunte Unterwasserimpressionen… ;-)














Für den zweite Stopp fahren wir dorthin, wo sich immer wieder Pelikane in Wasser stürzen. Schnell wissen wir warum. Riesige Schwärme kleiner Fische sind ein reichhaltiges Buffet. Wir lassen uns umhertreiben, genießen die Unterwasserwelt, kommen auf andere Gedanken…


Ein schöner Ausklang bei der (fast) perfekten Postkartenidylle Gunboat Island.

Wunderschöne Fotos…! Man kriegt Lust, mitzuschnorcheln!
Aber da das nicht geht, werde ich versuchen zu erklären, was mit eurer Drohne passiert ist. Das bringt sie leider nicht zurück, nützt vielleicht aber bei der nächsten…
Wenn Drohnen unaufgefordert aufsteigen bis ins Unendliche, bzw bis der Akku schwach wird, ist meistens der Grund schlicht und einfach: Zuviel Vibration, wegen mindestens einem schlecht ausgewuchteten oder aerodynamisch asymmetrischen Propeller! Das mag so auf Anhieb absurd klingen, aber ich kann es gerne erklären:
Zur Lagebestimmung und -steuerung verwendet eine Drohne verschiedene Sensoren, und besonders wichtig unter denen ist ein dreidimensionelles Akzelerometer. Wenn die Drohne still und gerade in der Luft steht, dann misst dieses Akzelerometer in der Längsachse Null, in der Querachse auch Null, aber in der vertikalen Achse eine Beschleunigung von 9,8m/s², nämlich der Erdgravitation. Wenn die Drohne vibriert, dann misst das Akzelerometer zusätzlich diese Vibration, also in jeder der drei Achsen einen Wechselspannungswert. Diese Verunreinigung des gewollten Signals filtert die Software raus, solange die Vibration nicht zu stark ist. Aber wenn die Amplitude der Vibration zu hoch ist, dann kann das den Sensor bis in die Sättigung bringen. Dann wird diese Wechelspannung gekappt. In der Längs- und der Querachse, die ja im Durchschnitt auf Null stehen, findet diese Begrenzung der Wellenform einigermaßen symmetrisch statt, und das erlaubt der Software, weiterhin einen etwa richtigen Durchschnitt auszurechnen. Nicht aber in der vertikalen Achse! Da hier der Meßwert weitab von Null liegt, also dem einen Ende des Sensorbereichs viel näher als dem anderen, wird ein etwa symmetrisches Störsignal den Sensor ganz stark einseitig sättigen, und dadurch ändert sich der von der Filtersoftware errechnete Durchschnitt. Statt 9,8m/s² wird dann wesentlich weniger rauskommen, und die Steuersoftware interpretiert das dann als starke Beschleunigung nach unten, also als freien Fall, und gibt kräftig Gas, um den vermeintlichen Absturz abzubremsen! Ergebnis: Die Drohne haut mit Vollgas nach oben ab, und da alle vier Motoren so stark aufgedreht sind, gibt es auch keinen großen Spielraum für Steuerung mehr, wodurch die Drohne dann schon bei leichtem Wind oder kleinem Ungleichgewicht seitlich abdriftet.
Wenn man die Möglichkeit hat, über die Fernsteuerung die Motoren auszuschalten, so als Not-Aus-Funktion, dann kann man damit die Drohne retten. Platsch. Sonst fliegt sie davon, soweit der Akku reicht! Auf normale Steuerbefehle reagiert sie nicht, weil die Software absolute Priorität darauf setzt, den vermeintlichen freien Fall abzubremsen, und dafür Gas gibt wie irre.
Also: Die Propeller müssen perfekt gerade und symmetrisch sein, unverwundet, unverbeult, müssen schön gerade sitzen, tadellos rundlaufen, oft muss man sie mit winzigen Gewichten auswuchten (Lackauftrag an den Blattspitzen), und selbst dann kann es noch passieren. Wenn man irgendwelche Zweifel hat, ob die Drohne einsatzfähig und betriebssicher ist, lautet mein Rezept: An der Leine fliegen! Einfach eine dünne, leichte Schnur dranbinden, so 10m lang ist genug. Das andere Ende hübsch festbinden. Ich verwende als Anker einen Ziegelstein. Dann einen Probeflug machen, wenige Meter hoch, ohne die Leine zu straffen. Etwaige Fluchtversuche wegen Kontrollverlust enden nach 10m in einem Absturz, aber wenigstens nicht mit Totalverlust. Wenn’s dagegen gut geht, Leine ab und richtig fliegen.
Man lernt das dummerweise immer erst NACHDEM einem die erste Drohne weggeflogen ist!
Wow, das nenne ich mal eine ausführliche Erklärung! Vielen Dank dafür und die damit verbundenen Mühe!!!
So eine Notabschaltung hatten wir durchaus. Und eigentlich hatte ich sie auf Höhe der Insel auch aktiviert… leider hat sie sich trotzdem unauffindbar versteckt.
Wie Du schon richtig schreibst… Lehrgeld. Jetzt wissen wir, worauf zu achten ist. 😀
Liebe Grüße aus Cartagena,
Micha