Drake Passage (2) – Mitten drin!

Zur Erinnerung: *1,852 = Umrechnungsfaktor für…

  • Entfernung Seemeilen (sm) → km
  • Geschwindigkeit Knoten (kn) = sm/h → km/h

Es ist jetzt Dienstag, der 4. Februar 2020 um 1:50 Uhr Bordzeit (UTC-3) und ganz schön windig hier. Mitten drin! Aktuell sind wir kurz über dem 60. Breitengrad Süd. Ab da beginnt der Geltungsbereich der Antarktisverträge. Die Konvergenzzone haben wir offensichtlich schon passiert. Die Wasserfarbe hat sich in ein strahlendes Blau gewandelt. Wohlgemerkt bei bedecktem Himmel und gerne auch mal beim Vorbeirauschen an den Rumpffenstern. Erwähnte ich schon die Wellen?

Es begann wie erwartet. Kaum waren wir am Samstag vom Ankerplatz losgefahren, konnten wir mit 6 Bft. (22-27 kn) Nord- bis Nordostwind von hinten gut segeln. Der Magie des „scheinbaren Windes“ sei dank, waren wir auch bei den Böen über 30 kn hinreichend entspannt. Bei Wind von hinten verringert sich die wahre Windgeschwindigkeit schließlich um den Fahrtwind auf den scheinbaren Wind. Und letzterer ist es, mit dem man letztlich segelt.

Aber warum kommen wir nicht schneller voran? Gegenstrom! Von Anfang an bis jetzt, insgesamt also schon fast vier Tage lang erfreut uns ein eben solcher Gegenstrom von ca. 2 kn mit nur geringer Tendenz zu fallen. Rechnen wir das einfach mal konservativ durch: 3 Tage = 72 Stunden mit Gegenstrom von 2 kn = sm/h… das macht 144 umsonst durch das Wasser gesegelte Seemeilen. Ja genau… das ist praktisch ein ganzer verlorener Tag nur aus dem einen Grund, dass das Wasser nicht einfach mal still stehen kann. Wobei ehrlicher Weise auch gesagt sein muss, dass wir Segler einen andersherum gehenden und uns mithin beschleunigenden Strom gerne mal stillschweigend im berüchtigten ETMAL der an einem Tag „gesegelten“(?) bzw. besser „zurückgelegten“(!) Seemeilen verschwinden lassen. Aber das ist ja durchaus legitim! ;-)

Nachtrag: Anscheinend war der Gegenstrom doch nicht ganz so stark wie oben angenommen. Die die Geschwindigkeit durch das Wasser messende Logge macht das ja durch Drehung eines kleinen Rädchens. Und da gibt es Spielraum für Fehler. Darum kann man das am Plotter kalibrieren. Hatte ich auch mal gemacht, allerdings nicht auf dem zwischenzeitlich erhaltenen Austauschplotter in der Navi-Ecke. Dieser zeigte damit wohl immer etwas zu viel Geschwindigkeit durch Wasser und somit im Vergleich zur GPS-basierten Geschwindigkeit über Grund einen so nicht wirklich existenten Gegenstrom. Auch wenn das nun korrigiert ist muss ich zu meiner Schande also gestehen, dass die Grundlage des letzten Absatzes so wohl gar nicht gegeben war (wahrscheinlich bin ich einfach nur ein mieserabler Segler?! ;-) Wohl aber sind die grundsätzliches Aussagen nicht falsch, so dass ich ihn zur allgemeinen Erheiterung drin gelassen habe.

Zurück zum Wind. Die vor Anker verbrachte Nacht hatte also Ihren Zweck erfüllt. Die angesagten Böen von über 40 kn waren entweder schon durch oder aber auch nicht geweht. Wir werden es nie erfahren. In der Nacht zu Montag drehte der Wind dann über Ost und Süd auf West, von wo er dann auch den ganzen Tag mit 5-6 Bft. (16-27 kn) kam. Etwas abgeschwächt drehte es heute Vormittag dann munter weiter über Nord auf Ost. Pünktlich heute Mittag hatten wir Ostwind von links vorne. Mit 4-5 Bft. (11-21 kn) ist das ja noch ok. Doch es wurde mehr und wir fangen so langsam an, den Preis für die Nacht vor Anker zu bezahlen.

Aktuell segeln wir mit der kleinen Kutterfock und dem maximal verkleinerten Großsegel im 3. Reff hoch am Wind und liegen trotzdem 20-30 Grad neben unserem Kurs. Der Motor ist jedoch keine Alternative bei konstanten 6 Bft. (22-27 kn) mit regelmäßigen Böen über 30 kn. Und jetzt schlägt natürlich auch die oben schon angesprochene „Magie des scheinbaren Windes“ wieder zu… nur andersherum. Der scheinbare Wind pendelt beständig um die 30 kn. Dazu immer noch 1,5 kn Gegenstrom und darum auch nur irgendwas zwischen 5 und 6 kn effektive Fahrt über Grund. Und natürlich hat sich auch eine entsprechende Welle aufgebaut, die immer mal wieder das Boot abwäscht. Ich bin heilfroh, dass ich das Dingi auf dem Vorschiff (wo auch die meisten unserer Fender drunter liegen) ganz offensichtlich gut genug fest gezurrt habe. Es liegt zwar nicht mehr mittig, aber trotzdem fest an Deck.

Es ist jetzt Dienstag, der 4. Februar 2020 um 2:40 Uhr Bordzeit (UTC-3). Wir haben gerade den 60. Breitengrad Süd passiert und sind damit offiziell in antarktischen Gewässern. Bis zu unserem geplanten Ziel sind es noch knapp 220sm. Jedenfalls auf direktem Kurs. Den werden wir aber nicht nehmen können. Immerhin sollte der Wind jetzt so langsam mal etwas abnehmen, dafür dann aber auch weiter drehen, bis er im Endeffekt genau auf die Nase kommt. Mal schauen, was wir dann machen bzw. wie weit wir den Bogen nach Westen fahren und ob wir es noch bis zum morgigen (späten) Mittwochabend schaffen. Schließlich soll es nach einer kurzen Ruhephase morgen dann ja wieder ein kräftiger Westwind sein, womit die doppelte Windrose während unserer Überfahrt vollendet wäre. So ist das halt in dieser komischen Drake Passage. Was freue ich mich schon auf die Rückfahrt! ;-)

2 Kommentare zu „Drake Passage (2) – Mitten drin!“

    1. Moin,
      in der Drake-Passage haben wir den Windpilot wirklich nicht benutzt. Wir hatten recht böigen Wind (gerne mal +10kn) und damit hatte die Windfahne bei uns immer ihre Probleme… besonders, wenn noch gut 3m Welle dazukommen.
      Der elektrische Autopilot kommt damit – zumindest bei uns – deutlich besser klar (… vielleicht machen wir ja auch etwas grundsätzlich falsch?!). Dank „gut belüftetem“ Propeller und Solar hatten wir auch keine Stromprobleme. Darum die aus unserer Sicht bequemere Alternative.
      Gruß, Micha

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