Im Grunde geht es uns hier richtig gut…

Ushuaia, 31. März 2020

Heute sollte der letzten Tag der argentinischen Quarantäne sein… also eigentlich. Der Präsident hat vorgestern verkündet, dass die Maßnahmen bis mindestens Ostern verlängert werden. Was bedeutet das hier in Ushuaia… allgemein und für uns?

  • Weiterhin müssen alle „normalen“ Bewohner zu Hause bleiben. Natürlich sind auch hier die „üblichen Personengruppen“ – in Berichten aus Deutschland werden sie „systemrelevant“ genannt – davon ausgenommen.
  • Ansonsten darf aus einem Haushalt jeweils nur eine Person für wichtige Besorgungen nach draußen gehen. Das beinhaltet insbesondere den Supermarkt, die Apotheke oder auch das Gaswerk… Grundversorgung halt. Natürlich sind die Wege kurz zu halten.
  • Damit fallen natürlich auch die – wie wir öfters lesen oder hören – in Deutschland (noch?!) üblichen Spaziergänge, mithin eine weitere potenzielle Verbreitungsquelle, offiziell weg!
  • Vor dem Supermarkt sorgt ein Polizist mit Mundschutz für die Einhaltung der Eingangsbeschränkung. Ist eine bestimmte Anzahl Einkaufender erreicht, muss man vor der Tür warten. Das war bei meinen letzten Einkäufen aber entweder gar nicht oder nur der kurz notwendig.
  • Ansonsten sind die Regale gut gefüllt und alles ist problemlos erhältlich… inkl. frische Ware und Klopapier.
  • An den Kassen gibt es zwei Änderungen. Einerseits muss man nicht mehr lange warten… Schlangen gibt es praktisch nicht mehr. Andererseits sorgen große Plexiglasscheiben für eine gewisse Trennung von Kassierer(in) und Kunde.
  • Auf der großen Durchgangsstraße an der Küste gibt es Polizeikontrollen, an denen im Wesentlichen Busse sowie einige andere Autos (mit gutem Grund) durchgelassen werden. Auch andere Straßen (z.B. die zentrale Shopping-Straße San Martin) sind abgesperrt.
  • Wir befinden uns hier (mit zwei brasilianischen und einem französischen Segler sowie vier großen Kojencharter-Seglern) allerdings auf dem Gelände des privaten Yachtclubs AFASyN. Auf diesem können wir uns frei bewegen. Das beinhaltet natürlich auch die Nutzung des kleinen Spielplatzes durch die einzigen zwei Kinder…
  • Des weiteren haben wir hier am Steg Landstrom und Wasser. Es gibt sogar (langsames) Internet und zwei der vier Sanitärräume wurden für uns Segler offen gelassen… so regelmäßig haben wir auf unserer Reise bisher nicht warm duschen können!
  • Der Hafen von Ushuaia ist weiterhin geschlossen. Insbesondere dürfen wir nicht auslaufen, um uns in den angrenzenden Buchten des Beagle-Kanal rumzutreiben. Allerdings werden zumindest Boote mit Ziel Europa rausgelassen. Die anfangs festsitzenden Kreuzfahrer sind längst abgefahren (Ziele waren Portugal bzw. Niederlande… das sind viele Tage „Erholung auf See“). Das gleiche gilt für den schönen Dreimaster „Europa“ und noch diese Woche will auch ein großes Segelboot losfahren… direkt bis nach Polen! Der Skipper rechnet mit einer Ankunft in ca. 2 ½ Monaten.
  • Wir haben gestern eine E-Mail an die Chilenische Armada geschickt. Darin bitten wir um die Erlaubnis, die Chilenischen Küstengewässer Richtung Norden befahren zu dürfen. Ziel ist eine direkte Passage bis Valdivia, ohne andere Häfen anzulaufen oder ggf. auch nur an Land zu gehen. Das wären dann einige Wochen „schwimmende Quarantäne“ für uns. Bisher kam keine Antwort und wir sind ehrlich gesagt auch nicht sehr optimistisch, aber einen Versuch ist es Wert. Es ist jedenfalls definitiv nicht so, dass das bis Ende September geltende Verbot für Kreuzfahrer auch auf Segler wie uns Anwendung findet… das gibt Hoffnung!

Zusammenfassend geht es uns also gar nicht mal so schlecht. Wir sind zu Hause (also auf unserer Samai), die Familie ist zusammen, wir haben keinerlei Versorgungsprobleme und sogar ein gewisses Maß an Luxus im AFASyN. Die Fallzahlen in Argentinien (noch dazu außerhalb von Buenos Aires) sind im weltweiten Vergleich recht gering, was sicherlich auch mit den (gerade im Vergleich zu Deutschland) strengen Maßnahmen zu tun hat… ein gesundheitliches Risiko für uns sehen wir also auch nicht.

Insbesondere ist eine mögliche Rückkehr nach Deutschland aktuell keine denkbare Option für uns. Abgesehen von den logistischen Problemen (so ist Buenos Aires z.B. über 2000km nördlich) sind wir aus den genannten Gründen der Überzeugung, an einem der in der aktuellen Situation besten Plätze zu sein, die wir hätten finden können.

Das Einzige was uns wirklich nervt ist, dass wir hier wertvolle Zeit auf dem Weg in den Pazifik verlieren und damit natürlich auch unsere Gesamtplanung mit kleinen Fragezeichen versehen wird. Aber was das angeht, sind wir wahrlich nicht alleine.

Ganz liebe Grüße an alle, ob nun in Deutschland oder anderswo auf der Welt, zu Hause oder gestrandet. Bleibt gesund und macht das Beste daraus… und ich nehme noch Wetten an, um wie viel Prozent die Geburtenrate im nächsten (Nord-)Winter über dem Durchschnitt liegt! 😜