Kling etwas sperrig, nicht wahr? Muss aber sein, denn schließlich gibt es ja einen Antarktisvertrag. Dieser gilt für das gesamte Gebiet südlich des 60. Breitengrades Süd und beinhaltet diverse Regelungen zum Schutz dieses einzigartigen Naturraumes. Daher darf man auch nicht einfach so dahin fahren, sondern muss bei der dafür zuständigen Behörde seines Landes (bei uns das Umweltbundesamt) einen Antrag stellen.
Teil 1 „Vorabangaben“ umfasst 31 Seiten plus Anhänge. Darin ist detailliert darzulegen, wer mit welchem Boot wann wohin fahren möchte. Es sind die geplante Route sowie geplante Aktivitäten zu nennen. Besonderes Augenmerk wird hier auf die besonders geschützten und verwalteten Gebiete sowie natürlich den Erhalt der antarktischen Tier- und Pflanzenwelt gelegt. Weiter geht es mit den Reiseteilnehmern, Versicherungen, Sicherheitsmaßnahmen und -ausrüstung an Bord bis hin zu separat einzureichenden, detaillierten Notfallplänen für verschiedene Szenarien wie Mensch über Bord (MOB), Feuer, Mastbruch, Wassereinbruch, Sinken. Abschließend werden dann Chemikalien (inkl. Produktdatenblätter der an Bord verwendeten Reinigungs- und Waschmittel) sowie Abfälle und Abwässer (Art – Menge – Behandlung – Entsorgung) abgefragt bevor die Selbsteinschätzung der Auswirkung des geplanten Vorhabens auf die antarktische Umwelt den Antrag abrundet.
Teil 2 „Erfahrungsnachweise“ beinhaltet, wie der Name schon sagt, eine Übersicht der allgemeinen und einschlägigen Segelerfahrungen der verantwortlichen Crew. Hier war sicherlich hilfreich, dass ich schon einmal mit einem Segelboot in der Antarktis war und wir letztlich bis dahin ja auch schon mit dem eigenen Boot von Nord nach Süd um die halbe Welt gesegelt sein würden.
Diesen Antrag habe ich gewissenhaft ausgefüllt und schon in der ersten Jahreshälfte 2019 an das Umweltbundesamt geschickt. Wenige Tage später bekam ich Post. Mit klopfendem Herzen öffnete ich den großen Umschlag und sah… eine Eingangsbestätigung. Die Mühlen fingen an zu mahlen.
Der nächste Kontakt des Umweltbundesamtes erfolgte per Email. Darin enthalten war zunächst eine recht lange, aber durchweg begründete Liste an Nachfragen. Ich hatte einige Punkt zugegebener Maßen etwas locker beantwortet. Da waren diese Hausaufgaben nur logisch. Des Weiteren erhielt ich eine Einladung zum Sitz des Umweltbundesamtes. Ok, für An- und Abreise müsste ich natürlich schon selbst sorgen, aber man möchte mich gerne in einem persönlichen Gespräch kennenlernen. Das sei seit einigen Jahren das Standardvorgehen. Was tut man nicht alles für den Traum, mit der Familie auf eigenem Segelboot in die Antarktis zu fahren. Da nimmt man sogar den kleinen Umweg über Dessau-Roßlau in Kauf.

Der Termin an einem vom Wetter her so gar nicht passenden, heißen Sommertag war sehr nett und auch aufgrund meiner Vorbereitung recht kurz. Ich hatte meine Hausaufgaben so gut es mir möglich war erledigt und nach einer einleitenden Präsentation waren auch die offenen Fragen schnell besprochen. Nach kaum mehr als einer Stunde saß ich schon wieder im Auto Richtung Berlin. Jetzt musste ich nur noch den Antrag finalisieren. Doch im Stress des Sommers 2019 (Stichworte: Wohnungsauflösung, Boot ausrüsten, Ämter etc.) bliebt das leider bis Lissabon liegen. Es war also Mitte August, als ich offiziell unseren vollständigen Antrag einreichte.
Und dann kamen die Rückfragen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Wenn ich das richtig verstanden hatte, sollte dieses eigentlich nur eine Stellungnahme zu unserem Boot abgeben. Doch da war offensichtlich ein sehr eifriger Kollege am Werk, der – dieses Eindrucks konnte ich mich nicht erwehren – einen gewissen Narren an uns gefressen hatte.
In der ersten Runde ging es dem BSH insbesondere um Fragen, die eigentlich mit dem Umweltbundesamt bereits in unserem persönlichen Treffen besprochen waren, z.B. nach…
- anfallenden Ölrückstände (z.B. „insbesondere Schmierölwechsel“, was ja sicherlich gaaaaanz oben meiner „2-DO-in-der Antarktis-Liste“ steht)
- dem (wie bereits im Antrag festgestellt) nicht vorhandenen Grauwassertank
- dem Vorhandensein einer Lebensmittelzerkleinerungsanlage (wie könnten wir sonst sicher stellen, dass Lebensmittelabfälle wie angegeben auf unter 25mm zerkleinert werden???)
- Papier und Pappe (die Verbrennung dürfe nicht in unserem erprobten Feuereimer sondern nur in „bordseitigen und zugelassenen Verbrennungsanlagen“ erfolgen)
In der zweiten Runde wurde es dann endgültig … ich spare mir mal das Adjektiv. Er wurde ein Fotodokumentation der Lagerung unserer Dieselkanister unter Deck sowie der angeblich erforderlichen MARPOL-Müllaushänge eingefordert. Dabei müssen wir als Sportboot letztere nicht einmal aushängen, sondern nur mitführen.
Nachdem alle Fragen vielleicht nicht zur allgemeinen Zufriedenheit, zumindest aber doch in offensichtlich hinreichendem Maße beantwortet waren, blieb uns nur noch zu warten…