Wie geht es weiter?

Trotz offiziell geschlossener Grenze und ohne offizielle Einreise sind wir mittlerweile den dritten Tag in Chile. In den Funkgesprächen mit der Chilenischen Armada wurden noch ein paar weitere Informationen abgefragt und man forderte uns auf, täglich um 20Uhr per E-Mail einen Positionsreport abzuschicken. Doch das ist in Chile ganz normal. Schließlich wurde uns eine gute Fahrt gewünscht. So wie es aussieht, haben wir es also geschafft. Wir sind in Chile und dürfen auch bleiben.

Als ETA (geschätzte Ankunftszeit) für unseren nächsten Hafen Valdivia haben wir den 30. Juli angegeben. Die nächsten zwei Monate wollen wir uns also ganz gemütlich die gut grob geschätzt 1.300sm Richtung Norden hangeln und die grandiose Gegend hier in aller Ruhe erkunden. Ja, es ist wirklich unglaublich schön hier unten, und nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Situation sind wir auch weitgehend alleine unterwegs. Mal sehen, ob wir in den nächsten Wochen noch andere Segler treffen. Wir wissen zwar, dass einige wenige unterwegs sind, aber es ist ein großes Gebiet und es verläuft sich.

Die ersten Landerkundungen waren dann auch Balsam auf der lange in Ushuaia festgehaltenen Seele. Selten zuvor, vielleicht noch auf dem offenen Ozean bei der Atlantiküberquerung, haben wir ein solches Gefühl von Freiheit gehabt.

Ein Nebeneffekt unserer Planung ist, dass wir die nächsten zwei Monate weitgehend offline sind. Zumindest werden wir voraussichtlich bis Valdivia keinen echten Internetzugang mit unseren Standard-E-Mails, Nachrichten, WhatsApp & Co. etc. haben. In dieser Hinsicht wird es also ähnlich wie bei unserem 1-monatigen Ausflug in die Antarktis sein. Dementsprechend werden wir im Blog auch nur sehr sporadisch aktuelle Einträge aus Chile veröffentlichen.

ABER: Es geht trotzdem weiter. Ab dem 2. Juni sind wir hier wieder in der Antarktis. Nach den Ereignissen bei Plénau Island führt die Reise noch weiter in den Süden und schließlich auch wieder zurück bis Ushuaia. Wir haben bis zum 18. Juli alle zwei Tage einen Beitrag eingeplant… immer an den geraden Tagen gibt es Nachschub. Dazwischen hin und wieder vielleicht auch mal einen aktuellen Status aus Chile, doch der eigentliche Bericht über unsere Zeit in den Chilenischen Kanälen kommt dann (mehr oder weniger reich bebildert ;-) im Nachgang.

In diesem Sinne danken wir für Eure Treue, wünschen viel Spaß beim Lesen und hoffen auf eine gute Zeit. Nicht nur für uns, die (dessen sind wir uns in Dankbarkeit völlig bewusst) wir das Privileg haben genau dort zu sein, wo wir gerade sind. Auch für Euch, unsere Leser, sowie natürlich alle anderen… bleibt gesund und macht das Beste aus der aktuellen Situation.


P.S. Dieser Eintrag wurde per Satellit eingestellt und beinhaltet daher keine Bilder. Auch Kommentare können wir erst wieder lesen, beantworten bzw. auch nur die zur Veröffentlichung notwendige Genehmigung erteilen, wenn mal wieder Internetzugang besteht ( das soll jedoch bitte niemanden vom Schreiben abhalten ;-).

Sind wir eigentlich völlig bescheuert?

Noch vor gar nicht allzu langer Zeit, da war man als Langfahrtsegler echt abgeschnitten von Familie, Freunden und Bekannten. Das hat sich grundlegend geändert. Viele Häfen, auch auf abgelegenen Inseln haben WLAN. Man kann sich eine Daten-SIM-Karte seines Gastlandes besorgen und hat WhatsApp, Skype, Threema, Facebook, Instagramm, Nachrichtenportale und vieles mehr. Selbst auf hoher See oder in der Antarktis besteht immerhin noch die Möglichkeit, über Kurzwelle oder Satellit Text-Emails zu schreiben, Wetterdaten zu empfangen oder auch zu telefonieren. Wunder der Neuzeit!

Dementsprechend stehen auch wir im Kontakt mit Familie und Freunden in Deutschland sowie auch (insbesondere) Seglern rund um die Welt, sei es über andere Blogs oder auch persönlichen Austausch. Die meisten Segler sind unserer Meinung, dass wir in der aktuellen Situation im Grund privilegiert sind. Ja, Pläne ändern sich, manch ein Vorhaben kann nicht durchgeführt werden, doch es geht uns letztlich überdurchschnittlich gut.

Das persönliche Feedback, das uns erreicht, ist auch zum absolut überwiegenden Teil ausgesprochen positiv. Manch einer verwendet sogar das Wort Bewunderung, welches unserer Meinung nach jedoch etwas zu hoch gegriffen scheint. Im Endeffekt hatten wir vor knapp 12 Jahren mal eine Idee, dann lange darauf hingearbeitet und sind nun endlich in der Umsetzung. Vielleicht abseits ausgetretener Pfade und zufälliger Weise zu einer besonderen Zeit, aber auch nicht die ersten oder gar einzigen. In jedem Fall scheinen sich fast alle mit uns darüber zu freuen, dass es endlich weiter geht… vielen Dank dafür!!!

Es gibt jedoch auch einige wenige Stimmen, die scheinen uns letztlich für völlig bescheuert zu halten. Das beginnt ja schon damit, dass wir entgegen aller Vernunft und gutem Ratschlag die Rückholaktionen nach Deutschland nicht genutzt haben. Wie konnten wir nur so blöd sein?! Ja, für manche mag der Weg Heim ins Reich richtig gewesen sein und wir hoffen, dass es ihnen und natürlich auch den zurück gelassenen Schiffen gut geht (besonders liebe Grüße an J.+S. :-).

Doch jetzt könnten wir uns der neuen Realität wirklich nicht mehr verschließen. Die einzig sinnvolle Entscheidung sei es, das Boot vollzupacken und auf direktem Weg nach Deutschland zu segeln… nach Hause! Mal abgesehen davon, dass das die Tatsache ignoriert, dass wir hier und jetzt auf unserer Samai zu Hause sind, scheinen sich diese (meist nicht segelnden) Apologeten offensichtlich nicht die Mühe des von mir sehr geschätzten Perspektivenwechsels gemacht zu haben. Mal angenommen, wir würden jetzt wirklich im kräftezehrenden Hau-Ruck-Verfahren nach Deutschland segeln…

  • Es beginnt damit, dass wir dort keinen Dauerliegeplatz haben, doch das ließe sich in der Annahme, dass die Häfen bis zu unserer (theoretischen) Ankunft wieder offen sind sicher irgendwie hinbekommen.
  • Wir haben keine Wohnung und unsere Möbel sowie sonstigen materiellen Habseligkeiten sind größtenteils eingelagert. Wo sollten wir hin? Die eigenen, betagten und damit der Risikogruppe angehörigen Eltern wären jedenfalls keine Option.
  • Wir müssten für die Kinder neue Schulen finden. Die wären neben den aktuellen Herausforderungen u.a. mit Homeschooling (das hier an Bord übrigens gar nicht mal so schlecht funktioniert!) sicher begeistert über unser Anliegen.
  • Wir müssten zeitnah zurück in den Arbeitsalltag. Das ist an sich ja nichts Schlimmes und steht uns ja irgendwann auch bevor. Allerdings würde La Skipper als Ärztin nicht nur recht schnell eine neue Stelle finden, sondern wäre da dann auch direkt an der für uns aktuell weit entfernten Infektionsfront.

Dabei handelt es sich neben vielen anderen Kleinigkeiten nur um die wesentlichen Punkte, die von manchen – unterstellen wir einmal gut meinenden – Menschen übersehen werden.

Doch woher kommt eigentlich diese feste Überzeugung, uns unbedingt zur Rückkehr bewegen zu wollen? Basiert sie auf einer ebenso fundierten, einschlägigen Informationslage, wie sie uns zur Verfügung steht? Wohl eher nicht. Da werden Berichte aus Zeitung und Fernsehen angeführt, über Kreuzfahrtschiffe und Einzelfälle. Mal angenommen, einem Redakteur werden vier Überschriften angeboten:

  • Deutscher Segler-Familie in Ushuaia geht es gut.
  • Südseesegler in letzter Sekunde vor dem Verhungern gerettet.
  • Karibik-Segler bedauern nur, nicht alle Inseln besucht haben zu können, bevor sie nun, wie zu dieser Zeit üblich, aus dem Hurrikangebiet fahren.
  • Karibik-Segler fliehen panische vor der stärksten Hurrikan-Saison aller Zeiten.

Hand aufs Herz: Welche zwei Geschichten werden gedruckt?

Anders herum lesen wir hier ja auch die Nachrichten aus Deutschland, sogar von Deutschen Medien, und finden Überschriften wie…

  • Verantwortungslose Eltern bevölkern geschlossene Spielplätze.
  • Viele Neuinfektionen nach Gottesdienst oder wahlweise Restaurantbesuch.
  • Mit den Worten Nun habt ihr es auch! hustet ein Verdächtiger Polizisten an (das sollte sich in Südamerika mal einer erlauben!).
  • Supermarktmitarbeiter werden angepöbelt, weil die auf geltende Regeln hinweisen.
  • Schlägerei um letzte Klopapierrolle.

Nochmal Hand aufs Herz: Welchen Eindruck gewinnt man alleine aus den Schlagzeilen von Deutschland? Ich würde dort jedenfalls keinen Fuß reinsetzen wollen.

Ich möchte das bitte ausdrücklich nicht als die leider modern gewordene Medienschelte im Sinne von Fake News (schrecklich!) verstanden wissen. Medien haben neben ihrem Informationsauftrag ebenso ihre Zielgruppen und müssen ihre Euro reinbringen. Daher sollte man sich doch bitte nicht ausschließlich und unreflektiert auf die Schlagzeilen verlassen.

Schließlich noch eine ganz persönliche Einschätzung zu einer anderen, heutzutage oft zu lesenden Schlagzeile: Es wird nie so sein, wie früher!. Das zielt nicht zuletzt auf die Reisen der Zukunft ab.

Ja, die aktuelle Situation ist trotz Spanischer Grippe (die eigentlich aus den USA kam), Pest und Cholera so noch nicht da gewesen. Ja, aktuell ist das Leben fast aller Menschen nicht mehr so, wie es war. Und ja, viele glauben, dass es nie wieder so werden könne, wie in der guten alten Zeit. Doch ganz ehrlich: Mein Vertrauen in das kollektive Langzeitgedächtnis der Menschheit ist bei weitem nicht so gefestigt, als dass ich diese Ansicht teilen könnte. Irgendwann wird es einen Impfstoff geben, irgendwann wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben, irgendwann verblasst die Erinnerung und so werden die Menschen, die es sich leisten können und wollen sich auch irgendwann (wohl eher früher als später) wieder auf die Kreuzfahrtschiffe, Fernflieger und Urlaubsressorts stürzen. Und diese Nachfrage wird ihr Angebot finden. Auch die jetzt geschlossenen Urlaubsziele werden natürlich wieder öffnen, ironischer Weise macht ja gerade Italien demnächst den Anfang. Tourismus ist ein zu gewaltiger Wirtschaftsfaktor, für manche Länder gar überlebenswichtig, als dass hier nicht alles auf einen Weg zurück zur Normalität weisen würde.

Ja, ich kann natürlich falsch damit liegen. Doch wenn man bedenkt, dass sogar nach den katastrophalen Ereignissen des letzten Jahrhunderts und der damit einhergehenden, intensiven Erinnerungskultur inzwischen Rechtspopulisten weltweit im Aufwind sind, kann ich persönlich ein solch unerschütterliches Vertrauen in die kollektive Rationalität der Menschheit nicht teilen.

So, das war jetzt mal was ganz anderes auf diesem Blog und ich danke jedem, der es bis hierher geschafft hat durchzuhalten. Wie gesagt sind es persönliche Wahrnehmungen, Gedanken und Einschätzungen, die ausdrücklich keinen Anspruch auf vollständige Information, letzte Wahrheit, oder gar umfassende Weisheit erheben. Jedoch helfen sie dem aufgeschlossenen(!) Leser vielleicht ein wenig dabei, eventuell vorhandene Zweifel und Fragen über unser Handeln in dieser Situation besser zu verstehen. In diesem Sinne alles Gute und natürlich Gesundheit!

P.S. Dieser Eintrag wurde per Satellit eingestellt und beinhaltet daher keine Bilder. Auch Kommentare können wir erst wieder lesen, beantworten bzw. auch nur die zur Veröffentlichung notwendige Genehmigung erteilen, wenn mal wieder Internetzugang besteht ( das soll jedoch bitte niemanden vom Schreiben abhalten ;-).

Grüße aus Chile

Um 12:05 Uhr argentinischer Zeit (UTC-3) war es soweit, wir passierten die chilenische Grenze und es passierte… nichts. Kein Schiff der Armada, kein Funkspruch, alles ruhig. Bis wir dann um 16 Uhr direkt an der Alcamar Yánama, also einer Station der Chilenischen Armada, vorbeifuhren und natürlich sogleich angerufen wurden. Mit der hier üblichen professionellen Höflichkeit wurden erst einmal diverse Informationen über Boot, Crew und Route abgefragt, bis dann der Hinweis kam, dass die Chilenischen Grenzen ja geschlossen sind. Man wolle mit Puerto Williams Rücksprache halten. Ich verwies auf unsere von der Gobernance Maritima Valdivia (wenn auch nur fern-mündlich an unseren Honorarkonsul) erteilte Genehmigung von Ushuaia direkt nach Valdivia zu kommen und bestätigte das Vorhandensein einer entsprechenden E-Mail. Mal sehen, was sie daraus machen. Unseren Honorarkonsul in Valdivia habe ich jedenfalls entsprechend informiert.

Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir dann, nach einer entgegen JEDER Wettervorhersage SEHR windigen Fahrt mit teilweise locker über 30kn Wind exakt von vorne, in der Caleta Olla an. Auch wenn es sich hier um eine sehr beliebte Bucht handelt, haben wir sie natürlich für uns alleine. Der Anker ging in der Mitte auf 15m Tiefe, 80m Kette wurden rausgelassen und wir verbrachten die immer noch so böig nicht angesagte Nacht sicher und ruhig.

Tja, gerade hatten wir also unser erster Frühstück in Chile und sind guter Hoffnung, dass wir in den nächsten Wochen und Monate noch oft in diesem schönen Land frühstücken werden. Der Crew und dem Boot geht es gut… endlich können wir das machen, wofür wir eigentlich aufgebrochen sind: weiterfahren und andere Länder erkunden. In diesem Sinne viele Grüße aus Chile!

P.S. Dieser Eintrag wurde per Kurzwelle eingestellt und beinhaltet daher keine Bilder. Auch Kommentare können wir erst wieder lesen, beantworten bzw. auch nur die zur Veröffentlichung notwendige Genehmigung erteilen, wenn mal wieder Internetzugang besteht ( das soll jedoch bitte niemanden vom Schreiben abhalten ;-).

Wir sind wieder unterwegs

Isla Redonda, 28. Mai 2020

Wir waren in den letzten Tagen ja schon recht zuversichtlich, was eine mögliche Weiterfahrt in Richtung der chilenischen Kanäle angeht. Ein Capitán aus Validivia meinte, dass wir gerne direkt von Ushuaia nach Valdivia kommen könnten und unser Honorarkonsul in Ushuaia nutzte die Zeit der ersten Quarantäne-Lockerungen dazu, den Behörden gut zuzureden und im Hintergrund ein paar Fäden zu ziehen.

Wir nutzten die Zeit dagegen, um unsere Vorräte wieder aufzufüllen. Schon in den Tagen zuvor brachte ich vom La Anonima immer auch lang haltbare Sachen von der ganz großen Einkaufsliste mit. Der knall-orange Bollerwagen war stets gut gefüllt und der große Mann mit der gelben Segeljacke im Supermarkt inzwischen bekannt und gegrüßt.

Mit Hilfe des guten Fahrrades unseres brasilianischen Stegnachbarn Eduardo waren auch weiter entfernte Ziele gut erreichbar und am Dienstag kam dann sogar Skipper Henk vorbei, um mir bei der großen Einkaufstour zu helfen. Wir füllten die Gasvorräte, bestellten das am Abend zuverlässig an den Steg gelieferte Obst und Gemüse, besorgten vakuumverpacktes Fleisch und nutzten die Zeit im Wagen natürlich für einen ausgedehnten Plausch. Es war wirklich schön, dass wir uns nochmal gehen haben. Henk… so vielen Dank für alles, Deine Tipps und Hilfe in der Antarktis sowie Ushuaia, ein tolles Asado bei Dir zu Hause und jede Minute, die Du für uns erübrigt hast.

Der gestrige Vormittag stand dann im Zeichen der Formalitäten. Um neun Uhr war unser Honorarkonsul im Hafen. Die erwartete Prefectura Naval ließ sich aufgrund eines langen Frühstücks jedoch noch nicht blicken. So sind wir erstmal zur Migracion gefahren, wo unsere Pässe Ihren Ausreisestempel bekamen. Zurück zum Hafen war die Prefectura inzwischen mit der Inspektion der Sicherheitsausrüstung unserer Samai fertig. Das war für La Skipper ein ganz besonderes Erlebnis. Dann stellte man fest, dass ein Stempel vergessen wurde und wir warteten. Mit dem Stempel auf den Papieren ging es zum AFIP (Zoll) und wieder zurück zur im Hafen wartenden Prefectura (ist schon ein harter Job!), letzter Stempel, letzte Unterschrift und wir waren frei!

Um 15:15 Uhr Ortszeit dann der große Moment. Der Motor wurde angelassen, die lieben Stegnachbarn der letzten Wochen, ja Monate standen zum Abschied auf dem Steg, die Leinen gelöst, abgestoßen und weg. Nur 12sm zur Isla Redona standen auf dem Programm. Auf dem Weg gleich schon wieder Gruppen von Seelöwen, Wale in einiger Entfernung sowie auch ein Schiff der chilenischen Armada am Südlichen Ufer.

Die auf Isla Redonda stationierte Station der Prefectura Naval meldete sich natürlich über Funk, wir fanden die empfohlene Bucht, der Anker ging auf 7m runter und… Ruhe! Was für eine ohrenbetäubende Stille. In Ushuaia gab es immer Hintergrundgeräusche von der Stadt, dem Entladen der Containerschiffe, dem Motor des Stegnachbarn und so vielem mehr. Hier dagegen nichts außer leisem Gezwitscher und säuselnden Wellen. Bis dann die herangeeilte Prefectura uns vom Land aus begrüßte. Ein Gespräch über mehr als 50m war kein Problem, man verstand jedes Wort… also wenn man Spanisch kann.

In der Nacht kamen ein paar Böen, die uns nicht wie sonst auf einen Steg drückten. Der Anker hielt wie (bisher) immer zuverlässig. Natürlich ist es ein kalter Morgen, aber eben auch wunderschön. Umgeben von dichtem Wald geht hinter uns die Sonne über den Bergen am Beagle-Kanal auf. Und doch ist das hier nur ein kurzer Zwischenstopp. Wir sind schließlich immer noch in Argentinien. Gleich werden wir den Anker aufholen und in Richtung chilenische Hoheitsgewässer fahren. Drückt uns die Daumen!

P.S. Dieser Eintrag wurde per Satellit eingestellt und beinhaltet daher keine Bilder. Auch Kommentare können erst wieder lesen, beantworten bzw. auch nur die zur Veröffentlichung notwendige Genehmigung erteilen, wenn wir wieder Internetzugang haben ( das soll jedoch bitte niemanden vom Schreiben abhalten ;-).

Alltagsprobleme an Bord: Fender

Ein Fender ist ein Schutzkörper, der Beschädigungen an der Außenhaut eines Schiffes bei Hafenmanövern sowie beim Liegen an der Kaimauer oder im Päckchen (Schiff an Schiff) verhindern soll. (Wikipedia)

Diese gute Helfer gehören natürlich an Bord eines jeden Segelbootes. Man darf aber auch nicht vergessen, dass es sich dabei um Gebrauchsgegenstände handelt. Wir hatten ursprünglich derer acht an Bord.

  • sechs Schlauchfender (Standard auf vielen Booten)
  • ein kleiner Kugelfender (gut aus der Hand zu bedienen)
  • zwei große Kugelfender (wenn es mal etwas ruppiger wird)
  • ein Trittfender (hilft beim an-Bord-Kommen von niedrigen Stegen)

Und alle diese Fender waren mit sogenannten „Fendersocken“ versehen. Das ist ein Schutzüberzug aus Stoff, damit das Gummi nicht direkt am Aluminiumrumpf scheuer und unansehnliche Stellen hinterlässt. Von den Schlauchfendern hatten sich im Laufe der letzten Jahre zwei verabschiedet. Einfach so waren sie eines Tages nicht mehr da, wahrscheinlich unbemerkt über Bord gegangen. Dafür fand der Skipper ebenfalls schon vor Jahren mal zwei größere Fender auf dem Skagerak treibend. Sie hatten sich anscheinend von einem Fischernetz oder -kasten losgerissen und kamen als Backup an Bord.

Schöner, großer Fender am Heck…

Dazu muss noch festgehalten werden, dass „großer Fender“ hier aus Sicht des langjährigen Ostseesegler geschrieben steht. Doch dort sind wir nicht mehr. Inzwischen sind wir in Patagonien und hier unten gelten andere Maßstäbe. Schon in der Antarktis meinte Skipper Henk, dass wir für unsere Weltumsegelung wohl noch ein paar große Fender benötigen würden. Hmmmm… warum das denn? Wir waren eigentlich immer sehr zufrieden mit selbst reduzierter Anzahl sowie auch der völlig ausreichenden Größe. Das war im Februar.

Das reicht doch dicke…

Jetzt haben wir Mai. Seit zwei Monaten werden wir bei 1-2 Meter Gezeitenunterschied immer mal wieder von teils recht heftigen Windböen an einen festen (also nicht-Schwimm-)Steg gedrückt. Wie schon an anderer Stelle geschrieben, hatte ein Kugelfender das bereits mit seinem Leben bezahlt.

Vorgestern gab es wieder solche Böen und wir wurden wieder an den Steg gedrückt. Dieses Mal jedoch so stark, dass die landseitige Want (das ist ein Stahlseil, das den Mast vor dem Umkippen bewahren soll) am Holz des Steges schabte und sich teilweise etwas am Brett verhakte.

So ein Sch….!!!

Doch auf unsere lieben Stegnachbarn war Verlass. Auf unser Problem aufmerksam geworden kamen gleich drei Helfer und brachten zwei große Fender mit. Also „groß“ im patagonischen Sinne. Gemeinsam schafften wir sie zwischen Samai und Steg und schon war alles wieder gut. Ok, liebäugelte ich schon vorher mit deren Anschaffung, so war ich nun vollends überzeugt. Wir brauchten definitiv noch zwei große Fender.

Gedacht, getan, die Geschäfte sind ja schon einige Tage wieder geöffnet. So stand ich kurz vor Toreschluss im einzigen Laden von Ushuaia, wo man solche Fender bekommen kann und kaufte für einen Preis, über den an dieser Stelle lieber Stillschweigen bewahrt wird, Unterstützung für unsere Ostseefender. Jetzt sieht das eigentlich ganz gut aus… selbst für patagonische Verhältnisse.

Die kleinen Schlauchfender haben alles gegeben… jetzt ist endlich angemessene Unterstützung da!