Streckentechnisch ist die Fahrt nach Buenos Aires ein Umweg. Der direkte Weg würde uns an dem größten Flussdelta des Rio de La Plata vorbei und nicht hineinführen. Auch brauchen wir mit dem Boot fast einen Tag, wofür die Expressfähre nur knapp 2h benötigt. Mit unserem Fahrtenboot ist Geschwindigkeit nun gerade nicht das vorrangigste, versuche ich es mir schön zu reden. Es entschleunigt und zwingt einen zu mehr Gelassenheit. Aber das hier in dieser Ecke ständig Gewitter und Sturmböen durchziehen müssen, ist schon seltsam. Entweder ist das hier eine „Gewitterecke“ oder wir haben einfach Pech mit dem Wetter und sind zur falschen Zeit am falschen Ort. Vor allem meine Kinder mögen Gewitter sehr gern, aber nett in Decken eingemummelt auf dem überdachten Balkon sitzend.
Aber wir hatten große Pläne in Buenos Aires. Diverse Dinge warteten nur darauf, von uns (für teilweise viel zu viel Geld) gekauft zu werden. Da große Städte in Argentinien eher rar gesät sind und wir auf dem Weg nach Süden auf eine immer schlechter werdende Versorgungslage treffen werden, gab es viel zu tun. Der Skipper hatte eine sehr lange Bootseinkaufsliste und auch die andere Crew hatte viele Wünsche. Zum einen hat man wirklich nie genug „Bootszeug“ auch weil ständig etwas zu reparieren ist und genau dafür fehlt dann Werkzeug XY, Klebstoffe…etc. Die Liste wird auch seltsamerweise nie kleiner, denn sobald was besorgt wurde „erkennt“ man das Fehlen von etwas anderem. Die Damenwelt wollte schön shoppen gehen und hat große Erwartungen und imaginiert riesigen Einkaufsmalls. Aber natürlich muss auch an die Verproviantierung gedacht werden. Lebensmittelbevorratungen (gemeinhin auch Hamsterkäufe genannt) sind lt. diversen Reiseführern auf dieser Strecke wohl nötig. La Skippers Sorge, man könne an Bord verhungern, kann nur durch mindestens 2-3 gut gefüllten Einkaufswagen entgegengewirkt werden. Ausuferungen erwünscht. Sehr zur Freude (?!) des Skippers, denn schleppen darf er das Ganze. Natürlich! Der Skipper weist immer freundlich darauf hin, dass er glauben würde, da wäre noch was zu essen an Bord, aber er wird mit dem schlüssigen Argument „Glauben ist nicht Wissen“ vorerst zum Schweigen gebracht. Da hilft es auch nichts, wenn nach einer Zählung von Dosen sich überraschenderweise herausstellt, dass sich in der Bilge noch 16 Dosen Mais befinden. Zu meiner Verteidigung darf sollte nicht unerwähnt bleiben, dass unsere Tochter echt „mäkelig“ ist und Mais isst sie nun mal eben. Ich denke Maisdosen brauchen wir nicht mehr, aber es gibt ja auch noch andere Sachen….

Kurz und gut, wir hatten hohe Erwartungen. Immer wenn uns etwas einfiel, wurde gesagt: „das machen wir in Buenos Aires“. Samuel meinte treffend: „na das kann er sich kaum vorstellen“ und „das kann nur schief gehen“. Um es vorweg zu nehmen, es gab schon viel zu kaufen – natürlich nicht alles, wäre ja schade um die To-Do Liste, aber die Wege waren zum Teil extrem weit und man (der arme Skipper) wurde viel umhergeschickt. Erwähnenswert ist auch die Temperatur von 35 Grad. Das „erleichtert“ es nicht zwingend. Wir haben dann gern „Uber“ wieder ausgiebig genutzt. Aber nicht zuletzt erwarteten wir unser lebenswichtiges „Care“ Paket von der Firma Jefa, in dem sich unser Ersatzteil für den Autopiloten befindet.
In Buenos Aires selbst gibt es viele Häfen für Sportboote. In Brasilien ist Segeln nicht ganz so verbreitet, aber die Argentinier findet man hier auf den verschiedensten Segelbooten. Die Auswahl ist groß, aber nicht alle Häfen heißen ausländische Boote gerne willkommen. Da wir unser Paket an den ältesten, traditionellsten Segelclub versendet hatten, lag unser Ziel dort. Er lag direkt am Ende der langen betonnten Einfahrt und wir kamen natürlich wieder abends an. Das ist nicht wirklich mein favorisiertes Zeitfenster, aber es hilft ja nichts. Mit Erschrecken stellte ich fest, dass in der Einfahrt eine Art Sperre lag. Was??? Der Hafen ist gesperrt?? Oh nein. Tausend Gedanken im Kopf, aber leider keine zielführenden. La Skipper in heller Aufregung, aber der „alte“ versierte Skipper sprach, dass wir uns das erstmal von der Nähe aus ansehen könnten. Zeit für Panik ist dann noch genug. Und tatsächlich war es eine Sperre, aber sie ging von allein auf. Aha. Drinnen erwartete uns ein freundlicher nur spanisch sprechender Wachmann, der uns dann nach einigen Kommunikationsproblemen einen Liegeplatz gab und uns beim Anlegen half. Danach ging die Unterhaltung dank Google Translate deutlich besser. Hier in Argentinien gibt es die Besonderheit von: Cortesía Das bedeute, dass man eine gewisse Zeit kostenlos liegen kann. Dieser Zeitraum war bei diesem Club zwar nur 48h, aber egal. Wir waren da! Endlich in Argentinien.

Auf zum Christmas Shopping. Ok, erstmal schwitzen bei 30 Grad und die Mückenschutzgitter suchen. Danach gingen wieder die Einreiseprozeduren los. Unsere Kinder haben mittlerweile gar keine Lust mehr drauf und fangen schon immer an zu verhandeln. Aber es hilft nichts. Die erste Enttäuschung war, dass sich leider keine Waschmaschine im Club befand. Immerhin Duschen und Toiletten. Damit wurde wieder unser „White Magic“ herausgeholt und gekurbelt. Sehr oft. In Ermangelung eines Trockners (wäre ja schon fast dekadent, sowas an Bord zu haben) wurde die Wäsche an die Reling gehängt und konnte bereits abends trocken abgenommen werden. Es ist quasi eine Art Sportprogramm, wenn man nicht dabei doch immer irgendwo hängen bleibt oder sich anstoßen würde. Aber trotzdem liebe Grüße an meine Waschmaschine nach Hause und einfach mal „Danke“ gesagt.
Eure La Skipper
Selbst bald sieben Jahre nach unserer Weltumsegelung mit Familie drücke ich die Knöpfe von unserer Wasch- und Geschirrspülmaschine immer noch mit einem Lächeln im Gesicht.
Ich erzählte den Fall Ihrer lieben Tochter, die nur Mais isst, und meine Familie lachte viel. Aber ich verstehe es perfekt. Ich bin auch ein großer Fan von Mais!