5. – 7. September 2021
Vor unserem nächsten Ziel steht erst einmal die längste Fahrstrecke unserer kleinen Rundfahrt auf dem Programm, gut 330km. Und nein, man darf als Fahrzeit keine deutschen Erfahrungswerte zugrunde legen. Trotzdem erscheinen uns die im digitalen Reisebegleiter angegebenen 10 Stunden dann doch etwas zu lang. Tatsächlich schaffen wir es mit kolumbianische inspirierten Fahrstil dann doch in 5½ Stunden. Aber bevor ich mich mal wieder in Deutschland auf die Straße wage, muss ich wohl oder übel nochmal kräftig umgewöhnen… ;-)

So kommen wir also erstaunlich früh im 1970 gegründeten, privaten Naturreservat Cañon del Río Claro an. Einerseits ist das hier wirklich ein sehr schönes Fleckchen Erde. Andererseits wird schnell klar, dass es letztlich privat geführt und damit auch kommerziellen Interessen nicht abgeneigt ist. Natürlich findet sich eine gewisse touristische Infrastruktur. Der heutigen Spaßgesellschaft muss schließlich etwas geboten werden und auch wir können nicht wirklich widerstehen. Andererseits handelt es sich bei dem Reservat um ein Rückzugsgebiet für Flora und Fauna, dass in dieser – zu ca. 95% abgeholzten Gegend – seines Gleichen sucht. Über zwei Dutzend Pflanzenarten wurden in dieser Region erstmals beschrieben. Manche Vögel sind endemisch und natürlich gibt es Affen. Auch wenn gerade an den Rändern des Reservats die umgebende Zivilisation nicht zu übersehen und -hören ist, so präsentiert das Reservat mehr als nur die Illusion ursprünglicher Natur. Insgesamt erscheint uns die Mischung gelungen.

Dafür darf man sein Gepäck dann auch gleich mal ein gutes Stück am Ufer flussaufwärts zu den Unterkünften schleppen. Diese liegen dafür mitten im Wald. Wir bekommen ein Eckzimmer im obersten Stock, das die Mühen mit einem wunderschönen, ungestörtem Ausblick belohnt. Die Cabañas sind aktuell nur spärlich bewohnt, die wohl oft zahlreichen Wochenendbesucher gerade abgereist. Das Restaurant fährt offensichtlich auf Sparbetrieb und auch die angebotenen Aktivitäten sind alles andere als überlaufen. Das mag für den Betreiber jetzt nicht optimal sein, wir finden es toll.




Der namensgebende, von teils sehr beeindruckenden Kalksteinformationen umgebende Río Claro präsentiert sich bei unserer Ankunft tatsächlich sehr klar. Und dank des Skippers Fahrstil bleibt ausreichend Zeit, gleich noch in den Fluss zu hüpfen. In der Mitte ist die Strömung nicht zu verachten, trotzdem erreichen wir auch das gegenüberliegende Ufer. Zur Not sind flussabwärts der Badestelle aber auch noch Seile gespannt.






In der Nacht regnet es. Also so richtig. Wolkenbruch mit Blitz und Donner. Da die Fenster in unserem Zimmer lediglich aus Moskitonetzen bestehen, bekommen wir das hautnah mit. Beeindruckend. Trotz unruhiger Nacht geht Samuel am frühen Morgen wieder auf Vogelbeobachtung. Wenn er sich doch auch an Bord mal so begeistert für die Schule aus den Federn heben würde. Im Hintergrund rauscht der Fluss heute um einiges lauter als gestern. Und so richtig klar ist er auch nicht mehr. Fast einen Meter höher rauschen die vom Regen gespeisten, braunen Wassermassen vorbei. Hoffentlich macht das keinen Strich durch unsere Planung.


Auf dem Programm stehen ein Höhlenausflug für die Jungs sowie Rafting für die ganze Familie. Wir warten auf die Information, ob die Ausflüge auch stattfinden. Dann kommt Entwarnung. Ja, der Fluss ist heute alles andere als ruhig, aber das passt. Doch von diesen Ausflügen wollen die Kinder berichten. Für mich bleibt an dieser Stelle nur noch unser letzter Spaziergang.







Flussaufwärts windet sich ein Pfad am Ufer entlang. Ja, natürlich ist es ein künstlicher Eingriff in die Natur, trotzdem dezent umgesetzt und alles andere als barrierefrei. Wir klettern über Stock und Stein, umgeben von einer Natur, wie wir sie in den letzten Wochen und Monaten lieben gelernt haben. Noch einmal atmen wir richtig durch, bevor uns unsere Reise in die zweitgrößte Stadt Kolumbiens führt… Medellín.
