Antarktis, Mitte Februar 2020
Trotz Eisaktivitäten war die Ausfahrt bei den Lippmann Islands überraschender Weise offener als am Vortag. Ein guter Beginn. Nur die Hoffnung, heute keinen Umweg fahren zu müssen, zerschlug sich recht schnell. In der direkt nördlich gelegenen Collins Bay, natürlich auf dem Weg zum heutigen Tagesziel trieb ein großes Eisfeld. der lokale Gletscher hatte offensichtlich ganze Arbeit geleistet. Dabei sah es gar nicht so schlimm aus. Nur am Rand schwamm halt breite weiße Barriere. Von Krümelzeug bis hin zu größeren Growlern war alles dabei. Im Gegensatz zum Vortag hatten wir auch noch Schwell, der dieses weiße Band in ständiger Bewegung hielt. Nein, da wollten wir lieber nicht durchfahren. Die Erfahrung, wie schwer selbst scheinbar kleine Eisbrocken im Wasser sind, sprach eine deutliche Empfehlung aus, erst einmal an der Kante entlang weiter raus zu fahren. Irgendwann würde es schon enden, und vielleicht ergabt sich vorher ja noch eine vertretbare Lücke.
Doch es zog sich hin und wir kamen immer weiter ab vom Kurs. Am frühen Nachmittag reichte es dem Skipper. Wir wollten ja auch nochmal ankommen. War da nicht ein etwas schmalerer Bereich ohne größere Brocken? Also nahm ich mir ein Herz und fuhr mit maximal eingekoppelter Maschine gaaanz langsam durch. Da waren sie wieder, diese markanten Geräusche, aber alles in allem dann doch nicht allzu schlimm. Ein großer Eisberg hatte den Bereich dahinter komplett freigeräumt und im weiteren Verlauf schwammen nur etwas größere, leicht zu umfahrende Brocken. Erst weiter nördlich, im Kanal bei den Argentine Islands, wurde es dann wieder dichter. Wir bahnten uns den Weg durch eine fast geschlossene Decke von Krümelzeug. Schon wieder Schleichfahrt.


So dauerte es bis zum späten Nachmittag, bis wir unser eigentlich nahe gelegenes Zwischenziel erreicht hatten. Nördlich der Yalour Islands fiel der Anker auf sagenhaften 30m. Kein Platz für die Nacht, aber wir wollten ja auch nur mal kurz in der Adelie-Kolonie vorbeischauen. Leider hatten wir diese Idee nicht exklusiv. In der Bucht lag ein Kreuzfahrer, die Kolonie voller Touristen. Aber wir hatten keine Wahl, schließlich war das nur ein Zwischenziel.


Also landeten wir an und konnten uns mal so richtig wie Antarktis-Kreuzfahrer fühlen. Die Wege waren mit Stöcken abgesteckt, Guides wachten über das korrekte Verhalten und dann natürlich die anderen Menschen. Zwar waren hier die Anlandung von nur maximal 60 Passagieren gleichzeitig erlaubt, aber diese Grenze wurde mit Sicherheit mindestens ausgereizt. Für uns, die wir einsame Aussichten und Landgänge gewohnt waren, fühlte es sich eher an wie auf einem überfüllten Weihnachtsmarkt… nur halt ohne Glühwein.







Aber die (durch virtuelle Scheuklappen beobachteten) kleinen Adelies waren natürlich echt süß. Die haben wirklich eine ganz eigene, entschlossene Ausstrahlung. Dass diese nicht immer hilft, zeigte neben einigen Knochenresten auch die am Rand sitzende Skua, welche sich gerade die Reste eines dieser kleinen Kameraden schmecken ließ. So ist das.

Alles in allem war das aber einer unserer kürzesten Landgänge. Es waren uns einfach viel zu viele andere Menschen dabei. Daher machten wir uns schon bald auf zu unserem nächsten Ziel…

Epilog: Ein paar Tage später versuchten wir noch eine Anlandung, um die Adelie-Kolonie in Ruhe genießen zu können. Allerdings verhinderte der auf Nord gedrehte Wind den bekannten Ankerplatz, eine sichere Alternative war auf die Schnelle nicht zu finden und nicht weit weg erschien auch schon der nächste Kreuzfahrer mit (laut AIS) Ziel „Yalour Is.“. So bliebt es also beim Versuch und wir winkten den Adelies aus der Ferne zu… alleine würden sie ja nicht mehr lange sein.
