Ushuaia, 22. Mai 2020
Am 6. März waren wir aus der Antarktis wieder in Ushuaia angekommen. Proviant, Gas und Diesel wurden aufgefüllt, der lange überfällige Frisörbesuch getätigt, wir waren bereit, am Montag, den 18. März Richtung Chile weiterzufahren. Am 17. März wurde dann der im Beagle-Kanal gegenüber liegende Hafen Puerto Williams geschlossen. Es war nicht mehr möglich, dort einzuklarieren (also offiziell in Chile einzureisen) und auch von argentinischer Seite wurde das für die Ausreise notwendige „Zarpe“ nicht mehr ausgestellt. Kurz danach wurde der Hafen von Ushuaia geschlossen und in Argentinien eine landesweite Quarantäne ausgerufen. Seitdem liegen wir hier fest.

Wie schon früher geschrieben, haben wir es hier eigentlich ganz gut getroffen. Doch so langsam reicht es selbst uns. Seit nunmehr zwei Monaten vergeht ein Tag mehr oder weniger wie der andere. Jeder steht auf, wenn er nicht mehr schlafen kann. Meist ist der Skipper der erste, gefolgt von den Damen mal vor und mal nach 9 Uhr, den Abschluss bildet der Große. Erst in letzter Zeit kann es bei ihm auch mal etwas früher sein… immer dann, wenn von draußen ein lautes „Miau!“ zu hören ist. So beginnt der Tag hin und wieder schon im Dunkeln… heutiger Sonnenaufgang: 9:30 Uhr.
Eisige Sprayhood Achtung rutschig!
Dann werden die Fenster abgeputzt, das Boot gelüftet, La Skipper zieht sich ob der Kälte kaum vernehmlich jammernd an, manchmal ist noch Abwasch vom Vorabend übrig, mit dem Heizlüfter wird versucht die Innentemperatur auf über 10°C zu bringen und irgendwann steht dann auch mal das Frühstück auf dem Tisch. Das schaffen wir meist sogar schon vor 12 Uhr. Danach dann der geschwisterliche Streit darüber, wer denn heute unter dem Tisch fegt… von der Show beim Zähneputzen will ich hier lieber nicht weiter berichten.
Tagsüber steht vor allem die Schule auf dem Programm. So wird zumindest auch den Eltern nicht langweilig. Manchmal läuft es gut, manchmal weniger gut, aber es hilft ja nichts. Nebenbei kümmert sich der Skipper um den Blog und hat inzwischen auch die „Nachreiseangaben“ unseres Ausflugs in die Antarktis an das Umweltbundesamt geschickt. Immer mal wieder muss etwas repariert (z.B. wenn La Skipper einen Hebel am Toaster abbricht ;-) oder der Wassertank aufgefüllt werden.

Etwas Abwechslung gibt es immer dann, wenn eine der hier liegenden Crews zum „Quincho-Lunch“ einlädt. Dann treffen sich alle so gegen 13 Uhr im Clubhaus (=Quincho) und essen gemeinsam. Vorgestern gab es „Steak & Ale Pie“, immer mal wieder ein Asado (Grillen), zweimal schon Pizza oder auch selbst gemachte Nudeln. Bei unseren zwei Einladungen gab es einmal Berliner Buletten mit Kartoffel- sowie Gurkensalat und ein anderes Mal selbst gemachte Tortillas. Natürlich bringen auch alle anderen immer etwas mit.


Manchmal mit leckerer Caipi! Hat leider nicht ganz gereicht.

Ansonsten gibt es an Bord der Samai immer so gegen 18 Uhr die neben dem Frühstück zweite Mahlzeit des Tages. Dann beginnt das gemeinsame Abendprogramm. Das ist dann ein Film (natürlich mit Popcorn-Pause), gemeinsames Spiel (Samuel liebt die „Legenden von Andor“) oder auch Hörbuch. Hier hatten wir einige erfolglose Ansätze uns einvernehmlich zu einigen, selbst das Losen klappte nicht. Aktuell ist es so, dass reihum jeden Tag ein anderer von uns das Programm bestimmt. Das klappt erstaunlich gut.
Und natürlich feiern wir auch hier die Feste, wie sie fallen, sei es nun Ostern, der Geburtstag von La Skipper (29 forever ;-) oder Vatertag…
Geburtstag Vatertag
So vergehen die Tage. Das Club-Gelände des AFASyN verlassen hat wochenlang lediglich der Skipper auf seinem mundschutzbewehrten Gang zum Supermarkt.

Bis gestern. Inzwischen dürfen die meisten Geschäfte hier wieder öffnen, so dass sich auch La Skipper und die Kinder nach zwei Monaten mal wieder die Beine vertreten haben. Es gab sogar Eis!


Der virale Brennpunkt Argentiniens ist weiterhin Buenos Aires. Feuerland ist inzwischen 10 Tage ohne neue Fälle, so dass die Quarantäne hier inzwischen etwas gelockert wurde. Trotzdem ist selbst innerargentinisches Segeln immer noch nicht erlaubt, die Ausreise nach Chile noch ein ganz anderes Problem. Dankenswerter Weise engagieren sich nun zwei Honorarkonsuln für unsere Weiterfahrt, so dass wir vor ein paar Tagen ganz optimistisch damit begonnen haben, uns für eine 2-monatige Fahrt neu zu verproviantieren. Abgesehen von Gas und Frischwaren (also Fleisch, Obst und Gemüse) sind wir damit auch schon weitgehend fertig.
Offiziell mit Mundschutz versehen! Beagle-Kanal bei Sonnenaufgang
So beginnt auch der heutige Tag in gewohnter Weise. Es ist jetzt 9:37 Uhr, der Skipper sitzt am Navi-Tisch und schreibt diese Zeilen, bevor er sich gleich um dem Abwasch kümmert, vorne quatschen die Mädeln im warmen Bett, von hinten hat der Große noch kein Laut gegeben, draußen wird es langsam hell und gerade gehen ein paar (natürlich auflandige) Böen mit 8Bft. (bis zu 40kn) durch… mit gequetschtem Gruß von den Fendern. Das Frühstück wird heute klein gehalten, da die Brasilianer für Mittags zu „rice with chicken and fried polenta“ ins Quincho geladen haben. Daher wird auch die Schule heute etwas zu kurz kommen, aber damit haben die Kinder kein Problem.
Letztlich dann doch ein ganz normaler Tag in argentinischer Quarantäne.

Ein Gedanke zu „Quarantäne-Alltag in Ushuaia“