Alltagsprobleme in der Antarktis: Eis

Es wird niemanden überraschen, dass hiesige Gewässer die komische Eigenart haben, sich dem geneigten Segler nicht nur salzig-flüssig sondern gerne auch mal süß-fest zu präsentieren. Letzteres nennt man (bzw. nennen wir) dann je nach Größe…

  • Krümelzeug
  • Eisbrocken
  • kleine Growler
  • große Growler
  • kleine Eisberge
  • große Eisberge
  • Monstereisberge

Das Lustige an der Sache ist wie schon erwähnt der Umstand, dass das Zeug bevorzugt im Wasser umher schwimmt. Und auf mittlere Sicht lässt sich ein engerer Kontakt mit dem Schiffsrumpf kaum vermeiden. Sagen wir mal so… ich habe hier noch kein Boot gesehen, das Bewuchsprobleme am Wasserpass hat.

Besonderes Augenmerk sollte dabei dann aber immer dem Verhältnis von Größe, Menge und Bootsgeschwindigkeit zukommen lassen. Krümelzeug in nicht allzu großer Dichte kann durchaus in Marschfahrt durchquert werden. Hier muss dann nur den etwas größeren Eisbrocken ausgewichen werden. Wir mussten vereinzelt aber auch Bereiche im wahrsten Wortsinn durchpflügen, bei denen vor lauter Krümelzeug kein Wasser mehr zu sehen war. In diesem Fall geht es natürlich nur eingekuppelt in Schleichfahrt voran… also wenn das Eis die Fahrt nicht zu sehr abbremst.

Krümelzeug voraus…

Relativ angenehm sind Growler-Felder, da sich dazwischen meist ausreichend Platz zum Bootfahren findet. Allerdings sind natürlich Mischformen mit Eis jeder Größe eher die Regel als die Ausnahme. Unter Autopilot ist da wenig zu machen, die Augen bleiben auf dem Eis-Wasser, gegebenenfalls wird auch schon mal der Sohn zum Ausguck auf die erste Saling geschickt und die Hände verlassen weder Steuerrad noch Motorhebel um Kurs und Geschwindigkeit flexibel anpassen zu können.

Growler…

Dagegen sollte man sich beim Test, ob ein Growler (egal welcher Größe) nun fest sitzt oder einem am Ankerplatz doch noch besuchen könnte, dem Eis grundsätzlich SEEEEEHR langsam annähern. Alles darüber ist ohnehin tabu. So verlockend ein Ausflug auf einen Eisberg auch scheinen mag, so können sich von diesem jederzeit(!) Teile lösen und eine Verlagerung hervorrufen. Einer Robbe ist das herzlich egal, als Mensch mit Boot möchte ich in einem solchen Moment jedoch lieber nicht zu nahe sein. Trotzdem lässt es sich nicht immer vermeiden, auch mal etwas dichter an einem Eisberg vorbeizufahren.

Kleinerer Eisberg vor den Lippmann Islands

Besonders erhaben sind jene Vertreter, die wir salopp als „Monstereisberge“ bezeichnen. So über den Daumen sind das diejenigen, bei denen das Vorbeifahren in Marschfahrt deutlich mehr als eine Minute dauert. In Kantenlänge ausgedrückt sind das dann über 200m. Was die Höhe angeht, so überragen diese unsere 20m Masthöhe natürlich mit Leichtigkeit. Von denen halten wir in jedem Fall ausreichend Abstand.

Größerer Eisberg bei Renaud Island

Und ja, es gibt natürlich noch viel größere Abbrüche, deren Fläche dann in Quadratkilometern gemessen wird. Diese finden sich dann aber doch eher beim Antarktischen Schelfeis und nicht bei den Gletschern der Antarktischen Halbinsel.

Von allem etwas dabei…

Man nenne uns ruhig dekadent, aber aus gegebenen Anlass haben wir uns im Duty Free Shop von Ushuaia einen extravaganten Tropfen gegönnt: Johnny Walker Blue Label. Natürlich soll dieser „on the rocks“ getrunken werden, und hier kommt einem speziellen Vertreter des kalten Elements eine herausragende Bedeutung zu: Knistereis!

Knistereis für die Kinder…
… und für die Eltern!

Dabei handelt es sich um mehr oder weniger kleine Brocken Gletschereis, die aufgrund der eingeschlossenen Luftblasen laut vor sich hin knistern. Schon aus einiger Entfernung kann man es vernehmen und mit dem Boot in ein solch tönendes Feld gefahren muss man sich nur noch ein passendes Stück aussuchen, an Bord holen und schon steht dem exklusiven Genuss nichts mehr im Wege. Gut gekühlt von Eis, über dessen wohl eher in Jahrzehnten oder gar -hunderten messendes Alter man nur spekulieren kann, perlt der edle (und sicher auch überteuerte ;-) Tropfen die Kehle hinunter während der Blick umherschweifen kann über diese einzigartige Landschaft und Ihren vorherrschenden Aggregatzustand: Eis!

Erste Tropfen bei Enterprise Island…
… authentischer Nachschub von Port Lockroy.

6 Kommentare zu „Alltagsprobleme in der Antarktis: Eis“

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