Lissabon (2) – Ausflug mit ehrlichen Touristen

In einer Stadt wie Lissabon kann man natürlich seine Zeit nicht ausschließlich an Bord verbringen, und sei der Hafen auch noch so schön. So begab es sich also, dass die Crew der Samai gesammelt aufbrach um mal so richtig die Touristen raushängen zu lassen: Sightseeing. Doch vor das Vergnügen stellte die Unwissenheit der infrastrukturellen Möglichkeiten erst einmal einen langen Marsch ins Stadtzentrum. Leidlich informiert wanderte die tapfere Truppe weiter in die ebenso verwinkelten wie steilen Gassen von Alfama. Ja natürlich wollten auch wir die berühmte historische Straßenbahn 28E nehmen. Alleine kamen wir zweimal nicht mehr in den völlig überfüllten Wagen und der dritte fuhr dann gleich durch.

Also weiter zu Fuß. Die Kathedrale „Sé de Lisboa“ wurde besucht, die Kinder waren im inzwischen bekannten aber bei weitem noch nicht ausgereiften Souvenir-Shopping-Wahn (mal sehen, wie lange das Geld der Großeltern bei diesem Durchsatz reicht ;-), der Blick ging von Aussichtspunkten über die Stadt, der Schweiß spiegelte sich im gleißenden Sonnenschein, es gab Eis und die Straßen waren voll. Aber ebenso wenig, wie man sich über einen Stau beklagen sollte, den man alleine durch seine Anwesenheit ja faktisch mit verursacht, rege man sich auch nicht über Touristenmassen auf, deren Teil man hier nun mal ist… ob gewünscht oder nicht.

Unser Ziel war das Castelo de São Jorge, welches hoch über der Stadt thronend auch für die Kinder lohnend zu sein versprach. In der Tat war es sehr schön und interessant. Und dann wollte der Skipper ein Foto der Aussicht machen. Mit seinem Fotoapparat, einer Nikon-Spiegelreflex! Immer trägt er sie bei sich, den Tragegurt mehrfach um das Handgelenk gewickelt. Ja natürlich beschleicht ihn hin und wieder der Gedanke, dass es echt blöd wäre, die Kamera zu verlieren. Man müsse auch unbedingt mal wieder die Bilder auf Festplatte wegsichern. So ein Bild, wie es jetzt eigentlich gemacht werden sollte. Alleine die Kamera war nicht mehr da! Das Handgelenk ebenso unbelastet wie der Rucksack dämmerte die Erkenntnis, dass das gute Stück abhandengekommen ist. Sofort schwärmte die ganze Crew aus. Einige Minuten vorher hatten wir an einem Steintisch eine kleine Trinkpause eingelegt. Jeder Zentimeter bis zu diesem Platz wurde abgesucht, selbst die Mülleimer gesichtet… ohne Erfolg. Etwas Mut machte dann ein kurzes Gespräch mit einem der Sicherheitsleute vor Ort. Er habe nichts gesehen, aber da kam was über Funk. Ich solle mal den kräftig gebauten Chef fragen. Diesen fand ich am Eingang und dann geschah das Unglaubliche: er holte meine Kamera aus dem kleinen Eingangshäuschen heraus. Ein Tourist habe sie auf einem Tisch liegen sehen und beim Personal abgegeben. Was für ein Riesenglück!!!

Die restliche Crew hatte sich die Zeit im Café mit Getränken, Erdbeeren und pfauenähnlichen Vögeln vertrieben. Diese kletterten auf den Bäumen und stolzierten ungezwungen umher. Zwar fehlte das bunte männliche Federkleid, aber sonst passte das. Mal abgesehen davon, dass wir selbst auf der Berliner Pfaueninsel noch nie einen dieser Vögel auf einem großen Sonnenschirm umherwandern sahen. Und hier saßen sogar noch Menschen (ok… Touristen ;-) unter dem Schirm.

Schließlich liefen wir den Berg wieder hinunter in Richtung Endhaltestelle der legendären 28E. Hier wollten wir unser Glück versuchen, doch noch eine Stadtrundfahrt damit zu machen, aber diese Idee hatten ganz offensichtlich auch schon andere vor uns. Wir haben letztlich freudig darauf verzichtet, uns in die Warteschlage einzureihen.

Das ist doch nicht Euer Ernst?!?

Stattdessen haben wir noch mit der U-Bahn dem Colombo Shopping Center, dem größten Einkaufszentrum der Iberischen Halbinsel, einen Besuch abgestattet. Der Skipper machte sich nach dem Wasserschaden seines iPhone ein vorgezogenes (wasserdichtes!) Geburtstagsgeschenk bei Samsung, die Kinder wurden großvolumig Playmobil-fündig, es gab ein kleines Keyboard für den Musikunterricht, dazu noch ein paar andere Punkte der Einkaufsliste und der allgemeine Hunger wurde wenig landestypisch bei Burger King gestillt.

Nur ein ganz klein wenig erschöpft!

Auf dem Heimweg zum Boot wurde dann schließlich doch noch ein sehnlicher Wunsch der Tochter erfüllt. Irgendwo in den inzwischen dunklen Straßen, bedroht von einem weiteren langen Marsch zur geliebten Marina, tauchte eine der alten Straßenbahnen auf. Nein, es war nicht die 28E, aber sie fuhr in die richtige Richtung. Schnell reingestürmt kamen wir somit doch noch in den Genuss einer Fahrt, dazu in einem nicht überfüllten Wagen, der uns schließlich wohlbehalten an der vom Einkauf bereits bekannten Brücke entließ, über die wir kurz zuvor noch den Bollerwagen gezerrt hatten. Erschöpft aber glücklich klang der Tag an Bord aus… begleitet von einem Schluck Wein, Playmobil und dem sonstigen, bereits bekannten nächtlichen Hintergrundrauschen.

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