27. Juli 2022
Die Marina du Moulin Blanc liegt zwar nicht zentrumsnah, hat jedoch andere Vorzüge. Einer davon ist der im Preis inbegriffene Fahrradverleih. Vier Drahtesel stehen zur Verfügung, vier Familienmitglieder wollen versorgt werden. Dementsprechend starten wir kurz nach Büroöffnung, bevor jemand anderes auf die Idee eines Fahrradausfluges kommt. Die Innenstadt von Brest liegt nur gut 5km entfernt. Auf gehts…

Zuerst müssen wir einmal ein Lob der Fahrradfreundlichkeit aussprechen. Ok, an die Niederlande mag es vielleicht noch nicht heran reichen, aber Deutschland wird doch recht deutlich abgehängt. Gut ausgeschildert finden wir auf eigenen, teils separierten Fahrradspuren und Wegen unser Ziel. Und wenn doch mal die Straße überquert werden muss, hält ausnahmslos jedes Auto für uns an. Vorbildlich!

Wir beginnen unseren Ausflug an der Marina du Château. Hier lag vor Jahren der heutige Skipper der Samai bei Kojencharter mit seinem damaligen Skipper der Antares. Liebe Grüße!









Weiter geht es Richtung Stadtzentrum. Auf dem Weg erinnert das kaum zu übersehende Naval Monument de Brest (Tour rose) an die Erfolge der U.S. Navy im ersten Weltkrieg. Ein im mehrfacher Hinsicht interessanter Standort für diesen Bau.


Das Thema Krieg spielt auch auf dem zentralen Ensemble von Place de la Liberté und Square Mathon eine unübersehbare Rolle. Mahnend ragt das 1954 errichtete Monument aux Morts in den Himmel und erinnert an die für Frankreich gefallenen Kinder der Stadt Brest.



Auf der anderen Seite des auch für Veranstaltungen sowie den Weihnachtsmarkt genutzten Platzes informieren Tafeln über die Geschichte der Stadt, lagen Liegen zum Verweilen ein, auf dem Rathaus weht die Tricolore und in der benachbarten Touristeninformation erhält man sogar vergünstigte Tickets für viele Attraktionen.

Die von hier abgehende, von der einzigen Tramlinie der Stadt befahrene Einkaufsstraße trägt einen sonderbaren Namen: Rue de Siam. Sie erinnert damit an den Besuch einer siamesischen (heute thailändischen) Gesandtschaft im Juni 1686. In Bangkok gibt es mit einer Rue de Brest das Gegenstück dazu.


Brest hat sehr unter dem 2. Weltkrieg gelitten. Die Alliierten haben die Deutsch besetzte und militärisch genutzte Stadt seit 1941 bombardiert und nach der Landung in der Normandie ganze 43 Tage belagert. Bei Übernahme durch amerikanische Truppen war von Brest nicht viel übrig. Der anschließende Wiederaufbau erschuf aus den Trümmern der alten eine völlig neu gestaltete Stadt.

Das gilt auch für die ursprünglich barocke Église Saint-Louis de Brest aus dem 18. Jahrhundert. Am 16. August 1944 ausgebrannt, wurde sie von 1953-58 im modernen Stil neu erbaut. Sicherlich eines der eher ungewöhnlichen, doch nicht weniger beeindruckenden Gotteshäuser, die wir in letzter Zeit besucht haben.







Nun lassen wir die Fahrräder stehen und wechseln das Transportmittel. Seit 2016 verbindet die Téléphérique de Brest die gegenüberliegenden Ufer des kleinen Flusses Penfeld. Eine 82m hohe Stütze sorgt für freie Schifffahrt und einen tollen Ausblick.







Das Quartier des Capucins besteht schon seit über 150 Jahren aus Werkshallen der französischen Marine. Als diese vor knapp 20 Jahren ausgemustert und einige Zeit später an die Stadt verkauft werden, entsteht daraus bzw. darin und drumherum ein völlig neues Stadtviertel. In diesen Hallen, den im Januar 2017 eröffneten Ateliers des Capucins endet auch die kurze Fahrt über den Fluss. Darin entfaltet sich ein besonderes Ambiente. Gastronomie, eine große Mediathek, eine Kletterwand und kleine Geschäfte, aber auch Leerstand umrahmen die große Weite des Innenraums, wo zwischen alten Maschinen und Bauteilen einige Kinder mit dem Ball spielen. Das Ganze ist offensichtlich noch in der Entwicklung.



Zwei Höhepunkte sind jedoch schon fest etabliert. Im 70.8 (soviel Prozent der Erde sind von Wasser bedeckt) präsentiert sich als Außenstelle des OcéanOpolis eine „Galerie der maritimen Innovationen“. Direkt vor deren Tür steht das 1810 für Napoleon Bonaparte gebaute Canot de l’Empereur. Mit seinen 18,80m Länge übertrifft dieses Kanu locker unsere Samai… an goldener Pracht sowieso. ;-)



Natürlich darf der mittelalterliche Tour Tanguy aus dem 14. Jahrhundert nicht auf dem Besuchsprogramm fehlen. Auch er überstand die Zerstörung von Brest nicht unbeschadet, ist in seiner Substanz aber eines der wenigen historischen Gebäude der Stadt. Das kleine Museum darin zeichnet mit alten Karten, in detailfreudigen Modellen und Dioramen sowie über historische Fotos und Postkarten ein Bild der ursprünglichen Stadt. Fotografieren leider verboten.



Zum Abschluss machen wir noch einen kurzen Abstecher zum Château de Brest, das heute vor allem militärisch genutzt ist. Hier sitzt der Seepräfekt für die gesamte französische Atlantikküste. Lediglich das Musée national de la Marine steht Besuchern ohne Uniform offen. Doch es ist schon recht spät und die Familie leidlich erschöpft. Da fahren wir jetzt lieber zurück zu unserer Samai.


Ein letzter Stopp ist dann aber doch noch drin. Ganz in der Nähe der Marina du Moulin Blanc liegt eine Filiale von Paul. Hier holt Samuel morgens leckere Baguettes, doch es gibt auch Patisserie, Eis… und Crêpes. Ein lecker Abschluss für einen schönen Ausflug.

Wir wünschen euch „auf den letzten Metern“ noch viel Freude und eine glückliche Heimkehr. Die Impressionen von Brest und der Bretagne werden wir nächste Woche nutzen und auf euren Spuren/ in eurem Fahrwasser unterwegs sein.
Liebe Grüße. Steff&Michi SY TiAma
Vielen Dank! Hoffentlich habt ihr etwas mehr Zeit für die schöne Bretagne als wir.
Liebe Grüße & fair winds,
Micha
Hallo Michael,
ein guter Überblick von Brest. Als wir in Brest mit der Antares waren haben wir nicht so viel gesehen.
Nun habt Ihr ja Kühlungsborn/Berlin gut erreicht und der Alltag hat Euch wieder. Aber da ist man schneller wieder drin, als man denkt.
Beinhaltet Euren Segelturn in guter Erinnerung.
Alles Gute
Frieder
Hallo Frieder,
welch schöne Überraschung, von dir zu lesen! Ja, wir waren damals in Brest etwas fußfaul… dafür schmeckte das Bier in der Brasserie Coreff aber auch viel zu gut ;-)
Liebe Grüße,
Micha