31. Juli 2022
Knapp eine Woche lagen wir in der Marina du Moulin Blanc. In dieser Zeit haben wir die dringendsten Kleinigkeiten repariert, eine Radtour nach Brest unternommen (Bericht folgt), mit dem OceanOpolis das größte Aquarium des Landes besucht (Bericht folgt), etwas gefaulenzt und sogar geduscht. ;-) Doch die Zeit sitzt uns erbarmungslos im Nacken. Monatelang stand auf der Startseite unseres Blogs der 1. August als Rückkehrdatum. Ein Blick auf den Kalender macht schnell klar, dass wir das nicht schaffen werden. Nun steht dort der 15. August. Noch zwei Wochen und reichlich Seemeilen voraus. Wie auch immer: ultimative Deadline ist ohnehin der 22. August… erster Schultag nach den Sommerferien. Wir müssen weiter.
Die Windvorhersage passt insofern, dass es uns zumindest nicht auf die Nase blasen sollte. Ob es zum Segeln reicht, muss sich zeigen. Doch abgesehen vom Wetter ist in dieser Gegend noch eine andere Information von fundamentaler Bedeutung: der Blick in den Tidenkalender. Die Nordfranzösische Küste ist berühmt-berüchtigt für hohe Gezeiten (z.B. bis über 10m in Saint-Malo) und damit einhergehend kräftigen Strömungen (z.B. heute 8kn am Cap de La Hague). Wenn man da zur falschen Zeit am falschen Ort ist, bewegt sich das Schiff schon mal zwar vorwärts durch das Wasser, jedoch rückwärts über Land.
Leinen los um High Noon. Wobei von einer hoch stehenden Sonne nichts zu sehen ist. Der Himmel zeigt sich in nieselnd-trübem Grau. Schmuddelwetter. Die Strecke aus der großen Rade de Brest zieht sich. Und sie führt erst einmal über 10sm exakt gegen den Generalkurs Richtung Cherbourg. Genau gegen den Wind. Da müssen wir jetzt durch.

Nach dem Passieren der Ausfahrt kommt uns die Jangada entgegen. Tesja und Ralf sind gerade mit ihrer Allures zu einer 5-jährigen Auszeit aufgebrochen. Leider hat es mit einem gemütlichen Abend im Cockpit nicht geklappt, aber für einen entspannten Funk-Plausch bei der Passage reicht es allemal. Wir wünschen von Herzen alles Gute für euren bevorstehenden Weg!
Dann biegen wir ab in den Chenal du Four zwischen bretonischer Küste und vorgelagerten Inseln. Auch so eine Ecke, die man bei über 3kn Gezeitenströmung besser zum richtigen Zeitpunkt passiert. Klappt auch ganz gut. Zumindest was die Geschwindigkeit angeht. Der Wind bläst sehr verhalten. Auch das ist gut, da sich so wenig unangenehme Welle gegen den Strom stellen kann. So die Theorie. Die Schaumkronen auf dem kabbeligen Wasser voraus sprechen die Sprache der Praxis. Und die schaukelt uns wie aus dem Nichts gut durch. Es ist immer wieder unglaublich, was Strömungen bewirken können.

Abgerundet wird die Stimmung durch die verschiedenen Grautöne der Umgebung. Tonnen, Leuchtfeuer und andere Schiffe erscheinen nur als Schemen. Es ist klamm und reichlich frisch. Kuschelsocken unabdingbar. Doch nach knapp zwei Stunden sind wir durch. Erstaunlicher Weise beruhigt sich nicht nur das Wellenbild. Plötzlich reißt der Himmel auf und wir fahren unter strahlend blauem Himmel, während das Land sich immer noch hinter grauen Schwaden verbirgt Richtung Nordost. Unser Timing passt. Die Strömung schiebt noch einige Stunden gut mit. Doch am späten Abend kommt es, wie es kommen muss. Ebbe und Flut wechseln nun einmal im gut-6-Stunden-Rhythmus. Die Geschwindigkeit geht runter. Da müssen wir jetzt durch.

Doch einerseits wird das ja schon bald wieder kippen und andererseits dürfen wir im Mittel ohnehin nicht zu schnell sein. Voraus liegt das oben schon erwähnte Cap de la Hague. Dort ist das Timing noch wichtiger als im Chenal du Four. Davon das nächste Mal mehr…
Ein Gedanke zu „Chenal du Four“