Über die Bürokratie in Südamerika im Allgemeinen und Brasilien im Speziellen haben wir im Vorfeld ja schon einiges gehört. Doch ganz so schlimm wie befürchtet, war es dann doch nicht. Hier ein kleiner Erfahrungsbericht.
Grundsätzliches
In Brasilien muss man beim Ein- und Ausklarieren (so nennt man die Ein- bzw. Ausreise mit einem Segelboot) drei Stationen abklappern:
- Policia Federal / Immigration: Hier bekommen alle notwendiger Weise persönlich vorsprechenden Crewmitglieder ihren Stempel in den Pass.
- Receita Federal / Customs: Hier bekommt man temporäre Importpapiere für die Yacht. Diese beinhalten dann auch das Datum, an dem man das Land wieder verlassen muss, sonst gibt es eine saftige Strafe (10% des von uns natürlich sehr defensiv geschätzten Bootwertes)
- Capitania dos Portos (Teil der Marine): Hier bekommt man einen „passe de entrada“ für den jeweiligen Hafen. Bevor man weiter fährt, muss man nochmal hierher um einen „passe de saida“ zu bekommen, in dem dann auch der nächste Zielhafen angegeben werden muss. Dort angekommen holt man sich dann wieder einen „passe de entrada“ uns so weiter und so fort. Das einzig Gute daran ist, dass es keine wirkliche Einschränkung und Kontrolle der zwischen den Häfen verbrachten Zeit gibt. Man kann sich also Zeit lassen und auch noch ein paar Ankerstopps einlegen.
Und all diese Formalitäten sind ungeachtet der herrschenden Temperatur in anständiger Kleidung (lange Hose, Hemd) vorzunehmen. Ansonsten kann es vorkommen, dass man gar nicht erst eingelassen wird!
Einklarieren in Cabedelo / João Pessoa
Beim Einklarieren haben wir es uns zugegebener Maßen sehr einfach gemacht und das Angebot von Nicolai (Jacaré Yacht Village) wahrgenommen, für eine soweit angemessene Gebühr durch das ganze Prozedere geleitet zu werden. Wir sind zusammen zu der inzwischen umgezogenen Immigration und Zoll gefahren. Während wir nur pflichtbewusst daneben saßen, hat er alles Weitere erledigt. Zum Hafenkapitän ist er dann sogar alleine gefahren und hat uns an und auch gleich wieder abgemeldet. Dass wir dann erst knapp zwei Wochen später losgekommen sind war kein Problem. Als nächstes Ziel haben wir gleich Rio de Janeiro angegeben.
Unseren kurzen Zwischenstopp bei den Ilhas de Abrolhos (auf denen wohlgemerkt ein kleiner Marinestützpunkt liegt) verlief ohne weitere Formalitäten, abgesehen von einer netten Dame, die mit wasserfestem Pad vorbei geschwommen kam, um Bootsnamen und Passagieranzahl zu notieren. Sehr entspannt.
Rio de Janeiro
Auch wenn wir in Charitas / Niteroí lagen, so mussten wir beim Hafenkapitän im gegenüber liegenden Rio de Janeiro vorsprechen. Das wurde natürlich mit unseren Stadtausflügen verbunden, wobei sich der Skipper durchaus eine lange Hose in den Rucksack getan hatte. Hier wurden wir gleich beim Pförtner rein gebeten. Dieser machte einen Anruf, ein schneidig Uniformierter kam, holte unsere Unterlagen und brachte alles Notwendige nach gar nicht mal so langer Wartezeit zurück. Auch hier alles sehr entspannt. Als nächstes Ziel hatten wir gleich Rio Grande del Sur angegeben
Lugano
Nach einigen Zwischenstopps vor Anker hatten wir ja dem netten Lugano einen ungeplanten Besuch abgestattet. Hier nahm die Marine das Thema etwas genauer. Schon am frühen Morgen nach unserer Ankunft wurde ich von einem Uniformierten am Pier freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen, dass ich beim Hafenkapitän vorzusprechen habe. Dort half dann bei den wie üblich einer anderen Sprache als des Portugiesischen unkundigen Kollegen wie so oft „Googel Translate“ weiter. Dass es sich bei Laguna nicht um den angegebenen Zielhafen handelte war kein Problem und wurde an entsprechender Stelle auf dem Formular der Policia Federal vermerkt.
Vom Hafenkapitän wurde ich dann von zwei Uniformierten mit dem Auto zum Boot gefahren und die Samai erhielt nun erstmalig eine kleine Inspektion. Der nette Kollege vom Morgen machte einen pflichtbewussten Rundgang, fragte nach Rettungswesten, Signalmitteln und anderen sicherheitsrelevanten Dingen bevor er zufrieden wieder von Bord ging.
Ausklarieren in Rio Grande del Sur
Dieser Teil gestaltete sich wenn auch nicht schwierig, so doch am Aufwändigsten. Zunächst bin ich zum Hafenkapitän gelaufen, der mich jedoch gleich zur Policia Federal geschickt hatte. Die hatte Mittagspause und so verlief der Vormittag erfolglos. Pünktlich nach der Mittagspause sprach ich wieder mit allen Pässen, jedoch alleine bei der Policia Federal vor. Natürlich wollte man eigentlich alle Passagiere persönlich sehen, jedoch stimmte mein Hinweis auf “família” gnädig und ich bekam alle Pässe gestempelt.
Zur Receita Federal, also dem Zoll, musste ich dann doch ein Taxi nehmen. Weit weg durch ein nicht wirklich Vertrauen erweckendes Viertel ging es zum Industriehafen. Dankenswerter (und natürlich bezahlter) Weise wartete der Taxifahrer und brachte mich anschließend zum Hafenkapitän. Hier war jetzt eigentlich schon für heute geschlossen, aber man kannte mich ja noch vom Vormittagsbesuch und war so nett, auch außerhalb der Öffnungszeiten alle Formalitäten zu erledigen.
Das war es also, Pässe gestempelt, Boot ausklariert und beim Hafenkapitän abgemeldet. Nun hatten wir 72 Stunden um Brasilianische Hoheitsgewässer zu verlassen… und das Taten wir Richtung Uruguay.