Wieder einmal war ungeliebter Südwind angesagt den wir dieses Mal in dem letzten geschützten Hafen vor Rio Grande del Sur abwettern wollten: Laguna. Dieser Ort liegt nicht direkt an der Küste, sondern etwas landeinwärts an einem mit dem Meer verbundenen See gelegen. Die Einfahrt wird von zwei langen Molen flankiert. Man kann leider nicht „geschützt“ sagen, denn der Architekt muss eine besondere Vorliebe für seemännische Herausforderungen haben:
- Nördlich der Nordmole verzeichnet die Seekarte „Wasserturbulenzen“ bzw. „Brandung“ bis vor die Zufahrt.
- Nördlich der weiter raus ragenden Südmole ist es über die gesamte Breite der Zufahrt flach und steinig, so dass schon leichter Wellengang für imposantes, mithin unpassierbares „Rauschewasser“ führt.
Natürlich wird die Zufahrt bei Ostwind als „gefährlich“ eingestuft. Natürlich ist auch starker Wellengang aus anderen Richtungen nicht unproblematisch. Und natürlich kamen wir mal wieder nachts an.

Nach dieser Einfahrt ist der Spaß aber noch lange nicht vorbei. In der auf offiziellem brasilianischen Material basierenden Seekarte ist die Zufahrt zum „Iate Clube de Laguna“ klar zu erkennen. Man hält sich im hellblauen Bereich und hat immer mehr als zwei Meter Wassertiefe. Langsam tasteten wir uns voran, schnell wird es deutlich flacher, bei gut einem Meter ziehen wir (mit aufgeholtem Schwert) die Notbremse (rot umkreist). Zeitgleich nehmen wir das Pfeifen und Rufen von der noch am Ufer wartenden Autofähre als das wahr, was sie waren: Für uns bestimmte Warnungen!

„Havarie!“ ruft der Fährkapitän herüber. Wir sollen ihm hinterher fahren… da ist es ok. Im Gegensatz zur Karte, wo die grüne Farbe (blau umkreist) eigentlich einen bei Niedrigwasser trocken fallenden Bereich anzeigt, war es dort dann auch immer fast 2m tief. Doch die Fähre machte recht bald am anderen Ufer fest, der Yachtclub noch ein Stück entfernt und der Karte offensichtlich nicht zu trauen. Langsam tasteten wir uns mit Suchscheinwerfer am bebauten Ufer entlang, bis wir von zwei in Ihrem Bootshaus stehenden Männern rangewunken wurden. Und dann hat einer von Ihnen tatsächlich sein für die Nacht verstautes Boot wieder zu Wasser gelassen, den knatternden Motor angeworfen und uns sicher bis zum Ziel geführt. Dort wartete schon ein Clubmitarbeiter winkend auf uns, bestätigte seine nicht-Kenntnis der Tiefe am Pier, nahm die Leinen an und wir lagen um halb elf endlich sicher und ruhig auf ca. 1,7m und konnten den Adrenalinspiegel langsam wieder runter drehen.


Die kleine 1676 gegründete Kolonialstadt zur Seeseite ist zu Fuß schnell erkundet, auf den Besuch der an der Meeresküste gelegenen Touristenhochburg haben wir dankend verzichtet.


Nach zwei – im Übrigen kostenlosen! – Nächten war der Südwind durch und wir wollten weiter. Am frühen Abend hieß es also „Leinen los“ und durch die nun ja bekannte Passage Richtung legendärer Zufahrt.

Dort dann die Ernüchterung. Nicht nur über dem bekannten Flach schäumte das Wasser. Der Schwell der durchgegangenen Front drehte in die Zufahrt und sorgte über die gesamte Breite für Brecher. Schön für Surfer, und wahrscheinlich wären wir da auch irgendwie durchgekommen. Aber das wäre in die Kategorie „unnötiges Risiko“ gefallen. Also für die Nacht zurück zu unserem alten Liegeplatz.

Am nächsten Morgen musste es dann aber wirklich mal weiter gehen, sonst wäre das ohnehin recht kurze Wetterfenster nach Rio Grande geschlossen. Zusammen mit dem die letzten zwei Nächte neben uns gelegenen Katamaran machten wir uns um 6 Uhr auf den Weg. Ja, es sah schon besser aus als am Vorabend, aber so richtig gut war das immer noch nicht. Tapfer kämpfte sich der Katamaran durch, wir hinterher. Am Anfang sah es auch so aus, als wenn wir echt Glück gehabt hätten. Wellen von der Seite, aber keine Brecher… noch nicht. Dann kamen die berüchtigten drei großen Wellen hintereinander (ein Phänomen, das man immer wieder beobachten kann).


Ausweichen ging nicht mehr, von der Seite bekommen sollte man sie auch nicht, also spitz gegen die Brandung gesteuert, Boot auf Kurs gehalten, die kalte Dusche abgeschüttelt, laute Flüche von La Skipper überhört, in der kurzen Pause wieder quer zur Welle die Passage genommen, nächsten Brecher wieder spitz… schön ist anders.
Aber nach diesen drei Brechern kam dann wieder eine ruhigere Zeit in der wir aus der unmittelbaren Gefahrenzone rauskamen. Nass aber glücklich und bei nun nur noch 2-3m verbliebenen Schwell ging es auf Kurs… rein ins Wetterfenster?!
