Rio de Janeiro (2)

Natürlich waren wir noch ein zweites Mal in Rio de Janeiro. Natürlich haben wir auch dieses mal nicht gerade die erste Fähre des Tages bekommen. Natürlich führte der erste Weg wieder zum „Capitania dos Portos do Rio de Janeiro“, denn wer sich anmeldet muss sich ja auch wieder abmelden. Die Prozedur war wieder recht unkompliziert. Wir saßen vorne im Wärterhäuschen, jemand kam und holte die Papiere, wir warteten, und irgendwann kamen Uniformträger und Papiere wieder zurück. Zumindest bisher haben wir die berüchtigte Brasilianische Bürokratie nicht so aufwendig erlebt, wie oft zu hören und lesen ist.

Weiter ging es dann durch die quirlig überfüllten Straßen – anscheinend strömte die arbeitende Bevölkerung gerade zur Mittagspause umher – nach Uruguay. Dabei handelt es sich um einen stadtbekannten Markt, auf dem wohl so ziemlich alles erhältlich ist, was man braucht oder auch lieber nicht erwerben möchte (darunter auch Halblegales… oder sagen wir mal “kreative Importe”). Hier erfuhr das bunte und laute Treiben noch einmal eine Steigerung, was Teilen der Crew durchaus eine Spur zu viel war. Und wir hatte ja noch einiges vor.

Die weltberühmte Jesus-Statue „Cristo Redentor“ wollten wir uns bei heute strahlendem Sonnenschein nicht entgehen lassen und so fuhren wir mit der U-Bahn nach Largo do Machado. Von dort gebe es wohl Busverbindungen zur Bahn auf den Corcovado, Wie die typischen Touristen (die man nicht nur von den Ausgängen der U-Bahnhöfe der Berliner Innenstadt kennt und “liebt” ;-) betreten wir wieder die Oberwelt, bleiben stehen und schauen erst einmal ziellos umher. Folgerichtig werden wir auch gleich angesprochen und an jemanden mit Englischkenntnissen und bunten Bildchen in der Hand verwiesen: den Touristenführer José Guilerme Alves de Moraes.

Nein, heute wird das nichts mehr mit Tickets für die Bahn. Aber mit Ihm sei das sowieso viel besser, und auch gar nicht so teuer. Nun gut, wir haben uns dann schnell geeinigt und los ging es in seinem Auto den Berg hinauf. Das hat entgegen aller Befürchtung sogar ohne Anschieben geklappt, der Wagen hat die Strecke offensichtlich schon SEHR oft zurücklegen müssen. Ein erster Zwischenstopp erfolgte bei einem Aussichtspunkt zwischen Jesus und Zuckerhut mit tollem Ausblick auf die Stadt.

Nächster Stopp war die touristische „Basisstation“ des Corcovado, wo wir dann auch gleich tierisch begrüßt wurden.

Von hier ging es dann nur noch mit der Bahn oder offiziellen Kleinbussen weiter. Und das im doppelten Sinne erstaunlich schnell. Zunächst waren wir praktisch ohne nennenswerte Wartezeit durch alle auf deutlich mehr Andrang ausgelegten Absperrungen und Wartewege sowie den obligatorischen Fotostopp durch und genossen sogleich die halsbrecherische Fahrt zum Gipfel. Die Kombination enger durch den Wald führender Serpentinen mit einem engagierten Fahrer, der hier offensichtlich jeden Quadratmillimeter kennt, zaubert einem nicht nur bei jedem Gegenverkehr, sondern auch jeder ohne businterne Flugeinlage überstandenen Kurve ein Lächeln auf die Lippen. Oben angekommen sahen wir dieses „Weltwunder der Neuzeit“ zunächst von hinten und noch ein Stück höher gelegen. Doch auch das war schon eindrucksvoll. Die letzten Meter konnte man über eine Treppe oder alternativ mit Rolltreppe(!) und Fahrstuhl zurücklegen. An dieser Stelle verschweigen wir unsere Wahl.

Schließlich doch noch ein kleiner Schock. Bisher war alles entspannt und erstaunlich leer. Offensichtlich hatten wir einen guten Tag erwischt. Trotzdem türmten sich am Gipfel die Touristenmassen. Die kleine Plattform zu Füßen den Statue erinnerte an die S-Bahn am Olympiastadion nach einem Hertha-Spiel. Trotzdem schafften wir es irgendwie und irgendwann durch die Leiber gezwängt und die immer wieder mal am Boden liegenden Fotografen umkurvend bis ans Ende zu gelangen. Dort drehten wir den Massen den Rücken zu und bildeten uns ein, den Ausblick ganz für uns alleine zu haben. Hat leider nicht so ganz geklappt.

So richtig ruhig und leer war es bezeichnender Weise in der kleinen Kapelle im Sockel der Statue, wo wir dann tatsächlich ganz ohne Einbildung ein paar ruhige Minuten verbrachten. Die Aufzählung weiterer, ohnehin vielerorts erhältlicher Informationen erspare ich der geneigten Leserschaft… ein klassischer Startpunkt befindet sich hier.

Nach einer von den Kindern natürlich auch noch zum Andenken-Shopping genutzten Weile fuhren wir wieder runter zur Basisstation, erwarben entgegen unserer Gewohnheit sogar die vorher gemachten Fotos (selbstredend nicht ohne den offiziellen Wucherpreis etwas runter verhandelt zu haben ;-) und trafen wieder auf unseren wartenden Guide. Ein Teil der Einigung mit ihm war, dass er uns nicht zum Ausgangspunkt zurück, sondern zum nicht allzu weit entfernten Botanischen Garten bringt. Anders hätten wir diesen vor Toresschluss auch nicht mehr erreicht. Und das wäre wirklich schade gewesen.

Als die Kinder klein waren, hatten wir ja sogar mal eine Jahreskarte für den Botanischen Garten in Berlin. Der ist auch gar nicht schlecht (außer vielleicht etwas zu viel freie Wiese im hinteren, westlichen Bereich). Doch hier in der südamerikanischen Metropole ist die Atmosphäre doch eine ganz andere. Gigantischer Bambus, kleine Äffchen, Palmen so hoch, dass sie fast schon die Wolken küssen, Trampelpfade mit Urwaldgefühl, aber auch Security an jeder Ecke. Doch lassen wir lieber noch ein paar Bilder sprechen…

Die Heimfahrt war dann ein ganz besonderes Erlebnis. Da der Skipper bisher ja offensichtlich zu blöd war, eine Daten-SIM zu erwerben (und das in Brasilien auch nicht mehr tun würde), waren wir auf öffentliche Netze oder halt gute alte Offline-Strategien angewiesen. In diesem Fall bedeutete das, kein Uber sondern klassischer ÖPNV im abendlichen Berufsverkehr. Erstmal in bekannter Manier mit dem Bus zur U-Bahn. Dort zeigte sich dann wieder einmal, wie sehr Temperament und Sozialisation mit Einstiegsverhalten korreliert:

  • In Tokio beobachtete der Skipper vor Jahren, wie sich brav an den auf dem Boden gezeichneten Markierungen angestellt und genauso geordnet eingestiegen wurde.
  • In Berlin bilden sich üblicher Weise Trauben vor den Türen. Trotzdem bleibt genug Platz für aussteigende Fahrgäste (die sich ansonsten schon den Weg „freischnautzen“ würden) und der Einstieg artet zwar hin und wieder in Gedränge aus, aber mehr auch nicht.
  • In Rio de Janeiro geht es an normalen Station auch halbwegs entspannt zu. Doch an unserer Endhaltestelle fuhr ein leerer Zug in den überfüllten Bahnhof ein. Es bildeten sich die bekannten Trauben, doch darin war Bewegung. Es wurde geschoben, Ellenbogen ausgefahren und als sich die Türen öffneten, stürmten die vorrangig jüngeren Männer der ersten Reihe in den Zug um die ihnen genehmen Sitzplätze zu okkupieren… Wow!

Natürlich standen wir die Fahrt über… kein Problem. Natürlich war der Weg zur Fähre inzwischen ebenso bekannt wie der Taxistand in Charitas. Natürlich war es inzwischen schon wieder dunkel. Natürlich war das Umherirren bei Nacht etwas, was La Skipper in Brasilien eigentlich tunlichst vermeiden wollte. Und trotzdem schafften wir es nach einem langen Tag mit vielen Eindrücken wieder heile nach Hause… auf unsere Samai.

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