Seit über zwei Jahren fahren wir das Ding nun schon spazieren. Zunächst einsam und verloren ganz hinten in der Backskiste, nun immerhin schon in einer Halterung am Heckkorb… zumindest theoretisch einsatzbereit: The World‘s Best Anchor! So steht es auf dem großen Aufkleber des Fortress und die daneben genannten Argumente sprechen für sich. Gerade Aspekte wie „lebenslange Ersatzteilgarantie“ und „90-Tage-Geld-zurück-Garantie“ lassen mich in stürmischer Nacht vor Anker doch um einiges ruhiger schlafen.
Doch nun war es endlich soweit, wir wagten den Versuch an einer Schäre anzulegen und der Anker ist tatsächlich mit Wasser in Berührung gekommen. Tja, und weil sich der ganze Prozess noch etwas einschleifen muss, passierte das pro Anlandung auch gleich mehrfach. Beim allerersten Mal hat er schlicht nicht gehalten, dieser weltbeste (Platten-)Anker aller Vorstellungskraft. Vielleicht war aber auch nur die Leine zu kurz? Beim nächsten Anlauf haben wir ihn dafür gleich mal zu weit draußen rausgeworfen… und natürlich hat er uns bombenfest gehalten… gut 2m vor der Schäre! Und dann war da noch der zweite Anlauf, bei dem die Ankerleine vom vorhergehenden Ausbrechen noch auf der Winsch lag und wir den Anker bei der Anfahrt einfach nur ein bisschen hinter uns her gezogen haben.
Lernkurve: Leine klarieren lohnt sich immer!
Das gilt natürlich auch für die Vorleine… jetzt mal ohne hier jemanden namentlich herauszustellen. Es ist einfach kontraproduktiv, wenn sich die dem tapfer übergesprungenen Sohn zugeworfene, vermeintlich lange Leine letztlich als ein z.T. verknotetes Wuling zweier kurzer Leinen entpuppt… selbstredend bei Seitenwind. Immerhin haben wir das Manöver in den folgenden Tagen mehrfach eingeübt, sei es am Stein oder am Steg und inzwischen klappt es so halbwegs. Jetzt brauchen wir nur noch ein paar geeignete Stellen an der deutschen und süd-dänische Küste um das Erlernte nicht wieder dem Schicksal des Vergessens anheimfallen zu lassen.
Zur Übersicht noch die ersten Zwischenstopps nach Stockholm:
Eriktorpsviken… also genauer gesagt die kleiner Buch westlich davon. Hier begab es sich, dass wir von einem wandernden, vollbärtig blonden Mann mit Baby auf dem Rücken auf Schwedisch angesprochen wurden. Es stellte sich heraus, dass er eine Möglichkeit sucht, zum Bootshaus seines Bruders zu kommen, nur dass dieses leider zwei Inseln weiter lag. Die Hintergründe sind mir bis heute nicht klar. Dafür war es selbstverständlich, den Außenborder klar zu machen und ihn schnell mal rüber zu fahren. Das ist es schließlich auch, was man sich selbst in einer solchen Situation wünscht. Etwas später kam er dann mit eigenem Boot noch bei uns vorbei und brachte als Dankeschön zwei Gläser Honig von seinen eigenen Bienen mit… mjam!
Fjärdlång… da die beliebteste Bucht entsprechend überfüllt war lagen wir in der östlich gelegenen Sjunkviken. Hier spielte sich auch die erste Episode mit Heckanker ab.
Huvudskär… ein rundum geschützter Außenposten der Stockholmer Schären und ideal geeignet zum Stand Up Paddling (s. Fotos)
Nåtterö… in dieser sehr schönen (und laut Törnführer mal wieder sehr beliebten) Bucht lagen wir mit Heckanker am Steg neben dem Sandstrand. Und bei einem abendlichen Streifzug haben wir auch das einstmals ausgewilderte Dammwild erspäht.
Nynäshamn… aus zwei ganz praktischen Überlegungen heraus. Einerseits brauchten wir Nachschub für den Grill. Wichtiger war aber wohl ein anderer Aspekt. Uwe Schubert (Segelschule Hering, Segelreisen Berlin) brachte es mal wie folgt auf den Punkt: „Hygiene an Bord wird vollkommen überbewertet!“. Hört sich gut an. Wenn man das frisch geduscht in einem Berliner Schulungsraum zu hören bekommt. In der Schären-Praxis, also insbesondere auch bei Wassertemperaturen die nicht zum mehrfachen täglichen Bad einladen, ist es dem Raumklima einer Yacht aber durchaus förderlich, wenn die vierköpfige Crew hin und wieder mal warmes fließend Wasser ohne Sparzwang über den Kopf bekommt.
In diesem Sinne geht es beim nächsten Mal dann – wie ein Berliner sagen könnte– „janz dufte weiter“.