17. April 2022
Das Camp de la Transportation liegt direkt am Ufer des Maroni. Von unserer Mooring schauen wir auf die hinter der Außenmauer emporragenden Gebäude. Der Eingang liegt nur gut 100m vom Dinghy-Steg entfernt. Erst 1995 als historisches Denkmal eingestuft, beherbergt das ehemalige Camp heute unter anderem ein Museum. Normalerweise werden Führungen auf Französisch angeboten. Doch vor der ersten offiziellen Tour am Ostersonntag hat der zweisprachige Guide noch Zeit. So kommen wir in den Genuss einer englischsprachigen Privatführung.

Das Camp ist 235m lang und 120m breit. Hinter dem Eingangstor empfangen uns beidseits die ehemaligen Verwaltungsgebäude. Rechtehand duckt sich ein besonders zwiespältiges Gebäude an die Außenmauer. Einerseits Küche und Kapelle für sonntägliche Gottesdienste befindet sich hier auch der Bereich, in dem die Gefängnisärzte anthropologische Studien zur Identifizierung krimineller Profile durchführen. Dahinter sehen wir eine der „Wäschereien“. Hier durften die Gefangenen einmal im Monat(!) ihre Kleidung reinigen. Mit Wasser und ohne Seife.



Den Großteil des allgemein zugänglichen Bereichs nehmen 12 teils doppelstöckige Gebäude ein. Früher schlafen in jeder Etage offiziell 50 Häftlinge. Aus den rechnerisch 900 Plätzen werden in der Realität jedoch bis zu 1.500! Heute sind die Gebäude für unterschiedliche Zwecke genutzt.




Ein knappes Drittel des Camp umfasst den nur mit Guide zugänglichen Bereich der „disziplinarischen Quartiere“. Durch die Kleiderausgabe gehen wir direkt auf die Tore des 1889 eingerichteten Gefängnisgerichts. Hier werden insbesondere gefängnisinterne Straftaten und die Fälle wieder straffällig gewordener Freigelassener verhandelt. Alle 2-3 Monate erwarten etwa 20 Häftlinge ihre Strafe. Üblich sind ab 6 Monate bis zu 5 Jahre Einzel- oder Isolationshaft. Das beinhaltet auch Dunkel- oder Offenhaft auf den Îles de Salut (Saint-Joseph). Ersteres ist selbsterklärend. Bei letzteren ist die Einzelzelle oben offen und der Insasse somit direkt tropischer Sonne und Regen ausgesetzt. Und natürlich werden auch direkt durch die Guillotine vollstreckte Todesurteile gefällt.



Auf der einen Seite finden sich spezielle Quartiere für besonders harte Fälle sowie Rückfällige. Je nach Fall ist man in Gruppenräumen oder Einzelhaft untergebracht.





Auf der anderen Seite betreten wir den Disziplinarabereich. Ein Hof des Grauens. Vier Blockhäuser empfangen uns. In der Mitte ein Gang, rechts und links Steinpritschen, ein kleines Klo. Sie bieten offiziell Platz für jeweils 40 Männer. Tatsächlich werden oft doppelt so viele hinein gepfercht. Je nach Strafe sind sie bis zu 22 Stunden am Tag an den Knöcheln fixiert. Nachts werden die Fenster geschlossen. Drei Monate hier drin sind Minimum.



Dahinter öffnet sich der Hof etwas. Große Mangobäume spenden heute Schatten. Damals ist alles ein offener Sandplatz.




Zwölf Zellen stehen exklusiv den zum Tode Verurteilten zur Verfügung. Am Vortag der Exekution wird die Guillotine aufgebaut. In dessen Angesicht gibt es noch eine Henkersmahlzeit, einen Liter Wein, ein Glas Rum und eine Zigarette. Dann werden Entlassungspapiere unterschrieben. Schließlich dürfen Häftlinge offiziell nicht hingerichtet werden. Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass etwas schief geht, ist der Delinquent danach frei. Das ist jedoch niemals passiert.



Ein weiterer Block mit 20 Zellen ist für die Häftlinge reserviert, die auf ihre Deportation auf die Îles du Salut (aka Teufelsinseln) warten.



Dahinter sind in einem zweiten Hof schließlich noch weitere Quartiere mit Einzelzellen für „spezielle Fälle“.



Hier ist auch Zelle Nummer 47. Auf dem Boden hat einer der bekanntesten Insassen des Gefängnisses seinen Spitznamen eingeritzt: Papillon.



