Wie versprochen, berichten wir am Wochenende ganz aktuell von unserer gerade stattfindenden Atlantiküberquerung.
Mittwoch, 18. Mai 2022 – Auf dem Weg der Besserung
Morgens geht es La Skipper leider immer noch nicht wirklich gut. Die kurze, hohe Welle von schräg vorne macht ihr zu schaffen. Eine erneute Opfergabe. Trotzdem müssen wir auch mal an das Ankommen denken. Ich ziehe das Groß aus dem 3. in das 1. Reff. Das macht sich gleich deutlich in Geschwindigkeit bemerkbar und bringt zumindest nach meinem Empfinden dadurch auch etwas mehr Stabilität ins Schiff. Trotzdem schaukelt es uns immer noch ganz schön umher. Immerhin haben wir weiterhin 5 Bft., jedoch weniger oft und dazu noch weniger starke Böen. Selbst die Welle scheint sich gaaaaanz langsam abzubauen. Das würde ja zur Vorhersage passen, nach der es sich die nächsten Tage insgesamt etwas beruhigen soll. Das gilt hoffentlich auch für die Wellen.


Abends geht es La Skipper wieder besser. Sie hat Appetit auf etwas mit Geschmack. Der Skipper zaubert organische Pasta original aus Italien, überzogen von einer feinen Creme Legere de Normandie (von da wo unsere Samai herkommt!) an geräuchertem Bacon und Champignons, harmonisch abgeschmeckt mit frischem Knoblauch und Koriander (sowie einer zarten Andeutung von Asia-Fusion-Kitchen). Ok, man könnte natürlich auch schreiben, dass ich zu einer Tüte Nudeln eine improvisierte Pseudo-Carbonara (mit einem Schuss Soja-Soße) hingeschustert habe. Aber das klingt nicht halb so lecker, wie es uns geschmeckt hat. :-)

Die Nacht verläuft absolut ereignislos. Wie schon am Tag haben wir die Segel nicht ein einziges Mal angefasst. Keine AIS-Signale, Lichter schon gar nicht. Nur der ein oder andere Fliegende Fisch verirrt sich an Deck.

Donnerstag, 19. Mai 2022 – Die Sache mit dem Wasser
Der Wind hat weiter nachgelassen. Morgens ersetze daher ich die kleinere Kutterfock durch unsere normale Fock. Das Groß bleibt weiterhin im ersten Reff. Mit dem Absetzen unserer Positionsmeldungen auf Spotwalla holen wir neue Wetterinformationen. Die gute Nachricht ist, dass der starke Wind erste einmal vorbei ist. Das sollte insbesondere La Skipper gut tun. Tja und dann ist da die Sache mit den Doldrums. Aber davon ein anderes Mal mehr.
So allmählich scheint sich unser Wassertank zu leeren. Der Eindruck wird dadurch verstärkt, dass der Wind von Steuerbord (rechts) kommt, die Samai also beständig auf der linken Backbordseite liegt. Messstab und Wasserentnahme sind nun mal auf der anderen Seite. Eigentlich ist das ein guter Zeitpunkt, den Wassermacher anzuwerfen. Dazu muss aber auch der Motor laufen. Und wir segeln gerade so schön. Das heben wir uns also möglichts für die nächste Flaute auf. Damit ist erst einmal Wassersparen angesagt. Die größten Verbraucher fallen auf den meisten Segelbooten auf dem Ozean ohnehin weg. Die Klospülung holt sich das Wasser grundsätzlich von draußen. Bei einem so schön blauen Meer machen wir auch den Abwasch mit Salzwasser. Und eine plus-minus tägliche Dusche ist nun (insbesondere aus Sicht der Jungs ;-) wirklich nicht nötig. Sollte also noch etwas reichen. Das Trinkwasser haben wir ohnehin in separaten 5-6l Flaschen.
Wenn wir schon das Thema Klospülung ansprechen da ist uns doch tatsächlich etwas passiert, das wir so noch nicht hatten. Man sitzt ob der Schräglage so leidlich gemütlich auf dem stillen Örtchen, da kommt eine große Welle von der Seite. Das Boot wird kräftig durchgeschaukelt. Und plötzlich schwappt es aus der Kloschüssel unter der Brille nach vorne auf den Badboden. Lesson learned: Bei kräftigem Seegang immer zwischenspülen!!!
Wenn wir schon beim Thema Wasser im Boot sind, gibt es leider auch weniger schöne Neuigkeiten. Einerseits ist eines der kleinen Deckenfenster in der Vorschiffkoje über die Jahre etwas undicht geworden. Spült eine Welle über das Deck, tröpfelt es rein. Nicht viel, aber trotzdem nervig und ein neuer Punkt auf der 2do-Liste. Tja und dann sammeln wir beim Segeln seit unserem Karibik-Törn (Bonaire-Barbados) etwas Salzwasser in der Bilge. Keine Ahnung, wo das herkommt. Die Ventile sind alle ok. Außerdem passiert es ja auch nicht (nennenswert) vor Anker. Dem muss ich bei Gelegenheit auch nochmal auf den Grund gehen. Zur Beruhigung an alle besorgten Leser und wohl nicht zuletzt Leserinnen: Nein, das stellt KEINE Gefahr dar. Dazu ist es viel zu wenig. Es ist nur nervig, alle paar Tage die Bilge durchzuputzen. Zumal bei Seegang.
Gegen Mittag segelt die Samai auf Höhe des französischen Überseedepartements Martinique (341sm bzw. 632km Backbord querab). Das ist, abgesehen von den vorgelagerten Barbados und Tobago, die östlichste Karibikinsel. Damit haben wir immerhin schon den halben Antillenbogen links liegen gelassen. Ein gutes Gefühl! ;-)
La Skipper geht es heute endlich besser. Gut für sie, weniger gut für die Kinder, da damit auch die Bordschule stärker anzieht. Aber sonst wäre es auf dem Atlantik ja auch etwas langweilig… nicht wahr Kinder?!

Zum Abendessen gibt es feine ach lassen wir das einfach nur (natürlich nicht selbst gemachte) Gnocchi mit frischer Würstchen- und Restsoße von gestern. ;-) Satt segeln wir in eine weitere, ruhige Nacht.
Freitag, 20. Mai 2022 – Blauwassersegeln aus dem Bilderbuch
Nachts mal kurz ein-, am Vormittag wieder ausgerefft. So zieht die Samai unbeirrt ihren Kurs Richtung Nord. Wir passieren mit Guadeloupe (352sm bzw. 652km Backbord querab) das dritte der insgesamt fünf französischen Überseedepartements. Die verbleibenden zwei (Mayotte und Reunion) liegen im Indischen Ozean.
Inzwischen haben sich die Wolken weitgehend verzogen und die vom klaren Himmel scheinende Sonne verdeutlicht eindrucksvoll, warum das hier Blauwassersegeln heißt. So schön sieht das echt nur auf einem sonnigen Ozean aus! Wir klappen das Bimini wieder aus. Ein paar Meeresvögel schauen vorbei. Fliegende Fische tanzen über die Wellen, welche auf 1-2m runter sind. Eine angenehme Brise von 4 Bft. schiebt uns unter Vollzeug voran. So manch einer würde jetzt zu recht ins Schwärmen geraten es ist aber auch wirklich grenzwertig traumhaft.

Heute gönnen wir uns mal ein richtig deutsches Abendessen: In frisch gezapften Atlantikwasser gekochte Kartoffeln (aus Französisch-Guyana), Sauerkaut (aus Chile) und Würstchen (aus Suriname) mit Senf (aus Bonaire) wie gesagt: typisch deutsch!
Die Familie liegt schon im Bett. Der Skipper schaut im Cockpit noch einen Film auf dem Handy. Da frischt der Wind plötzlich auf. Ich schaue mich um und sehe hinter uns eine dunkle Wolkenwand durchgehen. Glück gehabt. Weiter geht es mit dem Film. Etwa 15min später schaue ich wieder auf und sehe hinter uns eine dunkle Wolkenwand durchgehen. Moment mal. Ist das dieselbe? Nein, sie zieht langsam ab. War wohl doch Nummer zwei. Etwa 15min später schaue ich wieder auf und sehe eine dunkle Wolkenwand an Steuerbord neben uns. Hmmmm. Wäre nicht schön, wenn die uns trifft. Was soll ich sagen. Sie geht direkt hinter uns durch. Und nein ich spinne nicht. Das Spiel wiederholt sich noch zweimal. Uns erreichen maximal ein paar frische Ausläufer. Nur etwas weiter hinten hätten wir dagegen fünfmal den Hauptgewinn gezogen. Ich bin sehr zufrieden so. Dann erst gibt die Nacht allmählich Ruhe.

Samstag, 21. Mai 2022 – Das Klo braucht Liebe
Der Rest der Nacht verläuft wieder einmal absolut ereignislos. Leider kommen wir aber nicht mehr so schnell voran. Einerseits hatten wir das Großsegel im Sinne der Crew wieder im zweiten Reff. Andererseits scheinen wir auch eine kleine Gegenströmung erwischt zu haben.
Morgens gibt es dann keine Ausrede mehr. Der Wassermacher muss an die Arbeit. Leider ein bis zwei Tage zu früh, da wir demnächst wohl ohnehin den Motor anwerfen müssen. Aber was sollen wir tun? Der Tank ist nun einmal leer. Nach gut zwei Stunden haben wir erst einmal genug Wasser gebunkert. Wassermacher und Motor aus, Großsegel ausgerefft und mit Vollzeug machen wir weiter Strecke.

Nach einem wirklich schönen Segeltag blau-in-blau meldet am Abend die Toilettenspülung mal wieder ihre Sehnsucht nach Liebe und Fürsorge an. Sie spült nicht mehr. In Aruba hatten wir ja temporär den Abflussschlauch am Tank vorbei direkt an das Auslassventil angeschlossen. Ein Fehler, wie sich jetzt herausstellt. Beim Segeln kommt durch das vorbeiströmende Wasser Druck auf den Schlauch. Und wenn man dann noch mal vergisst, vor dem Spülen das Ventil zu öffnen, kommt richtig Druck auf den Schlauch. Wo soll der Druck hin? Auf der einen Seite das Wasser bzw. geschlossene Ventil, auf der anderen Seite dieses Gummiventil, dass dafür sorgt, dass das gerade gespülte Wasser nicht gleich wieder zurückspült. Jeder Segler, der schon mal sein Klo auseinandergebaut hat, weiß was ich meine. Tja und genau dieses Gummiteil hat die Grätsche gemacht. Das habe ich so noch nicht gesehen. Kein Wunder, dass die Spülung nicht mehr funktioniert.

Nachdem der Skipper das Klo auseinander- und wieder zusammengebaut hat, funktioniert es wieder und ich kann mich um das Essen kümmern. Es gibt feine ach Quatsch deftige arme Ritter. Einfach zu machen und sehr beliebt an Bord der Samai.
Sehr zu unserer Freude weht es weiterhin beständig mit 4Bft. aus Nordost. Unter Vollzeug rauschen wir in die Nacht. Mal sehen, wie lange das noch geht. Mit dem Posten dieses Beitrags hole ich neue Wetterinformationen ab. Die Auflösung erfolgt an dieser Stelle am nächsten Wochenende. Ansonsten findet sich unsere Position wie gewohnt etwa alle zwei Tage aktualisiert auf Spotwalla (Reiseinformationen – Position).