In seinen zwei autobiographisch inspirierten Romanen „Papillon“ und „Banco“ schildert der Franzose Henri Charrière unter anderem seine Erfahrungen in Französisch-Guyana. Schon kurz nach seinem Erscheinen wurde das Buch zwar künstlerisch frei, trotzdem sehr eindringlich mit Steven McQueen und Dustin Hoffman verfilmt. Wo sonst, wenn nicht hier, schauen wir (außer Maila!) ihn uns nochmal an. Die Neuverfilmung von 2017 kennen wir dagegen (noch?!) nicht.
Auch wenn Henri Charrière eigene Erlebnisse mit den Erzählungen von Mitgefangenen und einer Portion künstlerischer Freiheit vermischt, so zeichnet sich doch ein bedrückendes Bild der Bedingungen in dieser berüchtigten Strafkolonie, das sicher nicht allzuweit von der Wahrheit entfernt ist. Schon gar nicht, wenn man den Erzählungen unseres kundigen Guides Glaube schenkt. Doch beginnen wir mit einem kurzen Abriss der Geschichte.
Seit 1604 siedeln Franzosen auf dem Gebiet des heutigen Französisch-Guyana. Die Kolonie ist einige der wenigen, die Frankreich nach dem Pariser Frieden von 1763 erhalten bleibt. Daraufhin werden tausende Siedler entsandt, von denen aber nur einige Hundert die feindselige, einheimische Bevölkerung sowie Tropenkrankheiten überleben. Sie flüchten auf die drei kleinen, vorgelagerten Îles du Salut. Damit ist der schlechte Ruf von Französisch-Guyana erst einmal besiegelt. Ein verlockendes Ziel für Verbannungen! 1794 sind es 193 Anhänger des gerade hingerichteten Robbespierre. Nach einem Staatsstreich 1797 folgen ein General mit zahlreichen Abgeordneten und Journalisten. Da waren von den ersten 193 Verbannten nur noch 54 übrig geblieben.
Mit der Ankunft einer ersten Schiffsladung Sträflingen im Jahr 1852 beginnt dann die eigentliche Geschichte der (übrigens von Australien inspirierten) Strafkolonie in Französisch-Guyana. Erste Aufgabe der Neuankömmlinge ist der Aufbau ihres eigenen Gefängnisses. Ab 1885 wird dann jeder hierher abgeschoben, der für mehr als drei Diebstähle zu mehr als 3 Monaten Haft verurteilt ist. Nach sechs Monaten im Gefängnis werden sie als Siedler in die Kolonie entlassen. Damit möchte man einerseits Gewohnheitskriminelle loswerden, andererseits die Zahl der Siedler erhöhen. Ein großer Fehlschlag. Die Entlassenen können sich keine Lebensgrundlage schaffen und werden erneut straffällig. Faktisch ist die Abschiebung nach Französisch-Guyana eine lebenslange Haftstrafe, die wegen Unterernährung und Krankheiten jedoch dann auch wieder nicht allzu lang gerät.

Erster Anlaufpunkt ist das „Camp de la Transportation“ in Saint-Laurent-du-Maroni. Nur einen Steinwurf vom Dinghy-Steg entfernt. Hier werden die Gefangenen erfasst und auf eines der insgesamt 30 Lager, Camps und Zuchthäuser im Land verteilt. Das Camp ist bei den Gefangenen beliebt. Die hier Verbliebenden arbeiten meist in der Verwaltung und werden besser behandelt als andere Sträflinge. Seit 1912 gibt es ein Krankenhaus, in dem man als simulierter Kranker Fluchtpläne schmieden kann.
Ansonsten sind die Bedingungen in der Strafkolonie nur unmenschlich zu nennen. Zwangsarbeit, willkürliche Bestrafungen, korrupte Wächter… ein Potpourri Realität gewordener Albträume. Erst 1923 kommt durch Albert Londres öffentliche Kritik auf, 1934 schaffen es die ersten entlassenen Häftlinge zurück nach Frankreich und 1938 wird die offiziell 1946 umgesetzte Schließung entschieden. Doch erst 1953 verlassen die letzten 132 repatriierten Häftlinge das sogenannte „Land der schweren Bestrafung“.
In den gut 100 Jahren von 1852 bis 1953 werden in Französisch-Guyana etwa 70.000 Sträflinge gefangen gehalten. Nicht nur gut 52.000 Schwerkriminelle und über 17.000 Wiederholungstäter. Ebenso gerne werden politische Gefangene oder – als solche verurteilte – Landesverräter (z.B. Alfred Dreyfus) hierher gebracht. Nur wenige haben das Land jemals wieder lebend verlassen. Und doch ist das nur ein weiteres, kleines Kapitel der dunklen Kolonialgeschichte.