Bildernachtrag von Bonaire nach Barbados

Hier nun alle nachgereichten Fotos unserer Überfahrt von Bonaire nach Barbados in einem kompakten Beitrag. Wer Lust hat, kann sich aber natürlich auch die jeweiligen, nun bebilderten Berichte (nochmal?!) anschauen.

100sm – Erst einmal nach Norden
Erster Sonnenuntergang
Erster Sonnenaufgang
Schönes Segeln!
200sm – Slalomkurs nach Osten
Wo sind die Delfine?
Auch heute geht die Sonne wieder auf
300sm – Raus aus dem Strom, rein in den Strom
Maila ist fast schon schneller als die Samai ;-)
Krautige Karibik
Wo fahren wir eigentlich hin?
400sm – Quer durch die Karibik bis zur Goldmakrele
Ein weiterer Tag neigt sich dem Ende zu…
Hier ist die Reffleine noch in Ordnung…
Guten Morgen!
Ja, ich fange ja gleich mit der Schule an…
Geschafft!
Eine schöne Goldmakrele
Stolzer Angler
Vom Fisch zum Filet
500sm – Mehrfaches Comeback
Mjam!
Winnie bei der Arbeit
Ausblick über der Karibik
Eindrucksvolle Wetterzelle
Endlich auf Kurs!
600sm – Eine ganz komische Nacht bei Isla Aves
Links nein danke, rechts ja gerne
Vor diesem Sonnenaufgang kommt noch eine komische Nacht
Durchgang einer Wetterzelle im Winddiagramm (links Richtung, rechts Stärke)
Guten Morgen?!?
700sm – Winter vor Martinique
Delfine am Bug…
… begeistern immer wieder!
Sonnenuntergang achteraus
Magische Stimmung voraus
Am Morgen dann Martinique voraus!
Ankerstopp im Süden von Martinique
Quälend langsam nähern wir uns Martinique
Auch Hasi möchte heute Nacht gerne ankern!
Ausblick auf eine ruhige Nacht
Natürlich werden wir im Dunkeln ankommen
Unwillkürlich summt das Thema von Darth Vader im Hinterkopf
Wir nehmen die südliche Bucht…
Das Großfall ist klariert und die Stufen werden gleich eingeklappt
Endspurt nach Barbados
Unsere Bucht ist vergleichsweise vereinsamt…
… zumindest im direkten Vergleich mit Sainte-Anne!
Martinique bleibt achteraus!
Die „Seaview“ bei Nacht…
… und am Tag darauf in Barbados

Endspurt nach Barbados

7./8. Februar 2022

Nur noch gut 100sm. Der kräftige Wind verspricht eine schnelle Überfahrt. Doch erst einmal werfen wir noch einen kurzen Blick in die benachbarte Ankerbucht vor Sainte-Anne. Es war eine gute Entscheidung, diese bei Nacht nicht anzulaufen. Schnell weg hier. Segel im zweiten Reff, Fock und los geht es auf direktem Kurs nach Barbados.

Unsere Bucht ist vergleichsweise vereinsamt…
… zumindest im direkten Vergleich mit Sainte-Anne!

Da gibt es vor Martinique allerdings ein kleines Problem. Also eigentlich sind es viele kleine Probleme in Form von in der bewegten See kaum bis spät auszumachenden Plastikflaschen. Die schwimmen da aber nicht unmotiviert umher. Vielmehr geht von jeder einzelnen eine Leine zu einem Fischernetz ab. Rund um die 20m-Tiefenlinie wimmelt es davon. Im Slalom kurven wir so schnell wie möglich in tieferes Wasser. Puh… nochmal gut gegangen.

Martinique bleibt achteraus!

Im Saint Lucia Channel werden wir erst einmal von einigen Vögeln begleitet. Das machen die allerdings nicht ganz uneigennützig. Unsere Samai schreckt immer mal wieder kleine Fliegende Fische auf, die dann sogleich von mindestens einem hungrigen Schnabel verfolgt werden. Oft geht es für den Fisch gut aus, aber so manches Mal freut sich auch der Vogel über einen Snack.

Der Wind weht recht konstant mit 4-5 (in Böen 6) Bft. aus erfreulicher, weil nordöstlicher Richtung. Trotz gerefftem Großsegel kommen wir richtig schnell voran. Also durch Wasser. Das leidige Problem ist halt wieder oder auch immer noch, dass sich dieses Wasser insgesamt in die falsche Richtung bewegt. Das nennt man Strömung und geht uns inzwischen so richtig auf die Nerven. Im Schnitt mit 1,5kn, zeitweise aber auch gerne mal mit über 2kn bremst sie uns aus. Später dreht der Strom und sorgt zusätzlich für 20 Grad Kursversatz. Nur gut, dass die Windrichtung genug Spielraum bietet. Obwohl wir nun höher an den Wind gehen müssen, können wir Barbados immer noch direkt anliegen.

Das macht auch die „Seaview“. Der >300m-Kreuzfahrer ist noch meilenweit hinter uns, als ich ihn erst auf dem AIS, dann aber auch gleich als Lichtpunkt am dunklen Horizont erspähe. Einige Zeit später überholt er uns in etwa einer Seemeile Entfernung. Seine Beleuchtung ist so hell, dass ich bei uns im Cockpit fast ein Buch lesen könnte. Ok, das ist jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben, aber trotzdem kann ich meine Stirnlampe eine Weile lang abnehmen. Cockpit und Segeltrim sind auch so gut erkennbar. Ebenso wie der Lichtschimmer von Barbados am Horizont schon auf viele Kilometer Entfernung auszumachen ist.

Die „Seaview“ bei Nacht…
… und am Tag darauf in Barbados

Leider macht die Welle unseren Mädels etwas zu schaffen. Im Laufe der Fahrt baut sie sich auf etwa 3m auf. Eigentlich nicht so schlimm, aber irgendwie halt die falsche Frequenz für sie. La Skipper gibt sich dem Segelmodus hin und auch Maila lässt es heute ruhig angehen.

Die Fahrt zieht sich deutlich länger als erwartet, doch das Tageslichtfenster ist groß genug. Um 14 Uhr fällt der Anker in der großen Carlisle Bay vor Barbados Hauptstadt Bridgetown. Vom Ufer weht die bekannte Melodie des Big Ben aus London zu uns. Sie kommt nur 7 Minuten nach der angezeigten Stunde. Ja, die Insel ist ganz offensichtlich britisch geprägt. Wir lassen es ruhig angehen. Erst einmal Winnie ab- und Bimini aufbauen… dazu eine kühle Anlegergerstenkaltschale. Die Formalitäten können sicher auch noch bis morgen warten. Wir genießen das Gefühl, eine der eher unangenehmeren Passagen unserer kleinen Fahrt geschafft zu haben. Von Bonaire gegen Wind und Strom nach Barbados. Ein gutes Gefühl!

Ankerstopp im Süden von Martinique

7. Februar 2022

Einen ausgeschlafenen Morgengruß von der Samai! Die letzten Meilen Richtung Martinique waren nicht so doll. Mit (natürlich nicht angesagten) 5 Windstärken auf die Nase schaukeln wir uns (immer noch unter Motor) gegen den Strom und eine erstaunlich kurze, steile Hackwelle in Richtung „Saint Lucia Channel“. Das ist die Passage zwischen den bergigen Inseln Martinique im Norden und Saint Lucia im Süden. Da können sich lokal schon mal unangenehme Bedingungen einstellen. Auch unseren Mädels wird so langsam etwas unangenehm. Quälend langsam kommt die Insel näher. Schön ist anders. Da reift beim Skipper eine Idee. Ich schaue zur Sicherheit nochmal in die letzte Windvorhersage. Ja, das passt. Am Montag soll sich eine für die Weiterfahrt hilfreiche Nordkomponente in den Wind schleichen. Die Nacht davor dagegen kräftig direkt aus Osten blasen. Eine kleine Pause wäre also in mehrfacher Hinsicht willkommen. Und wie es der Zufall so will, liegt da ja eine Insel direkt vor dem Bug.

Quälend langsam nähern wir uns Martinique
Auch Hasi möchte heute Nacht gerne ankern!

Wir suchen uns eine Bucht im Süden von Martinique aus. Die liegt nicht nur fast genau auf dem Weg, sondern ist auch möglichst weit weg von den offiziellen Stellen in der großen Bate de Fort-de-France. Wir wollen schließlich nicht einklarieren, sondern am liebsten eine Nacht lang übersehen werden. Darum schalten wir auch frühzeitig unseren AIS-Sender („Automatic Identification System“) aus, bleiben aber natürlich weiter auf Empfang. Und wir empfangen einiges. Beim Näherkommen zeigt sich schnell, dass es kein Problem sein sollte, unauffällig in der Masse zu verschwinden.

Ausblick auf eine ruhige Nacht
Natürlich werden wir im Dunkeln ankommen
Unwillkürlich summt das Thema von Darth Vader im Hinterkopf

Im Süden von Martinique gibt es (unter anderem) eine größere Ankerbucht vor Sainte-Anne. Nach und nach zeigen sich darin immer mehr AIS-Signale von Ankerliegern auf dem Plotter. Es werden über vierzig! Dazu kommen dann noch die ganzen Boote ohne AIS. Wahrscheinlich gilt diese Bucht hier gerade mal als „nicht übermäßig besucht“?! Willkommen in der Karibik!

Wir nehmen die südliche Bucht…

Wir entscheiden uns für die kleinere Bucht weiter südlich. Hier sind nicht einmal 10 AIS-Signale zu sehen. Dicht an dicht. Obwohl es hier eigentlich recht weitläufig eine angenehme Ankertiefe von unter 5m gibt. Natürlich kommen wir mal wieder im Dunkeln an. Ist aber kein Problem. Etwas abseits werfen wir den Anker. Ruhe im Boot. Schön!

Der neue Tag beginnt ausgeschlafen, mit einem guten Kaffee, leckerem Früstück und aktuellen Wetterberichten. Es sieht sogar noch besser aus als gestern. Wenn wir mittags losfahren, sollten wir die gut 100sm bis Barbados eigentlich bei 4-5 Bft. am Wind durchsegeln können. Das wäre echt super. Doch vorher muss Samuel noch einmal in den Mast klettern. Nach dem legendären Sprung von Eike haben wir leider vergessen, die Maststufen wieder einzuklappen. Es kommt wie es kommen muss. Das Großfall hat sich verhakt. Aber für unseren erfahrenen Mastkletterer ist das nur eine Kleinigkeit.

Das Großfall ist klariert und die Stufen werden gleich eingeklappt

Zwischenbericht „Luftlinie Samai-Barbados“ nach gesegelten Meilen:

  • nach 100sm ca. 485sm (auf 94 Grad)
  • nach 200sm ca. 425sm (auf 95 Grad)
  • nach 300sm ca. 405sm (auf 108 Grad)
  • nach 400sm ca. 400sm (auf 121 Grad)
  • nach 500sm ca. 325sm (auf 122 Grad)
  • nach 600sm ca. 235sm (auf 120 Grad)
  • nach 700sm ca. 140sm (auf 128 Grad)
  • vor Anker in Martinique ca. 110sm (auf 137 Grad)

Der Mittag ist durch. Es gehen zwar immer mal wieder 5er oder auch 6er Böen durch die Bucht, doch der Wind kommt aus (ost)nordöstlicher Richtung. Das sollte passen. Motor an, Anker auf, Großsegel (gerefft) hoch, dazu die Fock, Motor aus und Kurs Richtung Barbados. Morgen sollten wir ankommen… jetzt aber wirklich! ; -)

700sm – Winter vor Martinique

6. Februar 2022, Bordzeit 09:40 Uhr
Position: 14 Grad 32 Minuten Nord / 061 Grad 31 Minuten West

Damit meine ich jedoch nicht den gestrigen Tag. Der Wind bleibt wie angesagt unter 10kn und kommt von vorne. Dazu der allgegenwärtige Gegen- oder zumindest doch Seitenstrom. Entspannt motort die Samai gemütlich ihrem Ziel entgegen, wobei am späten Nachtmittag eine Delfinschule für willkommene Abwechslung zur Bordschule sorgt.

Delfine am Bug…
… begeistern immer wieder!

Wir sind zwar nur 14,5 Grad nördlich des Äquators, damit aber halt auf der Nordhalbkugel. Und auf dieser ist bekanntermaßen gerade Winter. Selbst hier. Zumindest die Nächte sind ungewohnt kühl. Insbesondere im zugigen Cockpit. Ja klar, es sind sicher immer noch deutlich über 20, wenn nicht 25 Grad. Trotzdem fröstelt es mich in der Nachtwache. Brrrr… Zum ersten Mal seit Monaten hole ich erst eine lange Freizeithose und danach sogar noch einen Pulli raus. Luxusprobleme. Und ganz ehrlich: irgendwie freuen wir uns schon ein bisschen, noch dieses Jahr mal wieder einen richtigen Winter zu erleben…

Sonnenuntergang achteraus
Magische Stimmung voraus

Ansonsten sehen wir schon in der ersten Nachthälfte ungewohntes Licht am Horizont. Geradezu liegt das französische Übersee-Département Martinique (die EU!) und leuchtet in die Nacht. Bonsoir! Etwas weiter links ist auch schon der etwas schwächere Schein von Dominica zu erkennen. Und all das, obwohl wir noch locker 120km von den Inseln entfernt sind. Zum Vergleich: Das ist in etwa die Entfernung vom Fernsehturm im Berliner Zentrum bis nach Magdeburg… oder München-Salzburg,.. oder Frankfurt/M.-Karlsruhe… und deutlich weiter als Hamburg-Bremen.

Um 3 Uhr früh reibe ich mir (warm eingepackt ;-) die Augen. Da ist noch ein neuer Lichtschein zwischen den Inseln. Nein es sind derer sogar zwei. Habe ich mich getäuscht und Martinique ist größer als gedacht? Doch Blick auf das AIS bringt schnell die Erklärung. Es sind zwei Kreuzfahrer („Anthem of the Sea“ & „Nieuw Statendam“) mit Ziel Saint Lucia, deren Beleuchtung wir hier aus etwa 40km(!) Entfernung sehen. Dabei gibt es gerade in einer dunklen Nacht auf See den schönsten Sternenhimmel zu beobachten. Zumindest wenn das eigene Boot nicht strahlt wie Erichs Lampenladen.

Bei Sonnenaufgang erkennen wir deutlich die noch von Wolken bedeckten, bergigen Inseln. Martinique erreicht immerhin fast 1.400m. Dominica bietet mit 1.447m sogar den zweithöchsten Berg der Kleinen Antillen. Tja, damit sind wir nun also endgültig in der „klassischen Karibik“ angekommen. Ein Zwischenstopp ist natürlich schon irgendwie verlockend, doch wir bleiben bei unserem Plan. Die Route führt weiter zwischen Martinique und dem südlicheren Saint Lucia (erster Anlaufpunkt vieler Atlantiküberquerer) weiter nach Barbados. Wir haben wieder ein ordentliches Stück Strecke geschafft.

Am Morgen dann Martinique voraus!

Zwischenbericht „Luftlinie Samai-Barbados“ nach gesegelten Meilen:

  • in Bonaire ca. 520sm (auf 84 Grad)
  • nach 100sm ca. 485sm (auf 94 Grad)
  • nach 200sm ca. 425sm (auf 95 Grad)
  • nach 300sm ca. 405sm (auf 108 Grad)
  • nach 400sm ca. 400sm (auf 121 Grad)
  • nach 500sm ca. 325sm (auf 122 Grad)
  • nach 600sm ca. 235sm (auf 120 Grad)
  • aktuell ca. 140sm (auf 128 Grad)

Morgen sollten wir ankommen! :-)

600sm – Eine ganz komische Nacht bei Isla Aves

5. Februar 2022, Bordzeit 10:00 Uhr
Position: 15 Grad 05 Minuten Nord / 063 Grad 08 Minuten West

Viele Länder erheben Anspruch auf Territorien und Inseln, bei denen man sich im ersten Moment wörtlich denkt: „Hä?“ Historisch gibt oft einen kolonialen Hintergrund. Dabei spielen Rohstoffe aller Art damals wie heute eine wichtige Rolle. Aktuellere Ansprüche fallen meist in dieselbe Kategorie. Stichwort: Arktis. Die Isla Aves ist im Grunde auch so ein Fall. Ihrem Namen „Vogel-Insel“ entsprechend ist dieses Fleckchen Land ein Ruhe- und Brutort für Seevögel, aber auch Suppenschildkröten. Und das mit dem „Fleckchen“ ist nicht übertrieben: 375m lang und maximal 50m breit erhebt sie sich gerade einmal 4m über den Meeresspiegel. Zumindest bei gutem Wetter. Manch ein Hurrikan hat sie schon komplett überflutet.

Da liegt dieses kleine Inselchen nun also mitten in der östlichen Karibik. um die hundert Seemeilen (1sm = 1,852km) links vom Antillenbogen, 190sm unten-rechts von Puerto Rico und fast 300sm über dem südamerikanischen Festland von Venezuela. Letzteres ist es dann auch, das Anspruch auf das ihrer Küste nicht gerade direkt vorgelagerte Inselchen erheben. 1950 landet eine venezolanische Marineeinheiten auf der Isla Aves. Warum? Das ist schnell erklärt. Mit Land geht üblicherweise eine maritime Wirtschaftszone einher. Ganze 200sm um Isla Aves werden beansprucht. Da für unbewohnte Inseln nur 12sm „erlaubt“ sind, verweist Venezuela (das die entsprechende Konvention jedoch nie unterzeichnet hat) kurzerhand auf seinen 1978 erbauten, wissenschaftlichen Marinestützpunkt. Die Insel ist bewohnt! Unnötig zu sagen, dass einige andere Länder so ihre Probleme mit der Argumentationskette Venezuelas haben.

Links nein danke, rechts ja gerne

Heute Nacht führt uns unser Weg direkt an dieser kleinen Isla Aves vorbei. Leider ist es schon dunkel, so dass wir keinen direkten Blick auf sie werfen können. Wenn wir sie denn überhaupt erspäht hätten. So entdecken wir immerhin den Leuchtturm am Nordende des umgebenden Korallenriffs, das schon vielen Schiffen zum Verhängnis wurde. Allerdings stimmt die Peilung nicht. Laut Karte sollten wir das Licht bei 105 Grad sehen, der Handkompass zeigt jedoch 90°. Hmmm… sollte die Karte derartig ungenau sein? Es dauert jedoch nicht lange, bis wir dahinter kommen: Missweisung!

Einschub für Nicht-Segler: Der Kompass zeigt nach Norden. Richtig? Ja und Nein. Seekarten liegen die geografischen Längen- und Breitengrade zu Grunde. Diese orientieren sich an der Erdachse. Norden ist oben bei 0 Grad, Osten Rechts bei 90° und so weiter… immer! Der Kompass zeigt auch immer nach Norden. Allerdings anhand des Erdmagnetfeldes. Und mal ganz davon abgesehen, dass geografischer und magnetischer Nordpol einige (hundert) Kilometer auseinanderliegen und letzterer auch noch jährlich um etwa 40km umherwandert, gibt es auch eine Vielzahl lokaler Abweichungen und Anomalien, die sich dazu noch im Lauf de Jahre ändern. Diese Differenz zwischen magnetischem Kompass-Nord und geografischen Karten-Nord (am jeweils aktuellen Ort zur jeweils aktuellen Zeit!) nennen wir „Missweisung“. Für die Navigation mit dem Kompass muss diese (neben anderem) unbedingt berücksichtigt werden, wenn man die Gradzahl vom (Handpeil-)Kompass in die Karte überträgt, sonst kann man schnell mal ordentlich daneben liegen. Oder auch gleich „hoch und trocken“.

Fun fact: Da der Nordpol eines Magneten immer nach Norden zeigt, liegt hoch oben im geografischen Norden streng genommen der magnetische Südpol des Erdmagnetfeldes.

Die Missweisung beträgt hier aktuell etwa 15 Grad. Passt. Entspannt halten wir Kurs. Zu dem Licht des Leuchtturms gesellen sich bald noch ein paar Fischer. Die rapide von 2000m auf dicht unter (bzw. 4m über) die Wasserlinie fallende Tiefe kennzeichnet gute Fischgründe. Entspannt passieren wir die Insel.

Vor diesem Sonnenaufgang kommt noch eine komische Nacht

Doch warum ist diese Nacht dann so komisch? Es beginnt mal wieder mit einer dicken, dunklen Wolkenfront. Getreu dem neuen, offen gesagt recht unerwarteten Motto von La Skipper – „Weich doch nicht immer aus. Einfach reffen und durch!“ – verkleinern wir das Großsegel und halten Kurs. Die Windaufzeichnung ist bemerkenswert. Von an der Front 27kn (50km/h) geht es binnen weniger Minuten auf 7kn runter. Die Richtung ändert sich dabei um ganze 90 Grad. Im Grunde ist das ja klassisch für so eine richtig schöne Wetterzelle, in der Praxis aber immer wieder faszinierend zu beobachten. Dazu schüttet es aus Eimern. Das ist uns jedoch sehr willkommen, da das Deck der Samai so mal wieder vom Salz befreit wird (Stichwort: Aerosole). Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass die Wolken auch in dieser Nacht wieder regelmäßig aufleuchten.

Aber auch das ist noch nicht so richtig komisch, denn diese Zelle zog, wie hier nicht unüblich, in westliche Richtung. Wir fahren grob nach Osten, kommen also recht schnell durch. Doch dann baut sich hinter uns ein wirklich sehr, sehr, sehr lang gezogenes, dunkles Wolkenband auf. Ich lächle in dem naiven Glauben, dass wir diesen Bereich ja gerade noch rechtzeitig passiert haben. Doch dann fängt die Dunkelheit an uns zu überholen! DAS ist komisch!!! Und aufgrund der unerwarteten, mit uns gehenden Zugrichtung dauert das alles dann natürlich auch eine ganze Weile. Da bleibt es fast nur eine Randnotiz, dass der Wind dabei zeitweise auf Nord-Nordwest dreht. Das hätten wir in den letzten Tage gerne öfters mal gesehen.

Durchgang einer Wetterzelle im Winddiagramm (links Richtung, rechts Stärke)

Inzwischen ist es weit nach Mitternacht. Zwei Möwen begleiten uns ebenso ausdauernd, wie immer wieder Wetterzellen in unseren Weg ziehen. Wenigstens wieder in halbwegs „richtiger“ Richtung. Da ist es auch nicht ganz so schlimm, wenn es mal zu knapp für das Reffen ist und wir unter Vollzeug gegen 6 Windstärken segeln. Nach 10-15 Minuten ist der Spuk ja schon wieder vorbei. An Schlaf ist für den Skipper kaum zu denken und auch La Skipper kommt immer mal wieder aus der Koje, um sich selbst ein Bild von der Situation zu machen. Ein unbestreitbarer Vorteil der windigen Nacht ist jedoch, dass wir endlich mal ordentlich Strecke Richtung Barbados machen. Das tut auch unserer Statistik gut:

Zwischenbericht „Luftlinie Samai-Barbados“ nach gesegelten Meilen:

  • in Bonaire ca. 520sm (auf 84 Grad)
  • nach 100sm ca. 485sm (auf 94 Grad)
  • nach 200sm ca. 425sm (auf 95 Grad)
  • nach 300sm ca. 405sm (auf 108 Grad)
  • nach 400sm ca. 400sm (auf 121 Grad)
  • nach 500sm ca. 325sm (auf 122 Grad)
  • aktuell ca. 235sm (auf 120 Grad)

Also zumindest, bis der Wind gegen 5 Uhr dann unverhofft wieder genau von vorne kommt. Eine echt komische Nacht!

Guten Morgen?!?