West-Indische Compagnie (1621-1792)
Die Niederlande haben wie andere europäische Länder auch eine koloniale Geschichte, dessen Wegbereiter die in Amsterdam beheimatete West-Indische Compagnie (WIC) ist. Gegründet am 3. Juni 1621 als Privatgesellschaft mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben kümmerte sie sich im 17. Jahrhundert vor allem um den transatlantischen Dreieckshandel in Westafrika, der Karibik sowie Nord- und Südamerika. Anscheinend nicht immer erfolgreich wird sie 1674 aufgrund finanzieller Probleme aufgelöst.
Doch können und/oder wollen die geschäftigen Niederlande die Gewinnmöglichkeiten nicht ignorieren und schon 1675 wird als Nachfolger die Tweede Geoctroyeerde West-Indische Compagnie (auch Nieuwe West-Indische Compagnie) gegründet. Ganz pragmatisch übernimmt sie die alten Handelsbereiche, Schiffe, Festungen und dergleichen. Der Fokus liegt fortan auf dem transatlantischen Sklavenhandel.
So ganz nebenbei gründet und erobert die WIC im Namen der Niederlande diverse Kolonien. In der Karibik sind das unter anderem die noch heute mit dem Königreich verbundenen, „westindischen Inseln“ Aruba, Curaçao, Bonaire, Saba, St. Eustatius und St. Maarten.

Curaçao en Onderhorigheden (1845-1954)
Nach dem Sturz von Napoleon erobern die Niederlande ab 1815 ihre ehemaligen, karibische Kolonien zurück. Einerseits handelt es sich dabei um (das seit 1975 unabhängige) Suriname. Die sechs Inseln der zwei anderen Kolonien Curaçao und Abhängigkeiten (Aruba, Bonaire) sowie St. Eustatius und Abhängigkeiten (niederländischer Teil von St. Maarten, Saba) sind ab 1845 erstmals in einer Kolonie vereint. Anfang des 20. Jahrhunderts wird die außer Mode gekommene Begrifflichkeit „Kolonie“ nach und nach fallen gelassen. Namen kommen und gehen. Von 1936-1948 heißt die nicht-mehr-Kolonie Gebiedsdeel Curaçao und ab 1948 Nederlandse Antillen.

Nederlandse Antillen (1954-2010)
Am 15. Dezember 1954 werden die Niederländischen Antillen offiziell ein eigener Staat im Königreich der Niederlande. Doch dieser sechs-Insel-Staat ist brüchig. Schon 1986 steigt Aruba aus und wird ein eigener Staat im Königreich der Niederlande. Zugleich wird für 1996 die vollständige Unabhängigkeit vereinbart, das Vorhaben 1994 auf Wunsch Arubas jedoch wieder fallen gelassen. Nicht ganz unverständlich. Letztlich bringt dieser spezielle Status mit sich, dass Aruba sich außenpolitisch praktisch um nichts kümmern muss, zugleich innenpolitisch völlig freie Hand hat. Das sehen Curaçao und Sint Maarten wohl ganz ähnlich. Ab 2010 sind auch sie jeweils unabhängige Länder im Königreich der Niederlande. Die Niederländischen Antillen werden aufgelöst und die drei verbleibenden Inseln bekommen den Status sogenannter besonderer niederländische Gemeinden.

CAS-landen und BES-eilanden (seit 2010)
Heute haben sich für die sechs Inseln mit ihrem jeweils besonderen Status Begrifflichkeiten der CAS-Länder und BES-Inseln (bzw. Caribisch Nederland) herausgebildet.
CAS meint die drei unabhängigen Länder innerhalb des Niederländischen Königreichs: Curaçao, Aruba und (der niederländische Teil von) Sint Maarten.



BES meint die drei besonderen Gemeinden der Niederlande: Bonaire, St. Eustatius und Saba.



Dabei können gemeinsame Namen nicht über teilweise gravierende Unterschiede hinwegtäuschen. Die geografisch zusammengehörigen ABC-Inseln „unter dem Wind“ (Leeward) Aruba, Bonaire und Curaçao vor der Küste Venezuelas sind flächenmäßig größer (ca. 180/288/444 km²) und – abgesehen von Bonaire – auch bevölkerungsreicher (ca. 120t/21t/160t) als die drei gut 800km nordwestlich gelegenen SSS-Inseln „über dem Wind“ (Windward) St. Maarten, St. Eustatius und Saba (ca. 34/21/13 km² bzw. ca. 44t/3,5t/2t). Auch kulturell blickt man natürlich auf eine andere Historie zurück. Ach ja, einig sind sie sich darin, dass man mit dem Euro auf keiner der Inseln etwas anfangen kann…

Trotzdem scheint man sich auch verbunden zu fühlen. Hier auf Bonaire gibt es bis Ende Dezember für die Einreise eine sogenannte „CAS-Bubble“ (keine PCR-Tests). Und nach einer neuen Risikobewertung zum 23. Dezember sind nur noch die „BES-Freunde“ St. Eustatius und Saba als „very low risk“ eingestuft. Die Gruppe „low risk“ ist aktuell leer (sic!), „very high risk“ dagegen mit immerhin 13 Ländern (vorwiegend afrikanisch, aber auch mit UK und Nachbar Venezuela) besetzt. Der ganze Rest tummelt sich zusammen mit den Niederlanden in „high risk“. Doch das ist jetzt eigentlich ein bisschen zu viel Tagesaktualität für einen eher allgemein gedachten Artikel über die heute noch spürbaren kolonialen Auswirkungen im karibischen Königreich der Niederlande.