Silvester 2022
Ostseekenner ahnen schnell, dass der Titel eine Reminiscence an den Warnemünder „Leuchtturm in Flammen“ ist. Zumindest fand dieses Ereignis von 2000 bis 2014 alljährlich am 1. Januar unter diesem Namen statt. Seit 2015 nennt es sich „Turmleuchten“. Letztes Jahr abgesagt und dieses Jahr zumindest nach aktuellen Informationen auf den 9. April verschoben. Einmal lagen wir beim Turmleuchten mit unserer Samai tatsächlich bei Warnemünde vor Anker. Leider war es ausgerechnet an diesem Jahr zu nebelig um mehr als ein paar aufleuchtende Wolkenschwaden zu erkennen. Das Problem haben wir hier und heute nicht.
Im Grunde beginnt die Show schon kurz nach Weihnachten. Bunt bemalte Schiffscontainer öffnen sich und verkaufen Feuerwerk was das Zeug hält. Schon klar, dass wir hier im Grunde in den Niederlanden sind und in diesen – ebenso wie in Deutschland – eigentlich ein Verkaufsverbot herrscht. Andererseits ist Bonaire eine „besondere Gemeinde“. So erklärt es auch der Verkäufer aus seinem Container der Familie vor uns. Es ist die einzige Phrase, die wir aus diesem in hier allgegenwärtigem niederländisch geführten Gespräch verstehen. Beim Einkauf beschränken wir uns dann aber auf ein paar Wunderkerzen.

Doch nicht nur der Verkauf, auch das Knallen selbst unterliegt hier anscheinen weniger strengen Regeln. Das erste amtliche kleine Feuerwerk steigt schon am 26. Dezember vom Steg der benachbarten Karel’s Beachbar in den Nachthimmel. Fortan knallt es jeden Abend mal ein bisschen mehr, mal auch weniger.


An Silvester selbst geht es schon am helllichten Tag los. Dabei ist es immer wieder echt laut. Die nächste Eskalationsstufe erfolgt nach Einbruch der Dunkelheit pünktlich zu unserem Silvester-Essen. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt legen auch gleich zwei Segler von unseren Nachbarmoorings aus der ersten, ufernahen Reihe ab. Wissen sie etwas, das wir nicht wissen?

Die seit Wochen gelebte Tagesroutine fordert ihren Tribut. Gegen neun Uhr ist der Skipper hundemüde und auch der Rest der Familie hängt ein wenig in den Sitzgelegenheiten. Ersterer legt sich tatsächlich bis kurz vor Mitternacht hin. Sandra und die Kindern halten irgendwie tapfer durch.
Der unbestrittene Höhepunkt erleuchtet dann natürlich ab Mitternacht den Himmel. Wir liegen fast genau mittig vor Kralendijk und der gesamte Küstenstreifen von den Hotels im Norden über die Küstenstraße direkt vor uns bis zu den anderen Hotels weiter im Süden erstrahlt laut knallend in bunten Farben.



Prost Neujahr!

Das Spektakel zieht sich fast eine halbe Stunde. Interessanter Weise cruisen dabei auch immer mehr Autos sowie laut röhrende Motorräder (das muss hier eine Art Hobby sein) am Ufer entlang. Der erste Stau im neuen Jahr.
Für uns ist es ein ungewohnter Start ins neue Jahr. 2020 begann einige Meilen vor dem argentinischen Seebad Mar del Plata, dessen Feuerwerk wir nur erahnen konnten. Den Jahreswechsel auf 2021 segelten wir gerade im Nirgendwo zwischen Valdivia und der Robinson Crusoe Insel. Da war es noch ruhiger als in jedem Land mit Böllerverbot. Der Skipper hielt alleine Wache. Nun also mal wieder richtig klassisch. Und unvernünftig. Wir sind gespannt, wie sich die grundsätzliche Diskussion über das Für und Wider von Feuerwerk entwickelt. Zumindest dieses Jahr war es für uns ein besonders Erlebnis. Hier an der Mooring. Mitten drin. Bonaire in Flammen.