„Mimimimi“ in der Drake Bay

Costa Rica, Mitte/Ende Mai 2021

Nach den Erlebnissen, aber auch Anstrengungen unserer kleinen Costa Rica Rundfahrt wollen wir uns noch etwas entspannen. Gleich um die Ecke liegt die von anderen Seglern wärmstens empfohlene Drake Bay. Auch ein Ausflug in den Parque Nacional Corcovado sollten wir von hier noch unternehmen können. Klingt doch vielversprechend.

Eine erste, jedoch nur ganz kleine Ernüchterung bringt der Blick auf die Seekarte. In Luftlinie nur knapp 58km (31sm) entfernt, sorgt die zu umfahrende Peninsula de Osa für mehr als eine Verdopplung der Strecke auf 63sm. Dazu gibt es hier in der Gegend kaum Wind und es setzt eine Gegenströmung.

Golfito am Sonntag, den 16. Mai früh um halb sechs. Wir werfen den Motor an, die Leinen los und hoffen im letzten Tageslicht die Drake Bay zu erreichen. Die Hoffnung stirbt schon im Gegenwind des Mittags. Die erwartete Ankunft liegt inzwischen etwas über eine Stunde nach Sonnenuntergang. Da ist es in der dämmerungsfreien Äquatorgegend stockfinster.

Wieder unterwegs…

Die nächste Überraschung erwartet uns bei Ankunft in der Bucht. Was machen die ganzen Radarechos hier? So eine Menge an anderen Segel- und Motorbooten sind wir schlichtweg nicht mehr gewohnt. Immerhin: ausnahmslos jeder hat sein Ankerlicht an. Wir schleichen uns an allen vorbei und werfen das Grundeisen auf 5m. Angekommen. Jetzt kann die Entspannung beginnen.

Vor Anker in der Drake Bay

Es lässt sich auch ganz gut an. Die ersten Tage lassen wir das Dinghy in Ruhe, holen die Hängematte raus und faulenzen an Bord… also jetzt mal abgesehen von der notwendigen Bordschule natürlich. Nachmittags spielen wir (gerne „Kitchen Rush“) und abends wird der Grill angeworfen. Alles entspannt.

Physik-Unterricht
Es gibt Schlimmeres im Leben
Imposante Wolken über dem Pazifik

Recht schnell sind wir weitgehend alleine in der Drake Bay. Der letzte andere Segler verabschiedet sich schon nach zwei Nächten, seitdem liegen hier nur kleine Fischer, Angel- und Trouristenboote. Wobei letztere auch gerne mit Vollgas umherbrausen. Ein anderer regelmäßiger Gast am Ankerplatz ist Schwell. Die Bucht ist weit offen zum Pazifik, so dass immer mal wieder mehr oder weniger hohe, stets langgezogene Wellen reinrollen. Dazu kommt, dass das Boot sich hier bei wenig Wind und augenscheinlich leichtem Gezeitenstrom munter im Kreis dreht. Mal schaukelt es mehr, mal weniger.

Leichter Schwell rollt in die Drake Bay

Nach einer besonders unruhigen Nacht beschließen wir für Freitag unseren ersten Landgang. Nasse Landung am Strand. Dabei ist es immer wieder erstaunlich, wie schon kleinste Wellen für „Spaß mit dem Dinghy“ sorgen. Den Skipper haut es glatt von den Beinen während ein Einheimischer seine Handy-Kamera zückt. Egal, das Wasser ist warm, die nassen Klamotten erfrischen im leichten Wind und im kleinen Supermarkt stört sich auch niemand daran.

Der Skipper ist nass…
… aber hat trotzdem gut Lachen :-)

Noch interessanter wird das Ablegemanöver. Die Mädels schon ins Dinghy gesetzt, schieben die Jungs tapfer weiter. Leider erwischen wir einen wenig günstigen Moment. Immerhin bekommen wir die brechenden Wellen direkt frontal, werden ein paarmal hochgeschaukelt und nehmen ordentlich Wasser über. Die gesamte Crew ist triefend nass. Schnell in die Riemen geworfen und losgepaddelt. Da bricht die halbe Halterung vom rechten Ruder. Toll, aber im Grunde nicht überraschend. Die linke Seite musste ich schon vor Wochen mit Flickzeug und Sikaflex wieder hin-improvisieren. Das kommt also auf die 2do-Liste für morgen.

Ausblick auf die Samai

Irgendwie schaffen wir es raus in ruhigeres Wasser und wollen den Außenborder starten. Der geht aber nicht an. Warum? Keine Ahnung. Nun gut, wir haben ja zwei Ruder. Wenn man falsch herum paddelt, das Dinghy also rückwärts fährt, klappt das auch mit der Halterung. Und irgendwann vergisst man das Brennen in den Armen…

Genug gejammert? Keine Chance, einen habe ich noch. Besser gesagt habe ich sogar noch vier… sozusagen ein „Mi“ für jeden von uns. Der Skipper wird seinen Durchfall ebenso wenig los wie La Skipper ihre Blasenentzündung. Samuels Entzündung im Ohr motiviert zum erstmaligen Versuch am alten Hausmittel „Zwiebelsäckchen“. Maila schließlich kübelt erst über den Niedergang und bekommt abends gerne mal völlig unmotiviert Fieber.

Zwiebelsäckchen für Samuel
Ja, die Socke ist gewaschen!

Das alles bei schwül-warmen plus-minus 30°C, die den Schweiß in Strömen fließen lassen. Da bringt jeder, oft von Blitz und Donner begleitete Regenguss erholsame Erfrischung!

Da hinten schüttet es…
Abkühlung ist auf dem Weg…

So, jetzt reicht es aber wirklich. Im Grund ist alles entspannt und wir jammern auf allerhöchstem Niveau. Ja, das ist uns natürlich sehr bewusst. Trotzdem sind wir davon überzeugt, dass auch nicht in Pastelltönen gemalte Berichte hierher gehören. Selbst auf Langfahrt unter Segeln ist nun einmal nicht alles „Eitel-Sonnenschein“. Man mag es nicht glauben, aber es ist das (fast) ganz normale Leben… zugegebener Maßen an (meist) schönen Orten und mit (meist) weniger Termindruck… aber letztlich auch ganz viel Alltag. Zu guter Letzt ein ehrlicher Dank, dass Ihr uns dabei begleitet.